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Helge Jürgens ist als Geschäftsführer des Medienboard Berlin-Brandenburg für die Standortentwicklung zuständig.
© David Sonntag / Promo

Medienboard-Geschäftsführer Helge Jürgens: Bei hochwertigem Fernsehen steht Berlin auf Platz 1

Die Studie über die deutschen TV-Produktionsstandorte, bei der Berlin eher unter ferner liefen läuft, kann auch anders gelesen werden, meint Helge Jürgens, Geschäftsführer des Medienboard Berlin-Brandenburg. Ein Interview.

Herr Jürgens, für den Standortentwickler des Medienboards Berlin-Brandenburg muss der Ländervergleich der TV-Produktionsstudie ein Schock gewesen sein. Wie werten Sie das Ergebnis?
Ein Schock war das nicht. Die Daten der Studie sind zwangsläufig zwei Jahre alt und beinhalten die Entwicklungen der neuen Plattformen noch nicht. Zudem wurde die Studie aus Sicht eines starken TV-Standortes in Auftrag gegeben, nämlich Nordrhein-Westfalen. Die Studie hat das klassische TV-Auftrags-Geschäft im Fokus, und das ist - anders als Kino und High End Drama - nicht das Geschäft von Berlin.
Berlin als TV-Produktionsstandort hinter Köln, München, Hamburg, der Anteil an der Produktion nach Unternehmenssitz in zwei Jahren nahezu halbiert. Was ist passiert?
Es hat eine Konzentration der Produktionsfirmen gegeben. Shine und Endemol sowie Granada und ITV haben fusioniert, Warner Bros. hat Eyeworks aufgekauft, die MME gibt es gar nicht mehr..., mehr kostengünstige Entertainmentminuten in NRW, das sieht dann schnell nach Halbierung aus.
Warum funktioniert die Förderung im Bereich Film besser als beim TV?
Das kommt auf die Betrachtungsweise an. Nehmen Sie TV-Movies und das hochwertige Fernsehen mit mehr Einsatz von Personal, Equipment und Budget: Da liegt Berlin auf dem ersten Platz. Zudem muss man für eine aktuelle, realistische Betrachtung auch die letzten beiden Jahre berücksichtigen.
Was ist in 2015 und 2016 passiert?
Die neuen Player wie Amazon und Netflix haben den Markt betreten. Sie haben hier in Berlin für ganz neue Beschäftigungseffekte und Produktionen von High-End-Drama gesorgt. Wir hatten ein dreiviertel Jahr die Produktion von „Homeland“ hier, wir hatten Serien wie „Berlin Station“, „Sense8“ von den Wachowski-Geschwistern, wir haben momentan „Babylon Berlin“ von Tom Tykwer, Matthias Schweighöfer stellt bis zum Jahresende seine Serie „You are wanted“ für Amazon fertig. Hinzu kommen TV-Produktionen wie „Ku’damm 56“.
Sind Sie damit schon zufrieden?
Für die Beschäftigung in der Region und für die Produzenten hatte das einen sehr positiven Effekt. Jeder Fördereuro, der hier investiert wurde, ist sechsfach zurückgekommen.
Wie geht es weiter?
Durch die hochwertigen Produktionen am Standort Berlin und in Babelsberg haben wir international an Image für die Qualität der Infrastruktur und der Beschäftigten gewonnen. Dadurch stehen wir nun auch bei den großen internationalen Auftraggebern wie zum Beispiel HBO im Fokus.
Muss die TV-Förderung trotzdem intensiviert werden?
Klassisches TV wird ja eigentlich nicht gefördert, dafür sind die Gebührengelder da. Nur in außergewöhnlichen Fällen, bei großen aufwändigen Produktionen, wenn der Produktionsaufwand dem eines Kinofilms entspricht, kann gefördert werden. Gleichzeitig sind die Förderinstrumente im europäischen und internationalen Ausland in den letzten Jahren fortentwickelt worden. Nicht nur in Berlin und Brandenburg wird gerade diskutiert, ob es Steuer-Zugeständnisse oder eine neue Auslegung der bisherigen Förderinstrumente geben soll, um Anreize für ausländische Produktionen zu schaffen und um andererseits dafür zu sorgen, dass größere inländische Produktionen nicht ins Ausland gehen.

Helge Jürgens ist als Geschäftsführer des Medienboard Berlin-Brandenburg für die Standortentwicklung zuständig. Das Gespräch führte Kurt Sagatz.

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