Antisemitismus-Doku: Jetzt ist auch Arte wieder dabei
"Auserwählt und ausgegrenzt": ARD bringt Doku und Diskussion - und plötzlich ist auch Arte dabei, das die Ausstrahlung vehement abgelehnt hatte
Bei Bild.de war sie für 24 Stunden zu sehen, längst kursiert sie im Internet, und am Mittwoch zeigt sie auch die ARD: die Dokumentation „Auserwählt und ausgegrenzt – Der Hass auf Juden in Europa“. Die Ausstrahlung des 90-Minuten-Beitrages von Sophie Hafner und Joachim Schroeder beginnt um 22 Uhr 15, um 23 Uhr 45 schließt sich die Talkshow „Maischberger“ an.
Darin sollen auch die „handwerklichen Mängel“ des Filmes diskutiert werden, wie ARD-Programmdirektor Volker Herres sagte. Denn gerade diese vermeintlichen oder tatsächlichen Fehler, so sollen Tatsachenbehauptungen nicht belegt und Betroffene mit den im Film erhobenen Vorwürfen nicht konfrontiert worden sein, haben die Dokumentation zum medialen Politikum gemacht.
Schon der Einstieg gibt den provokanten Ton vor: Palästinenserpräsident Mahmud Abbas behauptet vor dem Europäischen Parlament, dass einige Rabbiner die israelische Regierung aufgefordert hätten, das Wasser der Palästinenser zu vergiften. Eine „Ritualmordlegende“, heißt es aus dem Off, die sich über Jahrhunderte seit dem Mittelalter halte: die Juden als Brunnenvergifter. Sofort danach Aufnahmen des antisemitischen Nazi-Propagandisten Julius Streicher, der immer wieder gegen die Juden hetzte.
Arte erkannte Thema-Verfehlung
Ursprünglich sollte der Film im Arte-Programm laufen, der WDR war mit der Produktion beauftragt worden. Die ARD-Anstalt befand die Doku der Ausstrahlung wert und lieferte dem Kulturkanal die Produktion zu. Der wiederum erkannte auf Thema-Verfehlung. Die Autoren hätten sich nicht wie verabredet um den wachsenden Antisemitismus in Europa gekümmert, sondern zumeist im Nahen Osten gedreht. Arte sei „über diese fundamentalen Änderungen bis unmittelbar vor Lieferung des Films bewusst im Unklaren gelassen“ worden, hieß es aus Straßburg. Also keine Arte-Ausstrahlung.
Nun war der WDR wieder am Zug, der nach erneuter Sichtung plötzlich „handwerkliche Bedenken“ hatte. Und: „Ob und in welcher Form eine Veröffentlichung möglich ist, werden wir nach gründlicher Prüfung entscheiden“, teilte der Sender am 8. Juni mit. Mittlerweile hatte der Zentralrat der Juden in Deutschland gegen die Arte-Entscheidung protestiert, Historiker wie Götz Aly und Michael Wolffsohn – „Insgesamt ist diese Doku ein ganz großer Wurf, die mit Abstand beste zum Thema“ – plädierten auf Ausstrahlung. In dieses Vakuum hinein veröffentlichte Bild.de am vergangenen Dienstag die Doku auf seiner Plattform für 24 Stunden. Arte und WDR nahmen den „Doku-Leak“ aufatmend zur Kenntnis.
Jetzt sendet auch Arte
Am vergangenen Freitag suchten Sender und das Erste die Offensive. Die Dokumentation „Auserwählt und ausgegrenzt – Der Hass auf Juden in Europa“ wird doch im öffentlich-rechtlichen Programm gezeigt. „Nur so kann sich das Fernsehpublikum ein eigenes Bild“ machen, begründete ARD-Programmchef Herres die überfällige Entscheidung. Und auch Arte besann sich am Dienstag eines Besseren. Die „ARD-Sondersendung“ wird vom deutsch-französischen Kulturkanal am Mittwoch um 23 Uhr übernommen, „um einen identischen Kenntnisstand des Arte-Publikums in beiden Ländern zu ermöglichen.“
„Auserwählt und ausgegrenzt – Der Hass auf Juden in Europa“, 22 Uhr 15; „Maischberger“, 23 Uhr 45; ARD, Mittwoch, Arte, Mittwoch 23 Uhr
Joachim Huber
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