Trump und die Meinungsfreiheit: Pressefreiheit? „Widerwärtig!“
US-Präsident Donald Trump zeigt wachsenden Frust wegen des schlechten Medienechos und droht nun TV-Sendern sogar mit Lizenzentzug.
Im Kongress geht nichts voran, die Umfragewerte sind im Keller, und selbst die eigene Anhängerschaft will ihm nicht mehr immer folgen: Knapp ein Jahr nach seinem Überraschungssieg bei der US-Präsidentenwahl im November ist Donald Trump zunehmend gereizt, genervt und frustriert. „Ich hasse alle im Weißen Haus“, soll der 71-Jährige einem Vertrauten gesagt haben, wie das Magazin „Vanity Fair“ berichtet. Vielleicht attackiert Trump deshalb immer häufiger die Medien, von denen er sich schlecht behandelt fühlt. Er finde es „widerwärtig“, dass die Presse schreiben könne, was sie wolle, sagte er jetzt. Und er will etwas dagegen tun. Kritiker sehen die Pressefreiheit in den USA in Gefahr.
Trumps Verhältnis zu den Medien war noch nie entspannt. Wie viele seiner Anhänger sieht er die großen Zeitungen und Fernsehsender des Landes als Sammelbecken abgehobener und voreingenommener Linksliberaler und als Teil des politischen Establishments, das es zu bekämpfen gilt. Häufig schimpft er auf den Nachrichtensender CNN sowie auf die beiden führenden Zeitungen des Landes, die „New York Times“ und die „Washington Post“. Fast täglich verbringt der Präsident viele Stunden vor dem Fernseher, um durch die Nachrichtenkanäle zu surfen und sich aufzuregen. Doch am Mittwoch versah er seine Kommentare über unbotmäßige Medien erstmals mit Drohungen, die selbst für Trumps Verhältnisse ungewöhnlich waren.
Anlass waren Berichte des Senders NBC. Dieser hatte vergangene Woche mit der Meldung für Aufmerksamkeit gesorgt, Außenminister Rex Tillerson habe Trump einen „beschissenen Schwachkopf“ genannt. Jetzt legte NBC nach. Tillersons Bemerkung sei nach einer Sitzung am 20. Juli gefallen, in der Trump zum Entsetzen seiner Berater eine Verzehnfachung des amerikanischen Atomwaffenarsenals gefordert habe – trotz bestehender Abrüstungsverträge. Glatt erfunden sei die NBC-Meldung, schimpfte Trump, und auch Verteidigungsminister James Mattis dementierte. Dann ging der Präsident den entscheidenden Schritt weiter und stellte auf Twitter die Frage, ob es nicht an der Zeit sei, die Sendelizenz von NBC zur Disposition zu stellen. Das Thema beschäftigte ihn am Mittwoch offenbar den ganzen Tag. Die Nachrichten der großen Networks seien parteiisch, verzerrt und manipuliert, schrieb er in einer weiteren Twitter-Mitteilung am Abend. „Lizenzen müssen angefochten und, wenn angebracht, auch entzogen werden.“
Auch an die kommt der Präsident nicht heran
Ganz abgesehen davon, dass gemeinhin nur Präsidenten in autokratischen Staaten kritischen Sendern den Mund verbieten, zeugen die Tweets von einer Unkenntnis der amerikanischen Medienlandschaft. NBC hat als Dachgesellschaft keine eigene Lizenz, die entzogen werden könnte. Sendelizenzen besitzen nur jene Sender, die zu dem Network gehören. Und auch an die kommt der Präsident nicht heran: Die zuständige Aufsichtsbehörde FCC ist nicht weisungsgebunden. Trump könnte zwar Druck auf die Behörde machen. Doch es ist fraglich, ob er damit viel erreichen würde.
Um solche Feinheiten geht es dem Präsidenten nicht, wie er beim Treffen mit dem kanadischen Premier Trudeau sagte. Auf die Frage, ob er die Berichterstattungsfreiheit der Medien begrenzen wolle, antwortete Trump: „Nein. Die Presse soll ehrlicher sein.“ Was er mit „ehrlich“ meint, ließ er Stunden später bei einer steuerpolitischen Rede erkennen: Er beschwerte sich, die Medien berichteten nicht genug über wirtschaftspolitische Erfolge seiner Regierung. Auch andere Regierungen seien hin und wieder unzufrieden mit der Presse gewesen, kommentierte David Axelrod, ein früherer Berater von Trumps Vorgänger Barack Obama. Doch der Entzug von Sendelizenzen sei nie in Betracht gezogen worden, schrieb Axelrod auf Twitter. „Sind wir hier in den USA oder in Russland?“
Offizielle Knebel für die Medien seien nicht unbedingt nötig, warnte der frühere FCC-Chef Michael Copps. Selbst wenn Trump keine rechtliche Möglichkeit habe, direkt auf ungeliebte Sender wie NBC einzuwirken, hätten seine Drohungen einschüchternde Wirkung. Beobachter glauben, dass Trump mit seinen Appellen, Sendelizenzen anzufechten, konservativen Gruppen einen Wink gegeben habe, um mit Einsprüchen gegen Lizenzen unliebsamer Medien aktiv zu werden. In den 1970er Jahren versuchte der damalige Präsident Richard Nixon wegen der Berichte der „Washington Post“ über die Watergate-Affäre, über Mittelsmänner die Sendelizenzen einiger zur „Post“ gehörender Regionalsender anzufechten. Nixons Versuch scheiterte. Am Ende musste er zurücktreten.