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Reif fürs Camp!  Obere Reihe von links: Rebecca Siemoneit-Barum („Lindenstraße“), Walter Freiwald (Moderator), Tanja Tischewitsch („DSDS“), Benjamin Boyce (Ex-Boygroup-Sänger), Patricia Blanco (Promi-Tochter). Untere Reihe v.l.: Rolf Scheider (Ex-„Topmodel“-Juror), Angelina Heger („Bachelor“-Finalistin), Aurelio Savina („Bachelorette“-Kandidat), Maren Gilzer (Schauspielerin), Sara Kulka (Model), Jörn Schlönvoigt („GZSZ“).
© RTL

Das "Dschungelcamp" startet: Resterampe der Promis

Das „Dschungelcamp“ geht in die neunte Staffel. Désirée Nick lästert schon mal. Aber auch sie weiß. Die Show garantiert maximale Aufmerksamkeit

Prominenz ist eine volatile Währung. Sie kommt, sie geht. So auch bei Melanie Müller, die größte, öffentlich wahrgenommene Leistung der heute 26-Jährigen war: RTL-„Dschungelkönigin“ 2014. Das Haltbarkeitsdatum dieses Titels ist gering, wenn sich der Krönung nur eine Existenz in der C-Promi-Kaste anschließt. Entsprechend mäßig war das Publikumsinteresse an der Dokusoap „Melanie Müller – Dschungelkönigin“ bei RTL 2. Den Auftakt der Reihe am Montag schalteten 1,05 Millionen Zuschauer ein. Am heutigen Freitag startet RTL die neunte Staffel.

Der Prototyp der Melanie Müller, einer früheren Porno-Darstellerin mit dem Pseudonym „Scarlet Young“, ist mehrfach am Start, wenn das „Dschungelcamp“ 2015 am Freitag bei RTL startet: Tanja Tischewitz, ein 22-jähriges „DSDS“-Sternchen, Sara Kulka, 24, „GNTM“-Model und „Wild Girl“, oder Angelina Heger, 22-jährige „Bachelor“-Finalistin.

Solche Namen und Qualitäten lassen Désirée Nick, 58 und „Dschungelkönigin“ 2004, am erneuten Erfolg des RTL-Formats zweifeln. „Das Format hebt sich damit auf, dass man die Leute nicht mehr kennt“, sagte Nick der dpa. Früher hätten Zuschauer die Möglichkeit gehabt, ihnen bekannte Stars aus Fernsehen, Sport oder Show im Dschungel noch einmal ganz neu kennenzulernen. Heute bestehe das Teilnehmerfeld nur noch aus einer „Resterampe“ an Möchtegern-Promis. Damit sei der ganze Witz weg. Eigentlich müsste man die Sendung umbenennen in: „Ich bin kein Star, lasst mich da rein“, lästerte Nick. Das will nun gar nicht zur RTL-Ansage passen: „Im Dschungel gibt es keinen Promi-Bonus!“ Für den Sender tritt die erste Reihe zum Camp-Appell an.

Aber auch Désirée Nick weiß sehr wohl, warum zu den weiteren Teilnehmern des anstehenden Wettbewerbs die 54-jährige Schauspielerin und frühere „Glücksfee“ Maren Gilzer, der Ex-„Topmodel“-Juror Rolf Scheider, 58, oder Patricia Blanco, 43 und Tochter von Roberto Blanco, gehören. Nick: „Kein anderes Format hat mir die Möglichkeit gegeben, in 14 Tagen Millionen Menschen für mich zu interessieren“, sagte die gebürtige Berlinerin. Man könne mit Theater nie so viele Menschen erreichen wie mit Fernsehen. „Diese Chance hat mir der Dschungel gegeben.“ Eben. Das Format „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus“ heißt deshalb so und nichts anders, weil es weniger prominente und weniger talentierte Mehrtagesfliegen vor allem des Privatfernsehens in der Bekanntheitskurve weit nach oben schießen kann. Maximal 16 Tage Australien erzeugen maximale Öffentlichkeit. Die Durchschnittsquote beim „Dschungelcamp“ 2014 lag bei fast acht Millionen.

Costa Cordalis, 70-jähriger Schlagersänger und mit „Anita“ auf Never-EndingTour, schaltet das Dschungelcamp elf Jahre nach seinem Sieg weiter unverändert ein. „Es interessiert mich, was für neue Erfindungen, was für neue Sachen die den Kandidaten anzubieten haben und wie diejenigen, die da drin sind, reagieren.“ Auch ihm habe die Teilnahme an der ersten Staffel große Aufmerksamkeit gebracht. „Wenn ich zu McDonald’s reingehe, sagt einer: ,Guck mal, Mama, der Onkel vom Dschungel!‘ Da erkennen mich die kleinen Kinder, und das ist schon toll.“

Von heute an also die neunte Ausgabe. RTL bläst wie wie stets in die PR-Trompete: „Neue Stars, neue Prüfungen, viele Überraschungen und ganz viel Urwald-Spaß“, heißt es in der Pressemappe. Sonja Zietlow, 46, und Daniel Hartwich präsentieren live von der Cold Coast im Osten Australiens. Die bissigen Kommentare kommen von einer Autorentruppe rund um Micky Beisenherz. Das Klima ist subtropisch, tagsüber 29 Grad und in der Nacht nicht unter 20 Grad. Zeitverschiebung: mitteleuropäische Zeit plus zehn Stunden. Noch was wichtig? Vielleicht das: „Im Camp werden nur Produkte verwendet, die hundertprozentig umweltverträglich und von der australischen Naturschutzbehörde genehmigt sind.“

Die Haltung zum TV-Format, das in dieser Staffel bis zum 1. Februar läuft, hat sich über die Staffeln verändert. Die Zahl der Kritiker ist geschrumpft, zwischen sie und die Aficionados hat sich die Gruppe der Geistesarbeiter geschoben. Intellektuelle grübeln sich die Köpfe rund, warum viele Mitmenschen nicht anders können, als ins „Dschungelcamp“ zu gehen.

„Dschungelcamp“, RTL, Freitag, um 21 Uhr 45

16 Autorinnen und Autoren werden 16 Tage „Dschungelcamp“ in einem Tagebuch begleiten. Kritisch und furchtlos.
www.tagesspiegel.de/medien

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