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Rainer Langhans war 1967 Mitglied der „Kommune I“. 2011 nahm der heute 75-Jährige an der fünften Ausgabe des RTL-Dschungelcamps teil.
© RTL

Rainer Langhans über das Dschungelcamp: „In der Kommune lief das anders“

Rainer Langhans über "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus" als Kommune-Erfahrung, die Flüchtlingsfrage und die Zukunft der RTL-Show. Heute Abend geht's wieder los mit dem Dschungelcamp um 21.15 Uhr.

Am Freitagabend ist es wieder so weit: Um 21 Uhr 15 ziehen die Kandidaten der RTL-Show „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus“ ins australische Dschungelcamp. In der zehnten Ausgabe der Sendung konkurrieren in 16 Folgen zwölf statt wie sonst zehn Kandidaten um die Krone des Dschungelkönigs.

Moderiert wird die RTL-Sendung erneut von Sonja Zietlow und Daniel Hartwich. Neben Brigitte Nielsen, die beim Sommer-Camp gewann, sind Sänger Gunter Gabriel, Nathalie Volk („GNTM“), Jürgen Milski („Big Brother“), Ex-Fußball-Profi Thorsten Legat, Model Sophia Wollersheim, David Ortega („Köln 50667“) , TV-Coach Helena Fürst, Menderes Bagci („DSDS“), Moderator Ricky Harris, Schauspieler Rolf Zacher und Schauspielerin Jenny Elvers dabei. Wir haben mit Rainer Langhans, der 2011 an der Show teilgenommen hat, über das Camp gesprochen.

Herr Langhans, vor fünf Jahren sind Sie ins RTL-Dschungelcamp gezogen. Wie lebendig ist die Erinnerung daran?

Das Camp ist für mich eine interessante menschliche Erfahrung, eine Kommune-Erfahrung, wie ich es nenne.

Im Dschungelcamp sind aber doch ganz andere Menschen als in der Kommune.

Die sind gar nicht so unterschiedlich. Wir waren damals auch mit dieser Welt nicht einverstanden und haben versucht, eine neue Art des Zusammenlebens zu erschaffen. Auf einem anderen und einfacheren Niveau ist das im Dschungelcamp genauso. Das sind Leute, die alle aus dem Showgeschäft rausgefallen sind und nun versuchen, durch das Dschungelcamp und die Kommune-Erfahrung dahin zu gelangen, dass man sie wieder mag. Die Leute wollten sich neu erfinden, um ein neues, anderes Leben zu finden, das sie wieder ins Fernsehen führen würde.

Was haben Sie für sich aus dem Camp mitgenommen?

Ich wurde mit sehr viel Geld konfrontiert und musste damit umgehen. Durch das Camp haben sich aber auch viele Gesprächsmöglichkeiten ergeben. Vor allem die ganz Jungen konnten plötzlich eine Figur wie mich, der ja ihr Großvater sein könnte, verstehen und fanden mich total cool. Die etwas Älteren und die Alten sowieso haben das dagegen kaum verstanden und mich deshalb auch ziemlich früh aus dem Dschungelcamp rausgenommen.

Was war an dem Geld problematisch?

Für meine Verhältnisse war das sehr viel Geld, das ich für die Teilnahme erhielt. Viel mehr, als ich in meinem Leben je in meiner Nähe gesehen hatte. Das wollte ich dann wieder loswerden. Ich habe es gespendet, und zwar nicht mehr in die alte, sondern in die neue Welt. Einen Teil habe ich Wikileaks gegeben und einen noch größeren Teil der Piratenpartei, alles eben Internet.

Der RTL-Show sind Sie aber treu geblieben?

Ich habe mir das jedes Mal angeguckt. Das letzte Jahr fiel mir das Zusehen allerdings sehr schwer, das war schon ziemlich schlecht. Nicht nur durch den Tod von Dirk Bach, sondern auch sonst ist das Format ein bisschen heruntergekommen. Dieses Jahr scheint es allerdings wieder ein bisschen in unsere Richtung zu gehen. Das lässt mich hoffen. Trotz der Zurichtung durch RTL bleibt es eben eine Kommune-Erfahrung, wie Menschen in einer einfachen Situation gut leben können. Das ist auch eine Lehre für das Flüchtlingsproblem. Das Camp ist die Ur-Situation, wie man so etwas machen kann.

Wird ein Fernsehformat damit nicht deutlich überfrachtet?

Wenn das Camp eine der quotenstärksten Sendungen des Jahres für RTL und das gesamte Fernsehen ist, dann muss dort doch etwas ganz Wichtiges drin sein. Das kann man nicht allein mit Schadenfreude erklären. Vielmehr zeigt das Camp, wie man miteinander menschlicher umgehen kann, beziehungsweise, wie man das üben kann. Wenn Sie so wollen, ist das eine gigantische Therapiesendung.

Aber wie kann das beim Umgang mit der Flüchtlingsproblematik helfen?

Im Camp treffe ich auf furchtbar fremde Leute. Solche abgehalfterten Show-Typen eben. Die sind mindestens so fremd wie ein Syrer. Doch im Camp müssen und werden sie miteinander umgehen. Bei den Flüchtlingen ist die Situation durch die anderen Kulturen zwar etwas verschärft, aber die Show ist für die Zuschauer dennoch eine Lehre, wie man das schaffen kann – auch wenn ihnen dies nicht so bewusst sein mag.

Je länger die Show läuft, desto deutlicher wird, wie dort mit Schablonen gearbeitet wird.

Was da passiert, ist ja im Grunde ziemlich läppisch, auch wenn es fürs Fernsehen ganz groß aufgeblasen wird, die „Zicke“, der „Idiot“. Dennoch bleibt es spannend, weil wir in verschiedenen Rollen zusammenkommen. Aus diesen Rollen heraus müssen wir zu unserer Menschlichkeit finden. Und die Flüchtlinge kommen in dieser Flüchtlingsrolle. Die Rollen müssen ein Stück weit abgelegt werden, damit sie mit den Menschen, auf die sie treffen, zurechtkommen können. Bleiben sie in den Rollen, können sie im Camp den anderen nur verständnislos bis feindselig zuschauen, wie sie ihre Performance abliefern.

Wie ehrlich gegenüber den Zuschauern ist das, was nachher zu sehen ist?

Es stimmt tatsächlich weitgehend, dass RTL nur das verstärkt, was ein Teilnehmer von sich zeigt. In meinem Fall haben sie das nicht immer ganz eingehalten. Zunächst wollten sie, dass ich die Leute zusammenhaue, dass ich ihnen sage „Was seid Ihr für Arschlöcher, macht mal richtig Kommune“. Das habe ich nicht gemacht und mich anders mit den Leuten verständigt. Und das passte dem Sender nicht, denn er wollte nur Krieg. Und wenn sich jemand konsequent verweigert, dann wird er eben als Langweiler mit den Händen in der Tasche hingestellt. Dabei habe ich mich als Teamchef während einer Überschwemmung abgestrampelt.

In Ihrer Staffel hat Peer Kusmagk gesiegt. War die Wahl ehrlich?

Ich habe mich schon gewundert, weil er auch sehr nachdenklich war und mindestens so ein Langweiler wie ich. Bei ihm haben sie das alles als toll hingestellt. Wenn man so will, war er ein guter „Dschungelkönig“ – dieser Blödsinn. Ich persönlich hätte es besser gefunden, wenn sie mehr einen Typen wie mich gezeigt hätten, der andere Dinge macht als nur zu lästern, zu zicken oder zu weinen. In der Kommune wäre das anders gelaufen.

Welche Chancen hatten Sie sich ausgerechnet?

Mir war schon klar, dass ich nicht so weit kommen werde. Ich hatte mir vertraglich zusichern lassen, dass ich diese ganzen Prüfungen nicht machen und keine Tiere essen oder quälen muss. Ich wollte nicht unbedingt Dschungelkönig werden, weil ich das albern finde. Aber ich hätte es gut gefunden, wenn jemand, der so anders ist, in der Mitte der Gesellschaft gezeigt worden wäre. Manche nannten mich daher „Dschungelkönig der Herzen“.

Haben Sie für diese Staffel einen Favoriten?

Mich interessiert dieser Wettbewerb nicht so, sondern eher die Dynamik. Und da habe ich schon einige Erwartungen. Ich denke, dass Gunter Gabriel und Rolf Zacher – die ich gut kenne – etwas Interessantes bringen werden. Die anderen kenne ich kaum.

Wann sollte RTL darüber nachdenken, ob sich das Dschungelcamp nicht totgelaufen hat?

Das wird nicht so schnell eintreten. Die Erfahrung der Menschen miteinander in der Zukunft, das wird sich so schnell nicht erschöpfen. Wir sind noch weit davon entfernt – siehe Flüchtlingsproblematik, Fremdenhass –, dass wir das alles hinkriegen. Ich kann noch nicht absehen, dass wir eine solche Sendung als unbewusste Vorbereitung auf diese Herausforderung nicht mehr brauchen.

Also entscheidet die Quote?

Die Quote sagt auch etwas über die Inhalte aus. Wenn RTL die Sendung nicht so doof macht wie das letzte Mal und interessante Leute auch aus der Mitte der Gesellschaft kriegt, dann werden sie noch eine Weile mit dieser Kommune-Vorstellung Quote machen. Wir brauchen das, wir wollen so etwas sehen.

Das Interview führte Kurt Sagatz.

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