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Kommissar Faber (Jörg Hartmann, links) und Gerichtsmediziner Jonas Zander (Thomas Arnold) untersuchen die Leiche des ermordeten Neonazi-Führers Fischer.
© WDR/Thomas Kost

"Tatort" aus Dortmund: „Nazi kann jeder“

Der Dortmunder „Tatort“ ermittelt tief im braunen Sumpf. Die Figur des Kommissar Faber alias Jörg Hartmann ist dabei weiterhin weit entfernt von Normalität.

Der Umgangston im Ruhrgebiet wirkt auf Außenstehende mitunter etwas rau, obwohl die Menschen im persönlichen Kontakt sehr umgänglich sind. Auf die Stimmung im Dortmunder Polizeipräsidium im neuen ARD-„Tatort“ an diesem Sonntag trifft dies absolut nicht zu. Hier liegt anscheinend jeder mit jedem im Clinch. Nicht nur im Team von Kommissar Peter Faber fliegen die Fetzen, auch das Verhältnis zu den Kollegen aus anderen Abteilungen befindet sich knapp vor offenen Kampfhandlungen. Gleich mehrfach sollen „Fressen poliert“ werden.

Mit dem neuen Dortmunder „Tatort“ trifft Drehbuchautor Jürgen Werner einen Nerv, der derzeit in der Ruhrgebietsstadt weit offenliegt. In den letzten Monaten eskalierte die Stimmung nach Aufmärschen von rechtsextremen Gruppierungen und Parteien wie „Die Rechte“. Zwischen linken Gegendemonstranten und der Polizei kam es zudem zu Prügeleien mit Verletzten. Bei den letzten Kommunalwahlen hat „Die Rechte“ einen Sitz im Stadtrat erobert. In der Wahlnacht wollten einige Neonazis sogar das Rathaus stürmen. Ein Grund für das Erstarken der Rechten in Dortmund wird in den ungelösten Problemen mit sogenannten Armutszuwanderern aus Südosteuropa in der Nordstadt gesehen.

„Für Typen wie den hat Gott den Flammenwerfer erfunden"

Ressentiments gegen Ausländer verortet die „Tatort“-Folge mit dem mythologischen Titel „Hydra“ auch in der Dortmunder Polizei. „Für Typen wie den hat Gott den Flammenwerfer erfunden“, raunt ein Beamter mit Blick auf einen offensichtlich ausländischen Mann, der nach einer Messerstecherei verhaftet wurde. Peter Faber (Jörg Hartmann) und seine drei Kollegen haben es hingegen mit einem erschossenen Neonazi zu tun. Der Anführer der rechten Szene in Dortmund war tot bei einem alten Hochofen des ehemaligen Stahlwerks „Phoenix“ gefunden worden. Ein erster Verdacht kommt auf, als die hochschwangere Ehefrau an ihrem Arbeitsplatz im Kindergarten über den Tod ihres Mannes informiert wird. „Die Jüdin, wer sonst“, sagt Tanja Fischer (Emily Cox). Gemeint ist Jedida Steinmann (Valerie Koch), deren Mann ein Jahr zuvor totgeprügelt wurde. Hauptverdächtiger war der Ober-Nazi, doch die Beweise reichten nicht aus.

„Hydra“ ist der fünfte „Tatort“ aus Dortmund. Neben den eigentlichen Fällen hatten die ersten vier Episoden den Tod von Fabers Frau und Kind als gemeinsame Klammer. In der Folge „Auf ewig dein“ hatte sich dann herausgestellt, dass es sich – wie von Faber schon lange vermutet – tatsächlich um Mord gehandelt hat. Doch obwohl der Täter gefasst wurde, ist Faber weiterhin weit entfernt von der Normalität und Ausgeglichenheit, die man von einem leitenden Polizeibeamten erwarten sollte. Er zerschlägt zwar keine Waschbecken mehr, provoziert aber weiter munter drauflos. „Nun nenn mich schon Arschloch“, sagt er zu seiner jungen Kollegin Nora Dalay (Aylin Tezel), die in diesem „Tatort“ ganz besonders gefordert wird – und dies nicht nur, weil sie als Deutsche mit türkischen Wurzeln von den Mitgliedern der rechten Szene beschimpft wird.

Daniel Kossik gerät selbst in Verdacht

Auch Daniel Kossik (Stefan Konarske), der vierte Kommissar in Fabers Team hat mit seinem Chef zu kämpfen. Zudem leidet der junge Beamte noch unter der Trennung von Kollegin Dalay, die sich von ihm nach einer Abtreibung getrennt hatte. Zu allem Überfluss stellt sich noch heraus, dass sein Bruder Tobias (Robert Stadlober) offen mit der rechten Szene sympathisiert. Als dann bekannt wird, dass Polizeiinformationen an die Szene durchgesickert sind, gerät Daniel Kossik selbst in Verdacht.

Kommissar Faber wird indes genau wie in den vorherigen Fällen umso ruhiger, je mehr sich eine Situation zuspitzt oder eine pragmatische Analyse nötig ist: „Deutscher, Grieche, Türke, Holländer – Nazi kann jeder“, erklärt er Nora Dalay nach der Vernehmung eines wahrlich nicht angenehmen Zeitgenossen. „Vergessen sie den Nazi. Fischer war ein Mensch, und ich will wissen, wer ihn getötet hat.“

In der Realität stellen sich die Dortmunder den Versuchen der Rechten, die Straße zu übernehmen, immer wieder in den Weg. Zum Jahreswechsel verhinderten sie mehrere Aufmärsche.

„Tatort: Hydra“, Sonntag, 20 Uhr 15, ARD

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