Gewalt gegen Journalisten: Reporter der Deutschen Welle bei Pegida-Demo angegriffen
Jaafar Abdul Karim wollte erfahren, was die Pegida-Anhänger bewegt. Doch neben feindlichen Parolen bekam der Deutsche-Welle-Reporter auch Gewalt zu spüren.
Jaafar Abdul Karim hat in Dresden gelebt, er hat in der Stadt studiert, sie als weltoffen erlebt. Doch nun ist der Reporter der Deutschen Welle am Montagabend zurückgekehrt in die Elbstadt, um über die Demonstration der fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung zu berichten - und musste erleben, wie gewaltbereit Anhänger der Bewegung auf Journalisten reagieren.
In dem auf Spiegel Online veröffentlichten Video ist zu sehen, wie Jaafar Abdul Karim versucht, mit den Demonstranten ins Gespräch zu kommen. Er will wissen, was die Menschen bewegt, wovor sie Angst haben.
Viele der befragten Anhänger wehren ihn ab, eine Frau schreit ihm nur die Parole "Wir sind das Volk!" entgegen. Wenn in der Moschee jemand ein Zeichen gebe, "dann gehen die alle los, mit Säbeln und Messern", will ihm eine Frau erklären. Woher sie denn das wisse?, fragt Jaafar Abdul Karim . "Von jemandem", sagt sie. Ob sie denn auch Angst habe vor ihm, dem Deutschen mit Migrationshintergrund? "Ne, sie sind ja integriert." Woher sie das wisse? "Das sehe ich ihnen an."
"Hauen Sie ab mit ihren Scheiß Video-Kameras"
Plötzlich eskaliert jedoch die Situation, "Hauen Sie ab mit ihren Scheiß-Videokameras", schreit ein Mann. "Weil Sie ja nur Lügen bringen", unterstützt ihn eine andere Frau. Die Kamera schwenkt auf den Boden.
Es habe Randale gegeben, erklärt Jaafar Abdul Karim später vor der Kamera, abseits der Demonstration. Jemand habe ihm in den Nacken geschlagen. "Das glaube ich ihnen gar nicht", ruft eine Frau ins Mikrofon und eilt davon.
Die Polizei habe den Täter nicht ermitteln können, teilt die DW am Dienstag mit. DW-Intendant Peter Limbourg verurteilte den Angriff. „Dieser Übergriff auf Journalisten ist nicht der erste bei einer 'Pegida'-Kundgebung und belegt, dass Gewalt gegen Journalisten seitens der Teilnehmer zur Regel wird oder zumindest billigend in Kauf genommen wird“, erklärte er. Damit verabschiede sich „Pegida“ eindeutig aus dem demokratischen Diskurs in Deutschland. Die DW werde Strafanzeige erstatten und prüfe auch gegen den Veranstalter rechtliche Schritte.
Auch der russische Propaganda-Sender "Russia Today" (RT) berichtet von einem Angriff auf einen Kameramann. Der RT-Mitarbeiter sei "von sechs bis sieben Pegida-Teilnehmern zusammengeschlagen worden. Obwohl er bereits auf dem Boden lag und die Kamera zerbrochen war, hörten diese nicht auf zuzuschlagen, bis die Polizei ihm zu Hilfe kam." Der Sender hatte in der Vergangenheit mehrfach positiv bis neutral über Pegida berichtet. Er sendet regelmäßig Livestreams von Pegida-Veranstaltungen.
"Neue Stufe auf der Eskalationsleiter der Journalistenfeinde"
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) forderte die sächsischen Ermittlungsbehörden zu einem entschlossenen Vorgehen gegen die Gewalttäter auf. Der Vorfall markiere eine „neue Stufe auf der Eskalationsleiter der Journalistenfeinde“ von „Pegida“, sagte der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken in Berlin.
Zum ersten Jahrestag der „Pegida“-Bewegung hatten sich am Montag Schätzungen zufolge bis zu 20 000 Demonstranten und fast genauso viele Gegendemonstranten in Dresden versammelt. Trotz eines Aufgebots von mehr als 1000 Polizeibeamten kam es zu Ausschreitungen.
Jaafar Abdul Karim sagt am Ende des Videos, dass er "mit sehr gemischten Gefühlen" nach Hause gehe. Dieses Dresden ist offensichtlich nicht mehr die Stadt, wie er sie einst kennengelernt hat. (mit epd)