zum Hauptinhalt
Wall Street im Snapchat-Fieber. Der Zeitpunkt für den Börsengang ist günstig, Aktien in New York sind auf Rekordkurs.
© dpa/Justin Lane

Kurssprung von mehr als 50 Prozent: Snapchat startet furios an der Börse

Es ist der größte Tech-Börsengang seit Facebook: Die Aktie der Foto-App Snapchat ist mit hohem Kursgewinn am Aktienmarkt gestartet, obwohl das Unternehmen viel Geld verbrennt.

Das Börsendebüt der beliebten Smartphone-App Snapchat elektrisiert den Aktienmarkt. Der Muttergesellschaft Snap gelang am Donnerstag in New York ein furioser Start: Die Aktie gewann zeitweise mehr als 50 Prozent und notierte zum Börsenschluss mit einem Plus von 46 Prozent bei knapp 25 Dollar. Am Freitag fiel das Plus moderater aus. Snap wird mit 24 Milliarden Dollar bewertet – der höchste Betrag in der Technologiebranche, seit Facebook vor fünf Jahren den Einstand an der Börse feierte. Zum Vergleich: Die Deutsche Bank kommt auf einen Börsenwert von umgerechnet 28 Milliarden Dollar.

Der Zeitpunkt für den Börsengang war günstig, die Stimmung der Anleger ist aktuell glänzend: Der Dow-Jones-Index an der Wall Street war am Mittwoch erstmals über die Marke von 21000 Punkten gestiegen. Auch die Technologiebörse Nasdaq ist auf Rekordkurs. Der Dax stieg am Donnerstag zeitweise auf den höchsten Stand seit 2015. Zwar gaben die Kurse zuletzt wieder etwas nach – die Investoren bleiben aber risikobereit.

Große Nachfrage der risikobereiten Investoren

Das hatte sich am Mittwoch gezeigt, als Snap den Ausgabepreis für seine Aktie auf 17 Dollar festlegte. Damit ging das Unternehmen, das erst 2012 startete und keinen Cent Geld verdient, noch über die zuvor abgesteckte Spanne von 14 bis 16 Dollar hinaus. Die Nachfrage der Anleger war einfach zu groß, das Papier soll zehnfach überzeichnet sein. Insider sagten, Snap hätte auch 19 Dollar für seine Aktie verlangen können. Die Platzierung erreicht nun ein Volumen von 3,4 Milliarden Dollar (3,2 Milliarden Euro). Der Preis bedeutet, dass sich die Anleger darauf einlassen, Aktien ohne Stimmrechte zu kaufen, weil die Snap-Gründer Evan Spiegel (26) und Bobby Murphy (28) die Kontrolle behalten wollen. Bei beiden zusammen liegen fast 90 Prozent der Stimmrechte. Der Börsengang wird sie offiziell zu Multimilliardären machen. Auch frühe Investoren, die günstig bei Snapchat einstiegen, werden massiv profitieren.

Dabei ist die Snap-Aktie ein Hoffnungswert wie viele andere Tech-Werte in der Vergangenheit auch: Die Verluste sind höher als der Umsatz. 2016 sprang der Jahresumsatz zwar von 58,6 auf 404,5 Millionen Dollar, weil das Geschäft mit Werbeanzeigen in Fahrt kam. Snap verlor aber 514,6 Millionen Dollar, nach einem Fehlbetrag von knapp 373 Millionen Dollar 2015. Die Nachfrage nach der Aktie bremsen konnten auch nicht die eher schwachen Nutzerzahlen im vierten Quartal. So stockte das früher rasante Kundenwachstum Ende 2016 plötzlich. Snapchat hatte demnach im Schlussquartal im Schnitt rund 158 Millionen User am Tag. Im Vergleich zum dritten Quartal kamen nur noch fünf Millionen Nutzer hinzu. Als Snap bei Investoren für die Aktie warb, machten laut Medienberichten viele ihren Zweifeln Luft.

Konkurrent von Facebook, Whatsapp & Co.

Doch die Fantasie war am Ende stärker: Snapchat wird als einer der wenigen Plattformen zugetraut, die Dominanz von Facebook und dessen Tochter Whatsapp bei den Online-Netzwerken aufzuweichen. Snapchat wurde vor allem bei jungen Nutzern populär mit Fotos, die nach dem Ansehen von alleine wieder verschwinden. Inzwischen wird die App auch stärker für Kommunikation genutzt und zu einer Plattform für Medieninhalte ausgebaut. Markenhersteller nutzen den Dienst für ihr Marketing. Neben der App produziert Snap auch eine tragbare Kamera („Spectacles“) in Form einer Sonnenbrille und bezeichnete sich selbst als „Kamera-Firma“. Die Einnahmen aus dem Börsengang sollen unter anderem für Geschäftskäufe verwendet werden.

Den Snap-Börsengang beobachten viele Unternehmen, die ebenfalls in den Startlöchern stehen. So will der Fahrdienstvermittler Uber auch an die Wall Street. Das Unternehmen wird mit 68 Milliarden Dollar (64,4 Milliarden Euro) bewertet und hat seinen Finanzbedarf bisher mit Hilfe von privaten Investoren gestillt. „So schnell wie möglich“ will auch der Zimmervermittler Airbnb für einen Börsengang bereit sein, wie Mitbegründer Brian Chesky im November erklärte. Kurzfristig habe das mit rund 30 Milliarden Dollar bewertete Unternehmen aber „keine Absicht“ dazu. Immerhin soll das Unternehmen im zweiten Quartal 2016 Gewinn gemacht haben. Beobachter sehen zudem viele Anzeichen für einen Börsengang der Online-Speicherplattform Dropbox, die immerhin auf einen Wert von zehn Milliarden Dollar kommt: Dropbox verfügt nach eigenen Angaben über rund 500 Millionen Nutzer und prahlte kürzlich mit Umsatzzahlen, die auf ein Jahr hochgerechnet einer Milliarde Dollar nahekommen. mit dpa, AFP

Zur Startseite