Entscheidung im RBB: Patricia Schlesinger wird neue Intendantin
Das Ergebnis stand erst nach mehreren Durchgängen fest: Patricia Schlesinger löst Dagmar Reim als Intendantin des Rundfunk Berlin-Brandenburg ab.
Es wurde der erwartete lange Abend in Potsdam-Babelsberg: Erst nach sechs Durchgängen wurde Patricia Schlesinger, 54, als neue Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) gewählt. Der Rundfunkrat musste zwischen der NDR-Journalistin und ihrem Mitbewerber Theo Koll, 58, vom ZDF entscheiden, beides exzellente Politjournalisten, beide dem TV-Publikum durch die Moderation von Magazin-Sendungen bekannt und beide mit den nötigen Leitungs- und Gremienerfahrungen.
Patricia Schlesinger löst Dagmar Reim, 64, Anfang Juli als neue Intendantin der Zweiländeranstalt ab. „Ich schaue der Aufgabe mit großer Freude entgegen. Ich möchte, dass der RBB noch stärker, das Programm noch besser wird“, sagte Schlesinger direkt nach der Wahl. Sie habe dem Rundfunkrat strukturelle Vorschläge für die Zukunft des RBB vorgelegt, Details wolle sie aber erst nach Amtsantritt bekannt geben. „Ich bringe große Leidenschaft für das Programm mit und für dessen Relevanz“, sagte Schlesinger weiter. „Ich wechsle von der einen Ost-West-Anstalt NDR zur anderen Ost-West-Anstalt RBB.“
Zunächst war es am Donnerstag tatsächlich zu dem befürchteten Patt zwischen den beiden Journalisten gekommen. In den Wahlgängen verschoben sich zwar die Gewichte in eine Richtung, für die benötigte Zweidrittelmehrheit der 29 stimmberechtigten und anwesenden Rundfunkratsmitglieder hatte es jedoch lange nicht gereicht.
"Eine gute Nachricht für den RBB"
„Die Wahl von Patricia Schlesinger ist eine gute Nachricht für den RBB. Sie steht für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der RBB kann sich auf eine versierte Medien-Managerin und profilierte Journalistin an seiner Spitze freuen“, sagte Friederike von Kirchbach, Vorsitzende des RBB-Rundfunkrates nach der Entscheidung des Gremiums. „Ein Verlust für den NDR, aber ein großer Gewinn für den RBB!“, gratulierte NDR-Intendant Lutz Marmor Patricia Schlesinger zur Wahl.
Patricia Schlesinger volontierte nach ihrem Studium in Hamburg und Aix-en-Provence beim NDR und arbeitete dort unter anderem als Reporterin für das ARD-Magazin „Panorama“. Zwischen 1995 und 1997 berichtete sie als Südostasienkorrespondentin aus Singapur und kehrte anschließend als Moderatorin zu „Panorama“ zurück. Von 2001 bis 2004 arbeitete sie als Korrespondentin in Washington, seit 2007 ist sie die Leiterin des Programmbereichs Kultur und Dokumentation.
Erst die zweite Intendantenwahl des RBB
„Am Fleiß hat es nicht gelegen, wenn es heute nicht klappt“, hatte Friederike von Kirchbach, die Vorsitzende des Rundfunkrates des RBB in ihrer Funktion als Leiterin der Findungskommission zu Beginn der Rundfunkratssitzung am Donnerstag in Potsdam-Babelsberg gesagt, deren wichtigste Aufgabe es war, einen Nachfolger für die scheidende Intendantin Dagmar Reim zu finden. Nur zwei Verspätungen – die zudem entschuldigt waren – gab es an diesem Nachmittag, an dem zum zweiten Mal nach der Fusion von SFB und ORB zum RBB im Jahr 2003 ein Intendant bestimmt werden sollte. Somit kamen weit mehr Rundfunkratsmitglieder zusammen als für eine gültige Wahl mindestens benötigt worden wären. Zwei bis drei Kandidaten sollte die Kommission dem Rat zur Wahl vorlegen, so lautete die Aufgabe, die mit Patricia Schlesinger vom NDR und dem ZDF-Mann Theo Koll erfüllt wurde. Beide verfügen über die in der Ausschreibung geforderte Leitungserfahrung, sie als Leiterin des Programmbereichs Kultur und Dokumentation, er als Studio-Chef für Frankreich und Nordafrika mit Sitz in Paris.
Der Rat tagte hinter geschlossenen Türen. Die komplette dritte Etage war während des nicht-öffentlichen Teils der Sitzung gesperrt, so dass niemand außer dem Rat vorab einen Blick auf die Kandidaten werfen konnte.
„Es gibt eine echte Wahl, wir sollten das heute hinbekommen“, gab sich Kirchbach zu Beginn der Sitzung zuversichtlich. Der Intendantenposten des öffentlich-rechtlichen Senders wird für fünf Jahre besetzt. Die dritte Amtszeit von Dagmar Reim hätte erst in zwei Jahren geendet, die überraschende Entscheidung zum vorzeitigen Amtsverzicht hatte die Intendantin im vergangenen November mit privaten Gründen erklärt.
Volker Herres trat dann doch nicht an
Kirchbach bedauerte, dass viele Details aus den Beratungen und Gesprächen der Findungskommission den Weg in die Öffentlichkeit gefunden hätten. Das habe auch dazu geführt, dass sich am Ende nur zwei statt drei Bewerber zur Wahl gestellt haben, sagte die Ratsvorsitzende. Volker Herres, Programmchef der ARD, hatte zunächst lange gezögert, bis er sich als Kandidat aufstellen ließ. Eine Woche vor der entscheidenden Rundfunkratssitzung gab er dann aber bekannt, seine Kandidatur doch zurückzuziehen. Die Findungskommission habe angemessene Wahlvorschläge gemacht, sagte die Chefin des zehnköpfigen Gremiums. Insgesamt hatten 28 Bewerber auf die öffentliche Ausschreibung reagiert – allerdings erfolglos, denn zur Wahl zugelassen wurden sie nicht.
Dies galt auch für die drei internen Bewerber. Die RBB-Direktoren Hagen Brandstätter (Verwaltung), Claudia Nothelle (Programm) und Reinhart Binder (Justiziar) wurden nicht berücksichtigt, auch ein Vorschlag aus der über 3000-köpfigen Mitarbeiterschaft ist von der Findungskommission verworfen worden. Die Diskussion über die Qualifikation der Bewerber bezeichnete Kirchbach als unerfreulich und dankte ihnen im Namen des Rates für ihre professionelle Arbeit.