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Der Mann, dem die Amerikaner am meisten vertrauen? Jon Stewart machte mit seiner "Daily Show" manchen Journalisten Konkurrenz
© dpa

USA: Jon Stewart verlässt die "Daily Show": "Du darfst nicht gehen!"

Am Donnerstag moderiert der Komiker Jon Stewart nach 16 Jahren zum letzten Mal die "Daily Show". Das bedauern viele, sogar Barack Obama

Ist Jon Stewart der Mann, dem Amerika am meisten vertraut? Diese Frage stellte die „New York Times“ einmal, 2008. Der Titel, „The most trusted man in America“, gebührte eigentlich dem ehemaligen Fernsehjournalisten Walter Cronkite, der historische Meldungen wie die Mondlandung oder die Ermordung John F. Kennedys verkündete. Jon Stewart ist kein Journalist, er ist Satiriker. Das musste er schon oft betonen, wenn man ihn als Journalisten kritisieren oder ehren wollte. Obwohl er zunächst mit Anzug hinter dem Pult in seiner „Daily Show“ so aussieht, als ob er gleich Nachrichten vorlesen würde.

Stattdessen machte er Witze über Nachrichten – so gut, dass die „Daily Show“ mit ihm als Moderator 18 Emmys gewann. Und zu einer Zeit, in der gute Witze über eine vermasselte Präsidentschaftswahl, einen Krieg und eine Wirtschaftskrise oft wie eine Prise Hoffnung für viele Amerikaner wirkten. Über 16 Jahre saß Jon Stewart am Pult der „Daily Show“, vier mal die Woche, um zehn Uhr abends in New York beim MTV-Tochtersender „Comedy Central“. Am Donnerstag moderiert er zum letzten Mal. Der englische „Guardian“ spricht vom „Ende einer Ära“.

"Daily Show", die Mutter der "Fake News"

Doch nicht nur Amerika, Fans in aller Welt schauen traurig auf den Abschied. Seit Oprah Winfrey hat die internationale Presse nicht so viel über den Rücktritt eines amerikanischen Fernsehmoderators berichtet. Die Zeitungen schreiben über ihn, er habe „alles“ verändert. Er habe den Demokraten wieder zum Aufschwung verholfen, die Nachrichtenberichterstattung zum Guten beeinflusst, er sei ein Gewissen, ein Patriot. Dinge, die man eigentlich Politikern oder eben Journalisten zuschreiben sollte. Wie schaffte es also ein Jon Stewart, ein Satiriker?

Die „Daily Show“, die eigentlich (noch) „The Daily Show mit Jon Stewart“ heißt, ist die erfolgreichste Sendung ihrer Sparte, den so genannten „Fake News“. Rund zwei Millionen Zuschauer schalten regelmäßig ein. Weitere Millionen schauen im Internet, sofern es das Geoblocking erlaubt. Seitdem Stewart die Moderation 1999 übernahm, verdoppelten sich die Einschaltquoten. Unter jungen Amerikanern ist die „Daily Show“ die meist genutzte Nachrichtenquelle. Das Konzept der Show wurde mehrmals übernommen, unter anderem von der deutschen ZDF-Sendung „heute show“. Moderator Oliver Welke übernahm selbst zunächst Stewarts Markenzeichen: das Rumkrickeln auf den Notizblättern zu Beginn der Show.

 Jon Stewart hielt an Prinzipien fest

Für Prominente hatte ein Interview bei Stewart Prestige. Das galt für Hollywoodstars genauso wie für Wissenschaftler und Politiker. So unvorbereitet der 52-jährige manche Interviews über Filmpremieren oder Buchneuerscheinungen führte, so hart nahm er andere Gäste zu politischen Themen ran.

Stewart war oft dem Vorwurf ausgesetzt, er sei ein Anti-Republikaner, ein Advokat der Demokraten. Doch auch US-Präsident Barack Obama musste sich öfter für seine Gesundheitsreform und Drohnenstrategien in der „Daily Show“ rechtfertigen. Stewart hielt weniger an einer Partei als an Prinzipien fest. Das machte ihn so beliebt. Sein Antagonist war hierbei der konservative „Fox News Channel“.

Barack Obama und Jon Stewart in der "Daily Show"
Barack Obama und Jon Stewart in der "Daily Show"
© dpa

Gerne arbeitete Stewart sich an der Berichterstattung dieses Senders ab, um aufzuzeigen, welche Ungerechtigkeiten im Land vor sich gingen. Dafür verzichtete er auch auf Spaß, wenn das Thema keinen Witz zuließ. Wie die erste Show nach dem 11. September oder dem Attentat im Juni auf eine Gospel-Kirche in South Carolina, bei dem neun Menschen starben. Jon Stewart eröffnete die Daily Show am nächsten Abend mit den Worten: „Heute habe ich nichts, außer Traurigkeit“.

Selbst „Fox News“-Journalisten wie Bill O’Riley bewundern den Satiriker, obwohl sie regelmäßig Grundlage seiner Witze waren. Und der Fernsehjournalist Brian Williams sagte: „Bevor wir irgendetwas dummes senden, muss ich an Jon Stewart denken. Und das ist alles was man über seine Rolle in unserer Gesellschaft und den Medien wissen muss“.

 Trevor Noah übernimmt für Stewart

Präsident Obama sagte Ende Juli, als er zum letzten Mal Gast der „Daily Show“ war: „Ich kann nicht glauben, dass du vor mir aufhörst“ und fügte unter Applaus aus dem Publikum hinzu: „Du kannst nicht gehen!“ Doch Stewart will gehen. Er merke, dass er nachlasse, und das „hat diese Show nicht verdient“. So erklärte er es am 10. Februar in seiner Sendung, während er mit den Tränen kämpfte.

Vom 28. September an wird Trevor Noah seinen Platz übernehmen, ein junger Comedian aus Südafrika. In Berlin feierte er bereits vergangenes Jahr Erfolge, als Stand-Up-Comedian. Seine Show war damals restlos ausverkauft. Noah hatte bis jetzt nur wenige Auftritte als „Korrespondent“ in der „Daily Show“.

"Ohne ihn wäre ich nichts"

Die Sendung gilt als Talentschmiede. Viele Comedians, die dort anfingen, haben mittlerweile ihre eigene Show, die wie Spin-offs der „Daily Show“ wirken. Darunter auch Stephen Colbert und John Oliver. Oliver, der dieses Jahr Aufmerksamkeit bekam, weil er als erster Komiker NSA-Enthüller Edward Snowden interviewte, übernahm 2013 die „Daily Show“ für zwölf Wochen, als Stewart seinen Film „Rosewater“ drehte. Oliver sagte einmal über Stewart: „Ich verdanke ihm alles. Ohne ihn wäre ich nichts.“ Über Stewart gibt es viele solche großen Worte. Er selbst hörte das nicht gerne. Auch wenn Stewart in seinen Sendungen regelmäßig aufdrehte, fluchte und herumschrie – sobald er ein Kompliment bekam, wurde er leise oder verstummte völlig. Manchmal kam dann ein hervorgedrukstes „Dankeschön“ oder er winkte ab oder machte einen Witz. Auch den Hype um seinen Abschied, spielt er herunter „Ehrlich. Das Land wird es schon überleben.“, sagte er dem „Guardian“. Stewart möchte in Zukunft weiterhin Filme machen oder Bücher schreiben, genaue Pläne habe er noch nicht. Vor allem aber freue er sich, mit seinen zwei Kindern und seiner Frau zu Abend essen zu können. „Ich habe über mehrere Quellen gehört, dass dies ganz entzückende Menschen sind“, sagte Stewart.

Alice Hasters

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