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"Bild"-Chef Julian Reichelt
© picture alliance / Britta Peders
Update

Mögliches Fehlverhalten: Springer bestätigt Compliance-Verfahren gegen „Bild“-Chef Reichelt

Springer-Chef Döpfner hat seine Mitarbeiter über die Untersuchung gegen den „Bild“-Chef informiert. Laut Medienberichten ist die Zeitung in „heller Aufregung".

Der Medienkonzern Axel Springer hat gegenüber seinen Mitarbeitern ein laufendes Compliance-Verfahren gegen „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt bestätigt. Im Firmenintranet teilten Springer-Chef Mathias Döpfner und Vorstand Jan Bayer am Dienstag mit: „Es ist für uns schwer, zu diesem Zeitpunkt im Detail Auskunft zu geben. Das können und dürfen wir bei einem laufenden Compliance-Verfahren auch nicht.“

Eine Compliance-Untersuchung in einer Firma zielt darauf ab zu prüfen, ob das Verhalten regelkonform war und die Richtlinien einer Firma eingehalten worden sind.

In dem Intranet-Eintrag, der der dpa wie auch anderen Medien vorlag, hieß es zudem: „Die Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen. Das bedeutet: Es liegt bislang kein Ergebnis vor, weder in die eine noch in die andere Richtung. Julian Reichelt bestreitet die Vorwürfe.“

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Man wolle so viel Transparenz wie möglich. Man wolle, dass jeder ohne Angst auf mögliche Missstände und Fehlverhalten hinweisen könne. „Wir werden aber keine Form der Vorverurteilung zulassen.“

Der Medienkonzern äußert sich offiziell nach außen auf Anfragen nicht zu dem Verfahren.

Reichelt selbst widerspricht den Vorwürfen, unter anderem in der Redaktionskonferenz am Dienstag, aus der der „Spiegel“ zitiert. Er glaube, er besitze “die nötige Gelassenheit, da mit erhobenem Kopf durchzugehen”. 

Machtmissbrauch und Ausnutzung von Abhängigkeitsverhältnissen

Losgetreten hatte das Ganze Jan Böhmermann in seiner Satireshow im ZDF am Freitagabend, in der er Andeutungen auf ein Verfahren gemacht hatte. Danach folgten Medienberichte. Der „Spiegel“ berief sich am Montag auf Informationen, wonach es Vorwürfe von mehreren Beschäftigten gegen den 40 Jahre alten Reichelt gegeben haben soll. Das Magazin schrieb von Machtmissbrauch und Ausnutzung von Abhängigkeitsverhältnissen.

Der "Bild"-Chef müsse sich nach Informationen der "Zeit" wegen möglichen Fehlverhaltens gegenüber Frauen verantworten. Es gehe um die Vermischung von Amt und Beziehungen, um strukturellen Machtmissbrauch und das Ausnutzen von Abhängigkeiten. Reichelt soll Mitarbeiterinnen, mit denen er eine intime Beziehung gehabt habe, begünstigt und teilweise später wieder fallen gelassen haben, so lauten jedenfalls die Vorwürfe.

Der "Zeit" seien die Namen von mehreren Frauen bekannt, die Vorwürfe erheben oder von diesen betroffen sind, in einigen Fällen solle es sich um junge, unerfahrene Journalistinnen gehandelt haben. Die Untersuchung habe die Boulevardzeitung aufgerüttelt; die Redaktion, die sonst so lustvoll andere anprangert, beschäftige sich seit Tagen mit sich selbst und befindet sich in heller Aufregung.

Auslöser der jüngsten Compliance-Untersuchung sei laut "Zeit" die Meldung eines ehemaligen Autors des Axel-Springer-Verlags, der die Vorwürfe an die Führungsspitze herangetragen habe.

Im Intranet betonten Döpfner und Bayer, dem Konzern sei daran gelegen, eine unabhängige Aufklärung sicherzustellen. „Daher haben wir auch externe Experten hinzugezogen, die den Vorwürfen nachgehen.“ Der Eintrag schließt mit dem Satz: „Für uns ist wichtig, dass wir bald Klarheit haben.“

Wie zu hören ist, ist nicht mit einem Ergebnis, geschweige denn einer Veröffentlichung der Untersuchung seitens des Verlages innerhalb der nächsten Tage zu rechnen.

Reichelt ist seit 2002 und damit seit fast 20 Jahren beim Konzern Axel Springer in unterschiedlichen Funktionen tätig. Im Februar 2017 wurde er neben seinem Posten als Chefredakteur Bild Digital zusätzlich Vorsitzender der „Bild“-Chefredaktion und trägt die übergeordnete redaktionelle Verantwortung der Bild-Marke. 2018 übernahm er dann zudem den Posten des Chefredakteurs Bild Print. (dpa,meh)

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