Neue Projekte der ARD-Degeto: Singende Metzger
„Babylon Berlin“, Medienanwaltsgeschichten, KaDeWe, Fußball-Skandale – die ARD Degeto setzt auf das Erfolgskonzept Event-Serien.
„Wird die dritte Staffel von ,Babylon Berlin’ schlechter?“ Kurzes Zucken von Regisseur Tom Tykwer auf die Frage von Christine Strobl, Geschäftsführerin der ARD-Filmtochter Degeto. „Nein, aber kürzer“, sagt Tykwer, der zusammen mit Achim von Borries und Henk Handloegten mitten in den Dreharbeiten zur zwölfteiligen Fortsetzung der Erfolgsserie über das Berlin der 30er Jahre steckt , eine Ko-Produktion von Sky und ARD. „Babylon Berlin“ hat’s vorgemacht, nun will die Degeto weitere große Event-Serien ins Rennen schicken, die sie am Mittwochabend in Berlin vorstellte.
Auch das Fernsehen lässt zum Start der Berlinale die Muskeln spielen. Allen voran natürlich mit Tom Tykwer. Beim „Babylon-Berlin“-Dreh am Kudamm zuletzt war er noch nicht dabei gewesen, Tykwer steigt ab März mit Film-im-Film-Szenen in Babelsberg wieder ein. Die Verfilmung des zweiten Volker-Kutscher-Romans „Der stumme Tod“ bringt einen Mord hinter den Kulissen der Filmindustrie mit sich. Ein Mordfall im Filmmilieu – so etwas, sagte Tykwer, wollte er immer schon machen.
Ein Mordfall in der Medienbranche kommt nicht so oft vor. Dennoch hat Medienanwalt Christian Schertz einige Anregungen für ein weiteres Degeto-Projekt gebracht: „Legal Affairs“. Aufgrund der großartigen US-amerikanischen Anwaltsserien wie „Suits“ oder „Good Wife“ sei es überfällig, so Schertz, dass man eine entsprechende Serie auch in Deutschland produziert. Das achtteilige Projekt solle, an Fallkonstruktionen erzählt, gesellschaftliche höchst relevante Themen aufgreifen, wie Fake News, Hate Speech oder auch MeToo. „Wollen wir hoffen, dass wir darin nicht explizit vorkommen“, scherzte Christine Strobl.
Ansonsten fällt auf, wie sehr die ARD serienmäßig auf das Thema jüngere Geschichte setzt. Über das Leben von Siegfried Fischerbacher aus Rosenheim und Uwe Horn aus Bremerhaven, die in den USA, besser bekannt als Siegfried & Roy, zu Stars der Magier-Branche wurden, plant die Degeto einen Sechsteiler unter der Regie von Philipp Stölzl. Der Zweiteiler „Club der singenden Metzger“, bei dem Doris Dörrie am Drehbuch mitgearbeitet hat, erzählt vom Aufbruch eines deutschen Fleischers in die USA Anfang des 20. Jahrhunderts. In den Hauptrollen: Aylen Tezel (Dortmunder „Tatort“) und Jonas Nay („Deutschland 86“), was auf viel Gutes hoffen lässt.
Beim Film-Titel sollte díe ARD allerdings noch mal in sich gehen. „Club der singenden Metzger“ – das klingt mehr nach Tele 5 als nach öffentlich-rechtlicher TV-Unterhaltung. Ebenfalls historisch: der geplante Sechsteiler „Kaufhaus des Westens“ über den Konsumtempel in Berlin, die Jahre 1913 bis 1952, eine Zusammenarbeit der Constantin-Tochter Moovie mit Oliver Berben und Ufa Fiction, geschrieben von „Adlon“-Autorin Rodica Doehnert.
Serien sind aus Sicht der Degeto also weiterhin ein Erfolgskonzept fürs Fernsehen: „Ich bin der Meinung, dass der Serienboom noch eine ganze Weile anhalten wird“, sagt Christine Strobl. Die ARD Degeto wolle große TV-Ereignisse ermöglichen. Dafür müsse man Dinge neu denken, auch in der Kooperation und Finanzierung. Außer bei „Babylon Berlin“ (Winter 2019/20) stehen die Ausstrahlungstermine noch nicht fest, an vielem wird geschrieben.
Ein Highlight dürfte sicherlich das internationale Serienprojekt „Das Netz“ sein. Hier sollen sich nationale Erzählstrukturen mit globalen verbinden, serielles Erzählen neu interpretiert werden. Die achtteilige Serie blickt hinter die Kulissen des Fußballs und fügt nach den Worten des Produzenten Jochen Laube zum Teil wahre Begebenheiten, Stichwörter Doping oder Spielmanipulationen, in einem Thriller zusammen. Vielleicht dürften hier nicht Tom Tykwer, sondern die Fifa und Uefa zusammen zucken.
Markus Ehrenberg
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