Ein Schwenk zu viel in der "Tagesschau": "Beinegate" in der "Tagesschau"
Beim Bericht über das Dreikönigstreffen leckt sich die Kamera an den Beinen der FDP-Frau Katja Suding empor. Chefredakteur Kai Gniffke entschuldigt sich, Politikerin reagiert mit Humor
Was der FDP Rainer Brüderle ist, ist der ARD die "Tagesschau"? Der frühere Bundeswirtschaftminister war im Angesicht einer "Stern"-Reporterin verbal übergriffig geworden. Die 20-Uhr-Ausgabe der "Tagesschau" am Dienstag berichtete über das Dreikönigstreffen der Liberalen in Stuttgart. Etwa zur Mitte des ansonsten streng nachrichtlich gebauten Beitrags leckte sich die Kamera von den Beinen von Katja Suding bis zum Kopf der FDP-Spitzenkandidatin für die Hamburger Bürgerschaftswahl empor. Das dauerte nur wenige Sekunden, reichte aber aus, dass Kai Gniffke, Erster Chefredakteur von ARD-aktuell, um 23 Uhr 29 in seinem Blog das Wort ergriff, um das, was als "Beinegate" die Runde macht, zu erklären und sich dafür zu entschuldigen.
"Wenn die 20 Uhr rum ist, machen wir etwa eine Viertelstunde lang Sendungskritik. Dabei sprechen wir meist über die inhaltliche Gewichtung der Themen, unsere Meldungstexte, die Illustrationen oder die Machart der Reporterberichte. Heute aber kreiste die Diskussion die meiste Zeit um eine einzige Einstellung im Film über das Dreikönigstreffen der FDP: der Kameraschwenk nach genau 5 Minuten über Katja Sudings Beine."
Es sei einer dieser Schwenks, die "wir in den 80er und frühen 90 Jahren noch gesehen haben und der gerne mal die Vorlage für Altherrensprüche lieferte. Die Kamera, schreibt Gniffke weiter, vollziehe den männlichen Blick nach, den Frauen alles andere als schätzten, weil er den Körper von Kopf bis Fuß (hier umgekehrt) taxiere.
Chefredakteur Gniffke ist nun keiner, der nur die Kotau-Haltung kennt, im Gegenteil, in seinem Blog kann er auch Attacke. Er argumentiert also, dass die Einstellung ganz prima zu einem FDP-Bericht passe. "Aber der Aufschrei gegen sabbernde Liberale ist ja nun als Thema durch."
Hat die FDP das "Beinegate" selber provoziert?
Oder ist die FDP gar selber schuld am "Beinegate"? Es sei ja nicht so, dass die FDP selbst die Bildregie geführt und darauf geachtet hätte, dass eine besondere Art von Bildern entsteht, die die FDP positiv erscheinen lasse, auch wenn auf solchen Parteigroßveranstaltungen jedes Bild genau kalkuliert sei und die Liberalen ihr Spitzenpersonal natürlich publikumswirksam ins Bild gesetzt hätten. Gniffke nimmt an, "der Kameraschwenk wurde von einem Menschen aus der Schule und der Geisteshaltung vergangener Jahrzehnte produziert, der diese Darstellung besonders apart fand."
Kai Gniffke, der brave Mann, ist anders drauf. In seinem "selbstkritischen Fazit" betont er, "wir hätten diese Einstellung in dem Beitrag beanstanden und austauschen sollen. Und das nicht, weil feministische Gäule mit mir durchgehen, sondern schlicht deshalb, weil diese Einstellung dazu angetan ist, einen Teil unserer Zuschauerinnen und Zuschauer zu empören." Wobei er gar nichts dagegen habe, wenn sich Leute während der "Tagesschau" empören würden über die FDP, Pegida, die NSA oder sonst was. "Aber bitte nicht über die Art und Weise, wie wir Menschen filmen. Der Beine-Schwenk gehört auf den Index. Tut mir leid, Frau Suding", schließt der Chefredakteur seinen Blogeintrag.
Katja Suding nennt Aufnahmen nicht sexistisch
Katja Suding, 39, hat mit Humor auf einen ausgiebigen Kameraschwenk der „Tagesschau“ über ihre Beine reagiert. „Jetzt weiß jeder, dass ich mit meinen sportlichen Beinen die Fünf-Prozent-Hürde mit Sicherheit überspringen werde, ganz locker“, sagte sie am Mittwoch. „Jeder weiß aber auch, dass man mit schönen Beinen keine Wahlen gewinnt, sondern mit guter Politik, und die machen wir.“ Suding begrüßte, dass ARD-aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke erkannt habe, dass diese Art der Kameraführung nicht die Zukunft des deutschen Fernsehnachrichtenjournalismus sein könne. Als sexistisch wollte sie die Aufnahmen vom Dreikönigstreffen aber nicht bezeichnen.
Die 20-Uhr-"Tagesschau" vom Dienstag ist übrigens in der Originalversion in der ARD-Mediathek zu sehen. Also mit Schwenk..
Joachim Huber
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