Das Duell der Journalisten: Illner und Köhr moderierten am Dreikampf vorbei
ZDF-Talkerin Maybrit Illner und ARD-Chefredakteur Oliver Köhr unterbrachen sich ständig gegenseitig. So wurde der Dreikampf zum Zweikampf. Ein Kommentar.
ARD-Chefredakteur Oliver Köhr und die ZDF-Talkerin Maybrit Illner hatten Großes vor. Sie wollten beim „Triell“ mit Annalena Baerbock (Die Grünen), Armin Laschet (CDU) und Olaf Scholz (SPD) die Kanzlerkandidatin und die Kanzlerkandidaten „aus der Komfortzone locken“, sich „Überraschungsmomente“ gönnen. Das ist der Moderatorin und dem Moderator am Sonntagabend gelungen. Aber in einem verdrehten Sinn: Illner und Köhr haben sich gegenseitig aus der Komfortzone gelockt, gereizt, das Triell der Spitzenpolitik zu einem Duell der Moderation umfunktioniert. Sie haben sich unterbrochen, sind sich gegenseitig ins Wort gefallen.
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Der Dreikampf als Zweikampf, das musste nicht sein. Wenn sich ARD und ZDF auf ein Miteinander beim vielleicht wichtigsten Event im TV-Wahlkampf verständigen, das Erste auf den „Tatort“ verzichtet, das Zweite auf sein „Herzkino“, wächst daraus eine Verantwortung: die Konkurrenz bei den Kandidaten zu suchen und finden, mit strukturiertem Aufbau und Fragenkatalog Unterschiede in Programm und Persönlichkeit herausdestillieren zu wollen. Die Substanz der Inhalte ist wichtiger als die Suggestion von Inhalten. Damit das Aufeinandertreffen zur Entscheidungshilfe bei der Wahlentscheidung wird.
Illner und Köhr haben an ihrer eigentlichen, ureigensten Aufgabe vorbeimoderiert, womit sich sogleich die Frage stellt, ob die schon bei den vorausgegangenen Duellen unglückliche Konstellation, dass sich verschiedene Sender auf ein Gemeinschaftsprogramm einigen (müssen), hier unnötigerweise perpetuiert wurde. Das erste „Triell“ vor der Bundestagswahl war eine reine Veranstaltung des Privatsenders RTL.
RTL-Triell vorn
Duell-Veteran Peter Kloeppel hatte dabei immer wenig die Nase vorn vor Neuzugang Pinar Atalay, insgesamt gab es jedoch eine einverständige Zielrichtung der Fragen und Nachfragen an die Kandidatin und Kandidaten.
Vor diesem Hintergrund wird es zum Rätsel, wenn sich Oliver Köhr am Montag in einer ARD-Pressemitteilung folgendermaßen zitieren lässt: „Unser Ziel war ein kontroverses Streitgespräch, bei dem die Unterschiede in den Positionen deutlicher hervortreten sollten. Das ist uns gelungen. Wir konnten die Kandidat:innen bei vielen Themen aus der Reserve locken. Das waren 95 Minuten geballte Information.“
Diese Einschätzung wird nicht überall geteilt. Aus Senderkreisen ist durchaus Kritik am Auftreten von Moderatorin und Moderator zu hören.
Wann immer ARD und ZDF eine Veranstaltung parallel übertragen, dann gewinnt das Erste. Es liegt auf Taste eins der Fernbedienung. So also auch das Resultat des „Triells“ am Sonntag. Das parallel bei ARD und ZDF ausgestrahlten „Dreikampf ums Kanzleramt“ haben um die elf Millionen Fernsehzuschauer verfolgt. Es dürfte das meistgesehene Spitzenkandidatenformat dieses Wahlkampfes bleiben. Im Ersten schalteten 7,36 Millionen ein, im Zweiten 3,51 Millionen (11,5 Prozent), auch Phoenix übertrug.
Beste Quote für "Anne Will"
Das ZDF durfte sich damit trösten, dass das "heute-journal" nach dem Triell 3,57 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer erreichte, also mehr als der Dreikampf zuvor. Mit der großen Quote im Vorlauf kam auch „Anne Will“ zu ihrer Jahresbestleistung: 5,85 Millionen verfolgten die Aufarbeitung des Triells.
Es war das zweite Triell des Bundestagswahlkampfs 2021. Am 29. August hatten die Sendung bei RTL/ntv zusammen etwa 5,6 Millionen Zuschauer verfolgt. Ein drittes Triell mit dem Moderatorinnenduo Linda Zervakis und Claudia von Brauchitsch ist am 19. September bei ProSieben, Sat 1 und Kabel eins geplant.
Mit etwa 21 Millionen Zuschauern hatte das Duell zwischen Gerhard Schröder (SPD) und Angela Merkel (CDU) am 4. September 2005 die bisher höchste Zuschauerzahl aller TV-Duelle. Dieser Rekord wird diesen Fernseh-Wahlkampf überdauern.