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Hoher Besuch: Auch die Tänzerin Josephine Baker (Ligia Manuela Lewis) besucht das berühmte Hotel in der ZDF-Verfilmung. Foto: ZDF
© ZDF

ZDF-Film "Das Adlon": Mit Grandezza

Nach dem Dreiteiler: Was das neue Adlon mit dem alten Hotel im erfolgreichen ZDF-Film zu tun hat.

Eigentlich komisch. Dass Wilhelm II. einstmals ein großer Fan des Hotels Adlon war, sollte fast 100 Jahre nach der Abschaffung des Kaiserreiches niemanden mehr vom Hocker reißen. Doch trug die Liebe des Kaisers zu seinem für damalige Verhältnisse höchst komfortablen Liebesnest in Schlossnähe wesentlich zum Mythos des Hotels bei. Bei der Eröffnung des nach der Wende wieder neu gebauten Luxushotels wurde indes eines ganz deutlich: Wenn je ein Name Gold wert war, dann dieser. Dieser goldene Mythos wurde nun über drei Fernsehabende im ZDF hinweg noch mal kräftig poliert, mit Marktanteilen um die 25 Prozent.

Die letzte Folge der Oliver-Berben-Produktion mit den Herz-Schmerz-Verstrickungen unter der Nazi-Diktatur und anschließend im kommunistischen Ost-Berlin verfolgten am Mittwoch noch mal 8,7 Millionen Zuschauer. So steht zu befürchten, dass die semifiktive Legende von Glamour und Leidenschaft am Pariser Platz vor allem eines zur Folge hat: Dass noch mehr Besucher aus anderen Teilen des Landes ihre Berliner Gastgeber dazu drängen werden, wenigstens einmal pro Aufenthalt einen Ausflug ins Adlon zu unternehmen. Den Mythos bezahlt man bei solchen Besuchen immer mit. Und auf dem Mythos des alten hat man das neue Adlon von Anfang an aufgebaut.

Ansonsten hat das alte Adlon mit dem neuen nicht viel zu tun. Damals wie heute stiegen dort zwar Prominente ab. Auf Josephine Baker und Enrico Caruso folgten Künstler wie Michael Jackson, Angelina Jolie und Brad Pitt, George Bush und Michail Gorbatschow. Aber schon bei der Eröffnung 1997 wurde moniert, dass eine Zwischendecke im Foyer die alte Grandezza verdrängt hat. Auch der Ballsaal reicht für die ganz großen Bälle nicht aus, die finden anderswo statt.

Das Mantra, bei dem Adlon handele es sich um das schönste und teuerste Hotel der Welt, wird sich in dieser Woche zwar ganz tief in die Köpfe der Fernsehzuschauer gesenkt haben. Aber 1907 war die Welt noch eine andere. An die superluxuriösen Resorts in Asien und in der Karibik war nicht zu denken, mal ganz abgesehen davon, dass man in die entlegeneren Ecken der Welt noch nicht so ohne Weiteres reisen konnte. Selbst New York war ja damals nur mit dem Dampfer zu erreichen.

Genau dieser Umstand hat dem Neuerbauer des Adlon, dem Aachener Unternehmer Anno August Jagdfeld, in den vergangenen Jahren viele Probleme beschert. Das Grand Hotel in Heiligendamm, eine ähnliche Legende, die er wie das Adlon mit dem Geld von Anlegern wiederbelebt hat, musste im vergangenen Jahr Insolvenz anmelden. Und auch um den rückwärtigen Teil des Gebäudekomplexes gab es Zwist. So konnte die Adlon Holding, die dort Restaurants, ein Spa und den China-Club betrieb, 2009 die Pacht in Höhe von drei Millionen Euro nicht zahlen, was rund 4000 Anleger erboste. Im Ballsaal des Adlon probten im Sommer 2011 rund 600 Privatleute den Aufstand, weil die Einlagen erheblich an Wert verloren hatten. Inzwischen hätten sich die Wogen aber geglättet, nachdem es wieder Dividendenausschüttungen gegeben habe, versicherte ein Sprecher der Jagdfeld-Gruppe.

Das Hotel selbst wird von der Kempinski-Gruppe betrieben. Erst im November wurde der Pachtvertrag mit der von Anno August Jagdfeld geleiteten Adlon-Fundus-KG bis 2032 verlängert. Das bedeute für den Fonds, in dem 4400 Anleger investiert haben, garantierte Einnahmen in Höhe von 300 Millionen Euro, hieß es.

Zurück zum Film. Schon jetzt haben die Rekordeinschaltquoten nicht nur beim ZDF Freude ausgelöst, sondern vor allem auch im Hotel selbst. Die Zahl der Buchungsanfragen habe sich durch die Ausstrahlung vervierfacht und die Zahl der tatsächlichen Buchungen verdoppelt, sagte eine Sprecherin. Aber schon die letzten beiden Jahre seien gigantisch gewesen. Allein 2012 stiegen 179 000 Gäste in dem Hotel ab, was eine Auslastung von 79 Prozent bedeute.

Inzwischen habe sich der Name Adlon weit über die deutschen Grenzen hinaus etabliert, und auch die Preise steigen. Trotzdem hätte das ZDF für die Ausstrahlung keinen besseren Zeitpunkt finden können. Denn mit dem Waldorf Astoria ist seit kurzem ein Konkurrent am Markt, der ebenfalls Mythen im Namen trägt. Aber das gibt vielleicht mal eine ganz andere Ho-Telenovela. Die „Walldorf-astoriamilliardären Amerikaner“ spielten jedenfalls schon in einem Bericht der „Vossischen Zeitung“ eine Rolle, der 1907 nach der Eröffnung des alten Adlon erschien.

Elisabeth Binder

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