In Zeiten von Trump: Medienkompetenz gegen Fake News
Fake News sind derzeit kaum zu verhindern, aber man kann lernen mit ihnen umzugehen. Wer Medien aktiv nutzt und reflektiert konsumiert, kann die notwendige Kritikfähigkeit herausbilden.
Hand aufs Herz: Kann Ihnen Ihr zehnjähriges Kind erklären, was Fake News sind? Wenn ja, hat es vielleicht auch im Fernsehen die Kindernachrichtensendung „logo“ auf Kika gesehen. Oder, etwas ferner gelegen, es hat im Internet auf einer recht guten Spezialseite von ard.de nachgeschaut: „Fake News – wie sie wirken und wie man sie entlarvt“.
Vielleicht hat es aber auch gar nichts in dieser Richtung unternommen und schüttelt den Kopf. Womit sich gerade in diesen aufgeladenen Zeiten wieder einmal die Frage nach der Medienkompetenz stellt, konkret, der Förderung von Medienkompetenz, und zwar nicht nur bei Kindern. Spätestens die Diskussionen um das Thema Fake News, Social Bots, Beeinflussung in Wahlkämpfen etc. sowie die Einsicht, dass wir Fake News im Grunde gar nicht unterbinden können, haben BDZV-Präsident Mathias Döpfner neulich wieder den Finger auf die Wunde legen lassen: Da sei Medienkompetenz gefragt. Das Netz, Facebook, Twitter et cetera verstärke gute und schlechte Dinge, es sei nicht zu verteufeln. Es müsse darum gehen, Nutzer in die Lage zu versetzen, den Wert einer Information einzuschätzen.
Beim Thema Medienkompetenz geht es ja nicht nur darum, zu verhindern, was Manfred Spitzer „Digitale Demenz“ nennt. Deutschlands bekanntester Gehirnforscher warnt seit Längerem vor den Gefahren des digitalen Zeitvertreibs unserer Kinder. Wissenschaftliche Studien belegen, dass bei intensiver Nutzung von Computerspielen und Online-Chats unser Gehirn abbaut.
Wer aber mahnt und warnt vor den Fake News, die beim ständigen Schauen auf das Smartphone, auf Tweets und News, kolportiert werden? Wie helfen Medien, wenn es darum geht, den Wert einer Information besser einschätzen können? Zeitung, Radio, das Fernsehen sind in der Pflicht, und das meint nicht nur die Fähigkeit, kolportierte Falschmeldungen später, möglichst rasch auch wieder zu korrigieren (wie die mit den falschen Zahlen in Sachen befristete Arbeitsverträge, die SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz benutzte). Das ist journalistisches Handwerk.
Das ist zu wenig, sagt die Expertin
Es meint auch ungewöhnliche Ideen wie die einer Art „Siebter Sinn“ fürs Internet, um im Fernsehen „auf unterhaltsame und informative Weise Grundregeln im Umgang mit dem Internet und den sozialen Medien zu lernen“. Medienexpertin Maya Götz, Leiterin des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen, hält von einem „Siebten Sinn“ fürs Digitale allerdings wenig. Das Thema könnte man zum Beispiel in der Sendung „Wissen vor acht“ vermitteln.
Eines steht für Götz fest, im Sinne Döpfners: Medienkompetenz sei eine der zentralen Kulturtechniken unser Zeit. „Es wurde zu lange vernachlässigt, nicht als zentrales Element erkannt, obwohl es in den Schulen in jedem Lehrplan steht.“ Der Begriff Medienkompetenz ist ja nicht neu. Durch aktive Benutzung der Medien soll sich eine Kritikfähigkeit herausbilden, die zum Auswählen und Bewerten unterschiedlicher Medienangebote genutzt werden kann. Wobei „Medienkompetenz“ oder „Medienkunde“ in Schulen heute noch oft genug bedeutet, sich mit der Klasse einen Kinofilm anzuschauen. Das ist zu wenig, sagt die Expertin.
Schalten Kinder dann zu Hause das Fernsehen ein, läuft öfters (und bestenfalls) der öffentlich-rechtliche Kinderkanal. Zum Beispiel „Timster“, ein Medienmagazin für Kinder, immer samstags, 17 Uhr 45. Da geht’s mehr ums Handwerkliche, sicheres Surfen, Apps und Smartphone-Nutzung als um die Fähigkeit, eine wahre von einer falschen Meldung zu unterscheiden. In Sachen Medienkompetenz könnte im Kinderfernsehen noch mehr getan werden, fordert denn auch Michael Gurt von der Zeitschrift „Flimmo“, die das Kinder- und Erwachsenenprogramm unter die Lupe nimmt, das drei- bis 13-Jährige gerne sehen oder mit dem sie als Mitseher in Berührung kommen.
Nun ist es mit der Resilienz gegen Fake News bei Erwachsenen auch nicht so gut bestellt, wie die Durchschlagskraft der jüngsten Fake-News-Beispiele zeigt: Flüchtlinge urinieren gegen Kirchen, Hillary Clinton leitet Kinderporno-Ring, es gehen Koran-CDs mit Gift um. Das sind Fake News, also Lügenmärchen, die gezielt verbreitet – und geglaubt – werden.
Wie Twitter-Bots Stimmung machen
Einigkeit besteht darin, dass das öffentlich-rechtliche Fernsehen vor allem in seinen Nachrichtensendungen und Magazinen eine gute Arbeit leistet, hilft, diese Märchen zu erkennen. Eine ZDF-Sprecherin verweist auf ein breitgefächertes Informationsangebot. Eine spezielle Ratgebersendung wäre für diesen Zweck weder zeitgemäß noch wirkungsvoll.
„Wir bieten im Programm des ZDF und seiner Digitalkanäle sowie der ZDF-Mediathek eine breite Palette an Sendungen und Berichten, die sich kritisch mit den Auswirkungen der Digitalisierung auseinandersetzen, Chancen und Risiken der sozialen Medien beleuchten oder einfach Tipps zum richtigen und sicheren Umgang mit dem Internet vermitteln.“
Der Mainzer Sender will darüber hinaus vor der Bundestagswahl einen Faktencheck einführen. Ab Mai solle ein Recherche-Team Meldungen in sozialen Netzwerken und Politikeraussagen (wie zum Beispiel die von Martin Schulz) prüfen. „Damit sich die Wähler fair entscheiden können, müssen sie wissen, welche Information richtig ist und welche falsch”, erklärte ZDF-Chefredakteur Peter Frey.
Vorbildlich ist in diesem aufklärenden Sinne schon jetzt eine Website der ARD: ein „ard.de-Spezial: Fake News“. Die Macht der Social Bots, wie Twitter-Bots Stimmung machen, wie Fake News wirken und wie man sie entlarvt, Programme gegen Fake News, echt oder fake – so erkennt man Falschmeldungen – diese Themen-Seite aus dem Netz könnte Grundlage jedes Schulunterichts zum Thema Medienkompetenz sein.
Ein reflektierterer Umgang mit den Medien zur Abwehr von Fake News – am Ende ist es naheliegend, wie Thomas Feibel sagt, dem Fernsehen diese Aufgabe übertragen zu wollen. Schließlich habe es immer noch eine sehr hohe Verbreitung. „In erster Linie muss aber die Schule ran, bei kleinen Kindern die Eltern. Passende Formate können nur unterstützen, entbinden uns aber nicht vom Erziehungsauftrag.“ „logo“ gucken können Eltern und Kinder dann ja gemeinsam.