zum Hauptinhalt
Er ist dann mal weg. Trump-Sprecher Sean Spicer lässt Fragen von Journalisten bei Briefings im Weißen Haus gerne unbeantwortet.
© REUTERS

Trump und die Presse: Die im Dunkeln sieht man nicht

Das Weiße Haus will die Presse gängeln. Medien sehen Flucht vor Verantwortung. Und Trumps Sprecher ist längst zur Lachnummer geworden.

Der Satz „Die Demokratie stirbt im Dunkeln“ prangt jeden Tag als Motto auf der Titelseite der „Washington Post“. In jüngster Zeit haben die Reporter der „Post“ und anderer Medien noch mehr Schwierigkeiten als sonst, Licht ins Dunkle der Regierungsarbeit unter Präsident Donald Trump zu bringen. Das Weiße Haus fährt die Zahl der live im Fernsehen übertragenen Pressekonferenzen von Sprecher Sean Spicer und dessen Kollegin Sarah Huckabee Sanders drastisch herunter. Stattdessen wird versucht, die Medienberichterstattung mithilfe von Hintergrundgesprächen und Begegnungen mit begrenzten Möglichkeiten für Journalistenfragen im Sinne Trumps zu lenken.

Das wollen die Korrespondenten im Weißen Haus nicht ohne Weiteres hinnehmen. Als Spicer zu Wochenbeginn bei einer Pressekonferenz einmal mehr ein Kameraverbot erließ und nur Tonaufnahmen erlaubte, platzte Jim Acosta, dem Reporter des Trump-kritischen Nachrichtensenders CNN, der Kragen. „Warum schalten wir nicht die Kameras ein?“, fragte Acosta aufgebracht, wie auf dem Tonmitschnitt der Begegnung zu hören ist. Andere Journalisten unterstützten Acosta – doch Spicer weigerte sich, einen Grund für den Kamera-Bann zu nennen.

Dabei ist es offensichtlich, warum die Regierung so verfährt. Trumps Weißes Haus wolle keine „harten Fragen“, sagt Acosta. Die Regierung sei nur daran interessiert, ihre Sicht der Dinge möglichst unbeeinträchtigt an die Öffentlichkeit zu bringen. Trump selbst spricht oft bei Gelegenheiten, bei denen es keine oder nur wenige Chancen für Journalistenfragen gibt. Ansonsten zieht der Präsident den Kurznachrichtendienst Twitter vor – denn dort kann er unbehelligt loslegen.

CNN hat inzwischen einen Gerichtszeichner engagiert, der Spicers Pressekonferenzen abbildet. Der Club der Präsidialamtskorrespondenten in Washington protestiert gegen Spicers Entscheidung gegen Live-Auftritte, doch Trumps Sprecher hat das Hausrecht und kann nicht gezwungen werden, vor die Kameras zu treten. Dabei ist Trump nicht der erste Präsident, dem vorgeworfen wird, sich der Presse zu entziehen. Schon Präsident Bill Clinton bekam in den 1990er Jahren Ärger, weil er Pressekonferenzen seiner Sprecher vor laufenden Kameras einschränkte.

Clintons ehemaliger Sprecher Michael McCurry kritisierte in der „New York Times“, die Live-Ereignisse würden von manchen Journalisten als Chance verstanden, sich vor der Fernsehnation aufzuspielen. Dem bei vielen Medienvertretern beliebten Barack Obama wurde in den vergangenen Jahren mitunter vorgeworfen, sich rar zu machen, um unangenehmen Fragen zu entgehen.

„Saturday Night Live“ porträtierte Spicer über Monate hinweg als Versager

Dass Trump dabei noch viel weiter geht als Obama, hat auch mit Spicer zu tun. Der Sprecher hat sich mehrmals live im Fernsehen blamiert. Schon bei seinem allerersten Auftritt als Trump-Sprecher im Januar verbreitete Spicer offensichtliche Unwahrheiten, als er die Menschenmenge bei Trumps Amtseid als „größtes Publikum“ bei solchen Gelegenheiten bezeichnete – obwohl Fotos klar belegten, dass sich bei Obamas Amtsantritt im Jahr 2009 wesentlich mehr Amerikaner vor dem Kapitol in Washington versammelt hatten.

Spicer sieht die Schuld bei der Presse. Zusammen mit seiner Kollegin Sanders beschwert er sich regelmäßig über die angeblich unfaire Berichterstattung der „liberalen“ Medien; Sanders beklagte am Dienstag angebliche „Fake News“ von Medien, die nur den Präsidenten schlechtmachen wollten. Zum Russlandskandal um Trump sagte sie, es gebe auch noch andere Nachrichten, denen sich die Medien widmen sollten. Doch auch Sanders kann Spicer nicht helfen: Der Sprecher ist längst zur Lachnummer geworden. Die Satireshow „Saturday Night Live“ porträtierte Spicer über Monate hinweg als cholerischen Versager.

Auch Donald Trump selbst ist laut Medienberichten alles andere als zufrieden mit seinem Sprecher. Hartnäckig halten sich Gerüchte über eine bevorstehende Ablösung von Spicer, dem die Verantwortung für das schlechte Erscheinungsbild der Regierung gegeben wird. Der 45-Jährige könnte demnach zum neuen Kommunikationsdirektor ernannt werden, womit seine Tage als Sprecher gezählt wären. Sean Spicer selbst will die Berichte über seinen Abschied vom Podium nicht bestätigen – doch er dementiert sie auch nicht.

Zur Startseite