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Theo Clüver (Robert Atzorn, links) und Hinnerk Feldmann (Oliver Wnuk) holten mit "Nord Nord Mord" 7,16 Millionen Zuschauer.
© ZDF und Marion von der Mehden

TV-Quoten: Krimi, Krimi, Krimi - und das Publikum ist begeistert

Das neue Fernsehjahr beginnt, wie das vergangene aufgehört hat: Mit Krimis auf allen Kanälen.

Das ZDF nimmt nach drei Tagen Fernsehen im neuen Jahr schon wieder die Position ein, die es auch für 2016 eingenommen hat: die Spitzenposition nämlich. Nach der Quotenmessung für Sonntag, Montag und Dienstag liegen die Mainzer mit 14,5 Prozent vorne (Jahreswert 2016: 13,0 Prozent). Dahinter folgt die ARD mit 10,8 Prozent vor dem Privatsender RTL mit 9,0 Prozent. Das marktführende Zweite hat nichts anderes getan, als was es auch im vergangenen Jahr getan hat: Es hat Krimis um 20 Uhr 15 gezeigt. Am Dienstag waren 7,16 Millionen Zuschauer willens und in der Lage, einer neuen "Nord Nord Mord"-Folge mit Robert Atzorn zu folgen. Das ist fast schon eine "Tatort"-Quote. Der "Polizeiruf 110" im Ersten war übrigens am Sonntag der Spitzenreiter. Und am Montag der erste Teil eines neuen "Taunus"-Krimis im Zweiten.

Der massive Zuspruch bestätigt eine Zahl aus 2016. Danach lag die durchschnittliche Sehdauer je Bundesbürger bei 223 Minuten, exakt der Wert, der auch 2015 gemessen wurde. Das lineare Fernsehen, mindestens so tot gesagt wie tot geschrieben, sendet ungebrochen auf einem hohen Attraktivitätsniveau. Streaming à la Netflix oder Amazon Prime mag erfolgreich sein - die Betreiber geben überhaupt keine Zahlen heraus -, ARD, ZDF, RTL & Co. bleiben das Maß aller Dinge in Fernseh-Deutschland.

TV-Spannung übertönt die Langeweile

Nix dagegen, nur dagegen gegen das Programm, das den Erfolg des traditionellen Mediums erkauft. RTL kommt mit der 14. Staffel von "DSDS" auf den Markt, die ARD versinkt in der Quizmanie und zusammen mit dem ZDF im Krimi-Wahn. Namentlich das ZDF lebt dieses Paradox mit großer Freude aus: Das einfallsloseste Programm(-schema) im deutschen Fernsehen ist zugleich das erfolgreichste. Raten Sie mal, was am Freitag und am Samstag um 20 Uhr 15 gesendet wird? "Der Staatsanwalt" baut die Brücke zum "Starken Team".

Die Macher werden über solche Klage den Kopf schütteln. Wir bieten, was das Publikum sehen will. Wir sind TV-Dienstleister, hurra, die Zuschauer schätzen uns millionenfach. Also das Publikum bashen? Ein Publikum, das es liebt, im Fernsehsessel jenen Mord und Totschlag, sprich jene Gefahr zu goutieren, die ihm wahren Leben auf allen Wegen zu meiden ist. Grober formuliert: In der TV-Primetime des Spannungsfernsehens wird die Langeweile des eigenen Daseins erträglich gemacht.

Die Programmleute und das Publikum, sie haben sich aneinander gewöhnt und sie verwöhnen sich gegenseitig. Noch immer kein Grund zum Grübeln, zur auch nur kleinsten Veränderung im Verhalten? 2017 wird ein Jahr des US-Präsidenten Donald Trump, der Bundestagswahl, ja, auch der gewaltsamen Zeitläufte in Syrien und anderswo und vielleicht überall auf der Welt.

Breaking-News-Momente - woher, warum, von wem, wieso? Da wird es viel Ahnungslosigkeit, viel Schulterzucken geben im weiten Rund der TV-Maniacs, auf jeden Fall einen Überschuss an Überraschung, dass die Fiktion des Fernsehens und die Faktizität der Nachrichten so sehr auseinanderfallen. Und weil so was von so was kommt, ist die Massivität der Krimiunterhaltung ein Fehler. 2017 muss ein Jahr der Information sein.

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