Begleiterscheinungen der Corona-Pandemie: Polarisierung und Spaltung
ZDF-Studie zeigt: Deutsche sorgen sich um ihren Lebensalltag - und den Zusammenhalt in der Gesellschaft.
Seit mehr als einem Jahr lebt Deutschland mit und in der Corona-Pandemie. Wer will in diesem Kontext bestreiten, dass die daraus resultierenden Belastungen mit den Menschen etwas "machen"? Was, das zeigt eine aktuelle "ZDF-Langzeitstudie zur Mediennutzung und Lebenswelt in Corona-Zeiten", die der öffentlich-rechtliche Sender zusammen mit dem Marktforschungsinstitut phaydon durchgeführt hat. Zu den bemerkenswertesten, wenn nicht besorgniserregenden Ergebnissen gehört, dass insgesamt 61 Prozent der Deutschen eine zunehmende Polarisierung und Spaltung der Gesellschaft in Deutschland befürchten. Querdenkerei, Impfpriorisierung, der ständige Wechsel von Einschränkungen und Lockerungen haben solchen Pessimismus befördert - selbst das eigene soziale Umfeld wird von 43 Prozent als fragil angesehen. Interessant, dass die Zweiflerinnen und Zweifler an den Corona-Maßnahmen sich größere Sorgen um den sozialen Zusammenhalt machen als die Gesamtbevölkerung, weil die Annahme gelten darf, dass die Skeptiker und Kritiker diesen Zusammenhalt durchaus untergraben können.
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Weitere Studienergebnisse aus dem März 2021 zeigen weitere Auswirkungen. Viele Befragte spüren eine erhöhte Belastung, vor allem die Generation Z, also die 14- bis 29-Jährigen erleben zu 40 Prozent und Kinderbetreuende zu 46 Prozent zunehmend Stress im Alltag (insgesamt: 25 Prozent). Gleichzeitig wächst die Sorge um die eigene finanzielle Situation bei denen, die beruflich durch die Krise eingeschränkt sind (63 Prozent; insgesamt: 31 Prozent), sowie die Sorge um die generelle Auswirkung auf die Wirtschaft bei denen, die die Eindämmungsmaßnahmen generell in Frage stellen (80 Prozent, insgesamt: 64 Prozent).
Unterschiedliche Betroffenheit
Zugleich zeigt sich in den Ergebnissen, wie sehr die unterschiedliche Betroffenheit durch die Krise die Einstellungen und auch das Mediennutzungsverhalten der verschiedenen Bevölkerungsgruppen prägt. So haben etwa Eltern, die Kinder zu Hause und zum Teil im Homeschooling betreuen müssen, völlig andere Bedürfnisse und Erwartungen an Medien als Menschen, die in systemrelevanten Berufen arbeiten, oder solche, die durch die Krise in Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit geraten sind. Die Generation Z, also 14- bis 29-Jährige, sowie Menschen, die an der Verhältnismäßigkeit der Corona-Maßnahmen zweifeln, nehmen die Rolle der Medien in der Pandemie wieder anders wahr.
Dabei wird von einer Mehrheit die Berichterstattung der Öffentlich-Rechtlichen rund um Corona geschätzt: 58 Prozent der Befragten gaben im März 2021 an, dass Nachrichten von öffentlich-rechtlichen Sendern für sie eine wichtige Quelle für verlässliche Informationen zur Pandemie seien – nur bei 17 Prozent ist das nicht der Fall. Lediglich die Zugangswege der Zielgruppen unterscheiden sich. Sind für die Generation Z Instagram oder YouTube überdurchschnittlich wichtige Plattformen für ZDF-Inhalte (YouTube: 36 Prozent, Instagram 24 Prozent), sind es über alle Gruppen hinweg auch weiter hauptsächlich die linearen Kanäle (83 Prozent). Für die Generation Z bieten Comedy und Satire die gewünschte Ablenkung, Eltern Angebote für Kinder, die mediale Ruhepausen mit gutem Gewissen ermöglichen.
Unterhaltung soll von Corona ablenken
Doch auch Unterhaltung und Erholung sind wichtige Aspekte der Mediennutzung in Pandemiezeiten. So erwarten 61 Prozent der Befragten und insbesondere Menschen in systemrelevanten Berufen von den Öffentlich-Rechtlichen, dass sie Inhalte bieten, bei denen die Zuschauerinnen und Zuschauer zur Ruhe kommen und entspannen können. 74 Prozent von ihnen sagen, sie seien froh, beim Schauen von Serien und Filmen nicht an die alltäglichen Corona-Einschränkungen erinnert zu werden.
Die Gruppe der Zweiflerinnen und Zweifler (15 Prozent der Befragten), also Menschen, die an den Maßnahmen der Bundesregierung oder an dem kommunizierten Ausmaß der Pandemie zweifeln, blicken dagegen sehr differenziert auf das ZDF: Während sie das Informationsangebot des ZDF durchaus nutzen, hinterfragen sie es zugleich. Gleichzeitig werden gerade fiktionale Angebote, wie beispielsweise das Montagskino, aber auch deutsche Produktionen als gern gesehene Auszeit vom Corona-Alltag angenommen. Bei denjenigen, die durch Corona in Kurzarbeit sind oder gar arbeitslos geworden sind, kommt den Reportagen eine vergleichsweise hohe Bedeutung zu. Info-Magazine am Tag dienen als Strukturgeber, Reportagen am Abend bringen auf andere Gedanken.
Bitte keine Filme und Serien mit Corona-Inhalt
ZDF-Intendant Thomas Bellut sagte, "die Studie belegt die Relevanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Coronakrise und zeigt, wie wichtig die Programmvielfalt des ZDF für die Gesellschaft ist. Denn mit unserem differenzierten Angebot können wir die unterschiedlichen Zielgruppen mit ihren ganz besonderen Bedürfnissen erreichen und gleichzeitig die verschiedenen Perspektiven zusammenzuführen."
Und auch gehört ins Portfolio der Erkenntnisse. Nur eine Minderheit (22 Prozent) will Filme und Serien gezeigt bekommen, die sich mit den unterschiedlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie beschäftigen. 47 Prozent lehnen das ab, 31 Prozent sagten teils/teils. Es gibt für die Fernsehzuschauer eine Zeit für die Corona-Information und eine Zeit für Unterhaltung, die frei von der Pandemie sein sollte.