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Armin Laschet in einem anderen Kinder-Interview vor Tagen auf Sat1. Hier sieht man keinen Knopf im Ohr, alle waren happy.
© dpa

Kritik an Laschet-Befragung: Sind die Kinder im „Kanzler“-Verhör ferngesteuert?

Viral ist das ein Hit, aber bei den Kanzlerkandidaten Olaf Scholz und Armin Laschet ist ein Frage-Format mit Kindern auf Befremden gestoßen.

Das Fernsehen hat vor der Bundestagswahl einen Trend wiederentdeckt: Kinder befragen Politiker, sorgen damit für erhöhte Aufmerksamkeit - und bekommen manches raus, was in Profi-Interviews vielleicht unentdeckt bliebe, zum Beispiel, wenn es um das Thema deutsches Kulturgut, Stichwort Gedichte, geht.

Manch' dräuende Fragen in Sachen Spitzfindigkeit und Originalität der Kinder stellen sich dabei aber auch dem Zuschauer. Jüngstes Beispiel am späten Dienstag Abend auf ProSieben bei „Late Night Berlin“: Pauline und Romeo nahmen den Unions-Kanzlerkandidaten Armin Laschet ins Kreuzverhör.

Warum willst du Bundeskanzler werden? Was verdient man als Bundeskanzler? Dann schon etwas ungewöhnlicher als Kinderfrage: Hat Armin Laschet die Polizei geschickt, um Menschen im Hambacher Forst aus Baumhäusern zu vertreibe , das war doch nicht legal? (Laschet: "Keiner stellt einen Ofen in den Wald, das war gefährlich").

Das Setting im bunten Zelt soll zur Heiterkeit der Veranstaltung passen. Manch' schärfere Frage wirkt aber nicht unbedingt wie von Kindern spontan selbst erdacht.

Ein Beispiel aus der Befragung Laschets im Zelt, Romeo fragt: "Bist Du dagegen, dass Männer heiraten dürfen?", Laschet: "Nein." Romeo: "Aber Du wolltest aber gar nicht dafür stimmen." Laschet: Nein, da war ich doch gar nicht im Bundestag, wer kommt denn auf so komische Ideen?" (Die Abstimmung über die "Ehe für alle war 2017). Romeo: "Du, hast Interviews gegeben, wo Du gesagt hast, Du willst das nicht." Laschet: "Das stimmt nicht." Längeres Schweigen. Dann sagt Romeo: "Im Spiegel." Laschet: "Du hast schon vor so langer Zeit den Spiegel gelesen? Das ist aber toll."

Laschet kommt hier schlecht weg, seine Unterstützer kritisieren, dass die Kinder wohl einen Knopf im Ohr hatten und zwischen Antworten und Fragen mitunter lange Pausen gelegen hätten; zudem sei das Interview sehr tendenziös. Gastgeber von "Late Night Berlin" ist Klaas Heufer-Umlauf, der in der Vergangenheit immer wieder die SPD unterstützt hat.

Zuvor war auch schon Olaf Scholz im Kinder-Kreuzverhör - aber auch er wird immer wieder von ungewöhnlichen Fragen überrumpelt.

Bei dem SPD-Kanzlerkandidaten und bei Laschet stößt das Format „Kinder fragen Kanzler*innen“ sichtbar auf Befremden, aus beiden Teams ist ebenfalls zu hören, dass den beiden Kindern Pauline und Romeo per Knopf im Ohr die Fragen wohl zugesprochen worden seien.

Letztlich seien die Kinder ferngesteuert gewesen, sie säßen wohl so seitlich, damit der Knopf im Ohr nicht gesehen werde.

SPD-Kanzlerkandidat Scholz wurde für das Format zu einer Zeit angefragt, als die SPD in Umfragen noch weit abgeschlagen war, daher war die Zusage auch mit dem Ansinnen verbunden, auf möglichst vielen Kanälen nochmal stärker „vorzukommen“. Aus heutiger Sicht hätte man es eher nicht gemacht.

„Aber nicht auf Lunge“

Diese Aufzeichnung in den Studios von TV United am Wikingerufer im Westfälischen Viertel in Berlin fand am 27. August statt. Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet war dann am 13. September zu Gast, um sich wie beschrieben ebenfalls in dem Kinderzelt interviewen zu lassen – und bekam dabei auch Fragen gestellt, ob Hans-Georg Maaßen ein Nazi oder zumindest ein Rechter sei. Oder warum er Zigarillos raucht („Aber nicht auf Lunge“).

Laschet fragt Romeo etwas patzig zurück, ob er Maaßen überhaupt kenne. Er wirkt sichtlich genervt über dieses Schauspiel, vor allem darüber, nicht ins direkte Gespräch mit den Kindern zu kommen.

Auch Scholz hatte einen schweren Stand: Zum Beispiel bei den Fragen, warum man Kinder im Mittelmeer ertrinken lasse, statt sie mit dem Flugzeug nach Deutschland zu holen oder ob Putin ein Mörder sei - beziehungsweise, ob er nicht zumindest vor Gericht gestellt werden müsse.

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Und Romeo sagte, seine Mutter habe als Wirecard-Aktionärin viel Geld verloren, wie Olaf Scholz das sehe - er ist schließlich Chef der zuständigen Finanzaufsicht.

„Das war alles komplett gescripted“, heißt es hierzu von der SPD-Seite. Letztlich habe es sich hier nicht um Kinderreporter, sondern um Kinderschauspieler gehandelt.

Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock war bisher nicht zu Gast, weiß aber nun, was sie erwartet - es ist jedenfalls eines der umstritteneren TV-Befragungsmodelle.

Von der Scholz-Seite wird betont, dass von all den vielen Formaten die Townhall-Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern das erkenntnisreichste und beste Format sei.

„Um ein spannendes Interview zu führen, müssen sich Pauline und Romeo genauso wie etablierte Journalist:innen vorbereiten. Dabei werden die Beiden redaktionell unterstützt", erklärt ein ProSieben-Sprecher. "Wie andere Moderator:innen und Journalist:innen im TV, haben sie während des Interviews einen Knopf im Ohr."

Die Kanzlerkandidat:innen seien im Vorfeld über die Art des Interviews informiert wurden, zumal die Rubik „Kinder fragen ...“ seit langer Zeit zum festen Repertoire von „Late Night Berlin“ zähle.

Ob nun mit oder ohne Knopf im Ohr - die Wirkung der Kinderfragestunde beim Zuschauer bleibt natürlich trotzdem. Laschets PR-Berater sollten Kommentare auf Youtube wie diese nach dem gestrigen Abend auf ProSieben im Auge behalten: „Armin Laschet verliert auch dieses Triell.“

„Ich habe echt nicht erwartet, dass er das nicht beantworten kann.“

Reibungsloser verlief es es vor ein paar Tagen bei einem ähnlichen Format mit Kindern auf Sat1 („Kannste Kanzleramt?“), an dem auch Annalena Baerbock und Olaf Scholz teil nahmen, bei dem alle Beteiligte, so ist zu hören, über die Sendung happy waren. Hier war auch schon zu spüren, dass Laschet als Vater von drei Kindern gut mit Kindern kann.

Drastischer wurde es zuletzt bei Tino Chrupalla. Der 13-jährige ZDF-Kinderreporter Alexander hatte am Wochenende in einem Logo-Interview den AfD-Kandidaten nach seinem deutschen Lieblingsgedicht gefragt, nachdem dieser gefordert hatte, dass in der Schule mehr deutsches Kulturgut gelehrt werden muss, vor allem Gedichte.

Chrupalla wusste keine Antwort, konnte kein Gedicht aufsagen, das wirkte alles sehr natürlich gefragt - Kinder sind da manchmal direkter und schlagfertiger als Journalisten - und Politiker reagieren anderes, sind vielleicht auch unvorsichtiger.

Waren auch da erwachsene Einflüsterer am Werk? Via Knopf im Ohr? Nein, Alexander war während des Interviews auf sich alleine gestellt, heißt es beim ZDF.

Das Video ging viral. Daraufhin gab es viel Spott und Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckard hat Chrupalla in einer ARD-Wahlsendung erstmal einen Band mit deutschen Gedichten geschenkt. Alexander sagt, dass er Chrupalla unabsichtlich aufs Glatteis geführt hat: „Ich habe echt nicht erwartet, dass er das nicht beantworten kann.“

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