Doping-Berichte bei Olympia: Hajo Seppelt, der Störenfried
Am Thema Doping führt bei den Olympischen Spielen kaum ein Weg vorbei, auch dank Hajo Seppelt. Medaillen und Rekorde hier, Doping-Verdacht dort - für ARD/ZDF ist das ein Spagat.
Es will nicht so recht ins Bild passen, wenn jetzt Abend für Abend Hajo Seppelt in den ARD-„Tagesthemen“ aus Rio de Janeiro zugeschaltet wird und erzählt, was wir von den am Freitag beginnenden Olympischen Spielen zu halten haben, angesichts der vielen Doping-Geschichten drumherum.
Für viele Fernsehzuschauer war und ist Olympia alle vier Jahre ja immer ein problemzonesfreies TV-Highlight im Sommer. Für viele Fernsehzuschauer ist Hajo Seppelt der „Anti-Doping-Mann“, dessen Berichte einen großen Schatten auf diese Spiele werfen, dessen Recherchen dazu beitrugen, dass russische Leichtathleten von den Olympischen Spielen ausgeschlossen wurden; kurz, dessen Arbeit sich von den Berichten seiner Kollegen über Rekorde und Ergebnisse deutlich absondert.
Welcher ARD-Reporter käme schon auf die Idee, ein Webportal namens sportsleaks.com zu gründen, eine Internetseite, die sich an so genannte Whistleblower weltweit aus dem Sport richtet, wie die russische Anti-Doping-Aktivistin Julia Stepanowa?
Die Informationen, die dort hinterlassen werden, sollen auf gesicherten Servern gegespeichert werden. Ein internationales Netzwerk von Journalisten kann dann mit diesen Informationen arbeiten. „Es geht nicht um Business. Das ist ein Non-Profit-Unternehmen“, sagt dazu Seppelt. Die Website ist Hajo Seppelts persönliches Projekt, teilte eine WDR-Sprecherin mit. Der WDR sei hier nicht involviert.
Viel Zeit zur Pflege dieses Portals im Aufbau dürfte der Reporter in den nächsten Wochen nicht haben. Gibt es einen neuen Anti-Doping-Scoop? „Ich werde natürlich nicht sagen, welche Recherchen mich hierhin geführt haben, das Wesen einer investigativen Recherche ist, dass man darüber vorher nicht redet“, sagte Seppelt dem NDR-Magazin „Zapp“.
Wer ist eigentlich gemeint, wenn Seppelt „wir“ sagt?
Es gehe nicht nur um Russland. „Die Berichterstattung der ARD-Doping-Redaktion konzentriert sich nicht auf ein Land. Es gibt keine, wie es viele Russen in ihren Verschwörungstheorien behaupten, politische Agenda hinter unserer Arbeit. All das, was wir machen, basiert auf Informationen, die wir bekommen.“
Wer ist eigentlich gemeint, wenn Seppelt „wir“ sagt? Bei Olympia werde Hajo Seppelt als freier Mitarbeiter vom NDR beschäftigt, sagte eine WDR-Sprecherin dem Tagesspiegel. Grundsätzlich sei Seppelt durch die neuesten Enthüllungen als ARD-Doping-Experte in Deutschland und mittlerweile auch international hoch geschätzt und arbeite unverändert als freier Mitarbeiter für den WDR. „Derzeit prüfen wir, wie wir das deutlich gewachsene Informationsbedürfnis unseres Publikums erfüllen und die Erfolge der ARD in der Doping-Berichterstattung fortschreiben können.“ Wie eine unverbrüchliche Treueerklärung klingt das nicht.
Seppelt gilt als unermüdlich, geradezu besessen von seiner Anti-Doping-Mission, hat dafür den Hanns-Joachim-Freidrichs-Preis erhalten. Seit mehr als 20 Jahren recherchiert er zum (lange Zeit geächteten) Thema. Seine Recherchen über Doping im Radsport und beim Biathlon passten nicht ins Bild der ARD-Übertragungen.
2006 berichtete Seppelt ausführlich über Doping im Radsport. Die ARD übertrug die „Tour de France“. ARD-Sportkoordinator Hagen Boßdorf wollte ihn absetzen. Zwei Jahre später sorgte Seppelt abermals mit Recherchen über Doping im Biathlon für Aufsehen. Zuletzt trugen Seppelts Recherchen dazu bei, dass russische Leichtathleten von den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro ausgeschlossen wurden.
Diesen Spagat zwischen großem Sport in Rio und Dopingberichten, den werden die Öffentlich-Rechtlichen, die viel Geld für die Olympia-Übertragungsrechte ausgegeben haben, aushalten müssen.
Für das ZDF ist Elmar Theveßen vor Ort. „Ich stehe in Kontakt zur Anti-Doping-Agentur Wada, den Verbänden und zum Partnersender NBC, habe auch die eine oder andere vertrauliche Quelle zur Thematik“, sagte Theveßen dem Tagesspiegel. Zudem kümmere er sich „bei Bedarf“ um Sicherheitsthemen. Hoffentlich wird wenigstens dieses Thema, die Terrorgefahr – anders als in Deutschland oder Frankreich – keine große Rolle spielen bei Olympia in Rio. An Doping-Stories führt kaum ein Weg vorbei.