Was bedeuten Apples Videopläne?: "Jetzt geht's erst richtig los"
Am Montag wird Apple voraussichtlich seinen Videodienst vorstellen. Für Zuschauer und Produzenten brechen damit goldene Zeiten an, meinen Experten.
Zwei Milliarden Dollar klingen nach sehr viel Geld. So viel hat der Technologie-Gigant Apple nach Branchenschätzungen bereits vor dem Start seines Video-Streamingdienstes in attraktive TV-Serien und Filme investiert, damit Vorstandschef Tim Cook bei der Präsentation am Montag das neue Angebot gleich mit mehreren Paukenschlägen ankündigen kann.
Einige Details sind im Vorfeld bereits durchgesickert. So sollen Jennifer Aniston und Reese Witherspoon in einer Serie über Rivalitäten im Frühstücksfernsehen mitspielen. Steven Spielberg wird den Meldungen zufolge die Mystery-Serie „Amazing Stories“ wiederaufleben lassen. Und dann wird von einem geheimen Thriller von mit dem Titel „The Sixth Sense“ gemunkelt. Doch zu welchem Preis wird Apple den Streamingdienst anbieten? Handelt es sich um ein Abo-Angebot wie bei Netflix oder werden die von Apple Originals wie sonst im iTunes-Store zur Miete oder zum Kauf angeboten? Die Branche wartet mit Spannung auf Antworten.
Streamingdienste sind eine Datenschutzkatastrophe. Sie wissen genau, was man wann oder wie oft gesehen hat. Und dank IP-Adresse auch wo.
schreibt NutzerIn FabThiUks
Kampf um jeden Kunden
Für Klaus Goldhammer, den Gründer des Berliner Beratungsunternehmens und Marktforschungsinstituts Goldmedia stellt sich eine Frage hingegen nicht. Für ihn steht es außer Zweifel, dass der Video-on-Demand-Markt einen weiteren Anbieter verträgt. „Mit Apple, Disney und Fox sowie TV Now und 7TV in Deutschland geht es doch jetzt erst richtig los“, sagte er dem Tagesspiegel. Die nächsten Jahre werde um beinahe jeden Preis um Marktanteile gekämpft. „Niemand sei auf einen schnellen Break even aus.“
Allerdings gelten für die einzelnen Player unterschiedliche Voraussetzungen. Während das Geschäftsmodell von Netflix ausschließlich auf dem Video-Abodienst beruht, sind Amazon und Apple noch in ganz anderen Geschäftsbereichen tätig. Und anders als Netflix, das zur Finanzierung seiner Milliarden-Dollar-Originals auf Kredite angewiesen ist, sitzt Apple auf einem Berg von Geld.
Auch die Motive für den Marktantritt könnten bei Apple anders liegen, meint Goldhammer: Da die technische Entwicklung bei Smartphones und Tablets schon sehr weit fortgeschritten sei, lasse sich weiteres Wachstum nur noch über Services und Inhalte erreichen, führt Goldhammer aus. Das könnte so weit gehen, dass iPhone- und iPad-Besitzer umsonst in den Genuss der selbst produzierten Filme und Serien kommen könnten, um so den Absatz der Geräte anzukurbeln.
Mehr Nachfrage nach Inhalten war nie
Sicher ist jedenfalls, dass die Spekulationen derzeit ins Kraut schießen. Das Technologieblog „Recode“ bringt als Überlegung die Bündelung verschiedener Abos über die Apple-Plattform ins Gespräch. So könnten Dienste wie HBO, Showtime und Starz via Apple im Paket günstiger als über Einzelangebote verkauft werden. Wie bei Apps würde Apple daran über Provisionen mitverdienen, ohne selbst direkter Konkurrent von Netflix oder Amazon zu werden. Für die Zuschauer, aber auch für die Produzenten der Streaming-Originals brechen jedenfalls nach Meinung von Goldhammer goldene Zeiten an. Begrenzt wird das Angebot höchstens dadurch, dass sich Qualität und Erfolg nicht beliebig erweitern lassen. So wurde noch immer kein Nachfolger für „Game of Thrones“ als erfolgreichste Serie der letzten Jahre gefunden.
Der Trend in den USA geht jedenfalls bereits jetzt dazu, gleich zwei oder drei Streamingdienste zu abonnieren – allerdings unterscheidet sich das dortige System mit seinen teuren TV-Kabelabos deutlich von den deutschen Verhältnissen. Aber auch in Deutschland nimmt die Bereitschaft zu, ein oder mehrere Streamingdienste zu abonnieren. Bei den Unter-30-Jährigen liegen sie bereits vor dem klassischen Fernsehen, und derzeit entdecken die geburtenstarken Jahrgänge bis Mitte 50 die Angebote für sich. „Der Wandel ist in vollem Gange, die Fahnenstange ist noch längst nicht erreicht“, ist sich der Marktforscher sicher.