"DW News" gestartet: Die Welt, nicht Wedding im Blick
Die neuen englischen "DW News" der Deutschen Welle hatten am Montag Premiere. Der Start ist gelungen, der Weg zu CNN und BBC bleibt weit.
Der Ehrgeiz ist groß, das Ziel in weiter Ferne. Die englischen "DW News" sollen, wollen zu CNN International und BBC World Service aufschließen. Wenn Fernsehzuschauer nach globaler Information suchen, soll am neuen Angebot der Deutschen Welle nicht vorbei gezappt werden. Am Montag war Premiere im Fernsehstandort des deutschen Auslandssenders in Berlin-Wedding, in der Voltastraße 6. "Live aus Berlin", die Moderatorinnen und Moderatoren streuen das immer wieder ein, auch um zu markieren, dass "DW News" nicht aus der deutschen Provinz kommen, sondern aus einer Metropole, aus einer Weltstadt, aus dem Hot Spot Berlin. Schon der erste Sendetag zeigt, dass sich Anstrengung mit Ehrgeiz paart, es soll so international wie nur möglich zugehen - bloß nicht weddingerisch! Englisch ist die Lingua Franca der globalen Gemeinschaft. Die Mitarbeiter also sprechen englisches Englisch, amerikanisches Englisch, deutsches Englisch. Spricht ein Interviewpartner Deutsch, kommt sofort die englische Voice-Over-Übersetzung. Der leicht angeberische Slogan "Made for minds" soll auch auf der sprachlichen Ebene eingelöst werden: Nachrichten für Schlauköpfe.
"DW News" senden aus einem komplett neuen Studio: Groß, großräumig, zwei Moderatorentische vor einer gewaltigen Videowand. Das ist Standard im ernst gemeinten News-Business. Die Fläche gibt den Moderatoren Bewegungsfreiheit, ein klares Signal, dass hier behende und flexibel gearbeitet wird. Mal kommt Sumi Somaskanda aus der Tiefe des Raums, dann sitzt Brent Goff allein am Tisch, dann wieder setzt sich Kulturmann Robin Merrill. Und im Hintergrund liefert die Videowall Orientierung und Erweiterung zum Thema. Die "DN News"-Studiomannschaft hat erkennbar trainiert für den Tag X, es gibt sehr wenige Wackler im Programmablauf, die Premiere ist wahrlich kein Tag von Pech, Pannen und Pleiten.
Herzstück: Nachrichten zur vollen Stunde
Das gilt auch für das Herzstück, die mal 15-, mal 30-minütigen Nachrichten zur vollen Stunde. Die Griechenland-Krise steht im Zentrum, internationale News wie der Taliban-Angriff auf das Parlament in Kabul werden aufgerufen und im Schlussteil mit Neuigkeiten aus dem Sport (Frauen-Fußball-WM) und Kultur (neuer Chefdirigent für die Berliner Philharmoniker) abgerundet. Es gibt Filmbeiträge, Schalten zum Korrespondenten nach Brüssel, Studiogespräche. Die Tonlage ist moderat, weit entfernt von der CNN-Hysterie und näher dran an der BBC-Ansprache. Cool, calm and collected. Wer immer im Anchor-Kreislauf dran ist, der wirkt sehr gut informiert, kompetent, kurz, so engagiert wie das gesamte "DW News". Der Zauber des Anfangs, der Stolz des Neubeginns wird ausgestrahlt.
Mehr "Tagesthemen" als "Tagesschau": "DW News" scheinen nicht vom Ehrgeiz beseelt, so viel Weltgeschehen in 15 Minuten pressen zu wollen wie die 20-Uhr-Nachrichten des Ersten Deutschen Fernsehens. Nur ist es nicht so, dass die gewonnene Zeit in mehr "Hintergründe, Zusammenhänge und professionelle Analysen" fließt. Die Themen wirken einfach gedehnter aufbereitet, die vermiedene Hektik geht nicht mit Tiefenbohrung einher. Es wird sich schnell herausstellen, ob das Konzept mehr der Not an Ressourcen als der Tugend der Ressourcenverarbeitung geschuldet ist. Die US-amerikanische und die britische Konkurrenz, sie sind wahres Weltfernsehen, "DW News" ist ein Programm im Prozess, Weltfernsehen zu werden. Ob ein Zuschauer in Asien, eine Zuschauerin in Asien das Angebot aus Deutschland im Moment der "Breaking News" einschaltet. Time will tell (the truth).
Was sofort überzeugt, sind die Studiosituation, die Organisation des Bildschirms für den Zuschauer, die Präsenz der Moderatoren. Wo die BBC News ins Laufband bringt, blenden "DW News" Schlagzeilen ein, wo CNN mit den Inserts "Developing Story" oder "Coming up" rasenden Appetit auf die nächsten News machen will, da herrscht bei "DW News" die Konzentration aufs gerade aktuelle Thema vor.
Das neue englische TV-Angebot der Deutschen Welle verleugnet seinen Ursprung, seinen Produktionsort nicht. "DW News" sind internationale Nachrichten mit Standort Berlin - nicht umgekehrt. Das bringt "DW News" sogleich in den Vergleich mit CNN International und BBC World Service. Mutig, sehr mutig, denn diese Konkurrenz ist tough. Aber wo kein Ehrgeiz, da kein Wettbewerb. Wedding kann kein Maßstab, nur die Welt kann es sein.
Apropos: Ein Moderator schlenderte mit kobaltblauen Wildlederschuhen durch das Studio. Nun ist der Begriff "Nachrichtenblau" dehnbar, hier aber ist er überdehnt.
Joachim Huber
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