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Moderne Kommunikation via Messenger.
© dpa

Digitale Nähe: Familienleben via Whats App

Der Messenger-Dienst entgrenzt. Geografisch, weil er Familienmitglieder in der Ferne zusammenführt. Zeitlich, weil er dauerhafte Kommunikation ermöglicht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christian Tretbar

Sonntag brummts. Bei Omas und Opas, Mamas und Papas, und bei den Kindern und ihren Freunden sowieso. Sie alle haben Handys, sie alle nutzen Whats App. Das Familienleben im Jahr 2017 wird über einen Messenger-Dienst organisiert und gelebt. Und fast alle machen mit. Wenn’s brummt, gibt's neue Nachrichten – sei es vom Enkel oder der Tante. Whats App ist zu einem festen Bestandteil der privaten Kommunikation geworden. Kein anderes Soziales Netzwerk ist so breit in der Gesellschaft verankert. Facebook, Twitter und die neue Börsenhoffnung Snapchat bestimmen die Schlagzeilen, der Alltagsriese aber heißt Whats App. Er ist der Familienkanal. 42 Milliarden Nachrichten werden über den Dienst verschickt – täglich. In Deutschland soll es über 30 Millionen aktive Nutzer geben. Damit ist der Messenger der größte seiner Art hierzulande – und auch weltweit.

Worauf beruht dieser Erfolg? Anders als Facebook und Twitter funktioniert Whats App nicht als öffentliches Forum der Meinungen und politischen Debatten. Wo Facebook und Twitter virtueller Marktplatz sind, ist Whats App eine Art digitales Wohnzimmer, in dem Freunde und Familie zusammenkommen können. Hier funkt kein Tweet von Donald Trump dazwischen. Hier ist man unter sich. Und genau weil Whats App so ein Gegensatz zu Facebook ist, hat Marc Zuckerberg die Plattform vor drei Jahren gekauft.

Messenger-Dienste, allen voran Whats-App, tragen wie kaum eine andere Software zur Digitalisierung unserer Lebensverhältnisse bei, auch weil sie intuitiv und einfach zu bedienen sind. Das hat gravierende Auswirkungen im Alltag. Beispiel Elternabend. Früher hatten alle Beteiligten nur einen Abend zu überstehen, bei dem von vielen vieles gesagt wurde. Heute organisieren sich Eltern in Whats App-Gruppen. Da kann jeder alles von sich geben und das permanent. Aber nicht alle müssen es lesen.

Eine Art Familienzusammenführung

Whats App entgrenzt. Geografisch, weil es Familienmitglieder, die in der Welt verstreut leben, zusammenführt. Zeitlich, weil sie 24/7-Kommunikation ermöglicht – mit all seinen Vor- und Nachteilen. Und Whats App entgrenzt demografisch, weil selbst Senioren mit dem Dienst umgehen können. Oma und Opa finden so über Whats App den Einstieg in den digitalen Alltag ihrer Enkel. Es ist eine Art Familienzusammenführung.

Ein Heilsbringer ist Whats App natürlich trotzdem nicht. Datenschützer raten zu anderen Diensten, weil sie weniger Daten von den Nutzern beanspruchen. Außerdem gibt es immer wieder Sicherheitslücken bei der Verschlüsselung der Nachrichten. Am Erfolg ändert das nichts.

Klar ist auch: Je einfacher es ist, zu kommunizieren – um so größer ist der Druck, dies zu tun. Totaler Entzug ist eine Option, aber keine kluge. Wer sich dem digitalen Diskurs entzieht, landet nur in der Isolation. Die Entwicklung wird weitergehen. In China ist man mit We Chat längst weiter. Mit diesem Messenger-Dienst wird nicht nur kommuniziert, sondern mit ihm wird der gesamte Alltag organisiert: Reisen, Theaterkarten, Restaurants, Öffentlicher Nahverkehr werden größtenteils damit gebucht und bezahlt.

Wichtig ist die bewusste Auseinandersetzung damit. Setze ich mir Kommunikationspausen? Gründe ich noch eine Gruppe oder verlasse ich eine? Sich diese Fragen zu stellen, hilft schon. Beantworten muss sie jeder für sich. Damit es eine Freude bleibt – wenn's brummt.

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