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Dominik Drutschmann sträubt ist gegen allzu viel digitale Intimität.
© Privat

Zu PAPIER gebracht: Mein Freund, der Computer?

Apples' Siri ist erst der Anfang. Bald reden wir mit einem Computer wie mit einem Freund. Aber wollen wir das?

Scarlett Johansson ist eine schöne Frau. Klar, dass die Macher des Films „Her“ gerade sie für die Rolle der betörenden Computerstimme besetzten, die dem Hauptdarsteller Joaquin Phoenix den Kopf verdreht. Der Film spielt in einer nicht näher erläuterten Zukunft, in der die Menschen kaum anders leben als wir heute. Mit dem Unterschied, dass sich alle permanent im Zwiegespräch mit ihrem witzigen, cleveren, ja, sehr persönlichen Computer befinden.

Siri war nur der Anfang

Dieser Unterschied könnte bald Geschichte sein. Wir befinden uns an der Schwelle zu einem Zeitalter, in dem wir anders, besser, noch intuitiver mit unseren elektronischen Geräten kommunizieren werden. Mit unserer Stimme. Siri war ein Anfang. Mit einem Computer zu reden wie mit einem Freund wird die zweite grundlegende Veränderung im Zeitalter der Computer sein.

Die erste habe ich gerade noch mitgemacht. Damals, Anfang der 1990er stand in dem Zimmer meines Bruders ein C64. Ich lernte die Textzeilen, die etwas in Gang setzten, das aus einer Floppy-Disk das Spiel „Summer Games“ auf den blauen Bildschirm zauberte. Wenig später musste ich auf der grafischen Oberfläche unseres ersten 386-PC nur noch Symbole klicken.

Hound soll auch komplexe Fragestellungen beantworten können

Jetzt also die nächste Welle. Bei der letzten Apple-Keynote wurde das neue Apple-TV präsentiert. Neu daran ist vor allem die Verbindung mit Siri. Hat man etwa einen Dialog aus einem Film nicht verstanden, sagt man einfach: „Was hat der gesagt“?, und der Film springt einige Sekunden zurück.

Aber nicht nur Apple bastelt am neuen Kommunikationszeitalter. SoundHound, eine App, die Songs erkennt, indem man ins Telefon summt, ist dabei, eine neue App herauszubringen: Hound, eine Sprachsoftware, die ähnlich wie Siri funktioniert, nur besser. Hound soll auch komplexe Fragestellungen beantworten können, Referenzen erkennen. Kurz: Es soll eine Software werden, die wirklich mit dem Nutzer redet.

Mit seinem Fernseher zu reden ist das eine. Mein Opa macht das seit Jahren, wenn ein Politiker spricht, den er nicht mag. Aber, mit dem Computer sein Innerstes teilen, gehaltvolle Gespräche führen, Gefühle für ihn entwickeln, wie in „Her“. Etwas in mir sträubt sich. Vielleicht ist es auch nur die Tatsache, dass Johansson Stimme, nicht nur dem Computer im Film ihre Stimme leiht.

In der Neuverfilmung des Dschungelbuchs wird Johansson die Schlange Kaa sprechen. Irgendwo zwischen Scarlett Johansson und der Schlange Kaa befindet sich mein Gefühl für die neue Technologie. Zwischen großer Lust auf die neue Technikspielerei und einem gewissen Ekel.

Dominik Drutschmann

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