Wenn Schauspieler ihre Rollen verlieren: Andreas Hoppes bitteres Aus
Drei Sorten Abschied: Andreas Hoppe hört beim "Tatort" auf, Heide Keller beim "Traumschiff", und Robert Atzorn geht ganz.
Diese Pressemappe wird in die „Tatort“-Geschichte eingehen. Sie gehört zu „Kopper“, dem letzten „Tatort“ aus Ludwigshafen mit Andreas Hoppe als Kommissar Mario Kopper. Am Sonntag geht Kopper/Hoppe, nach 21 „Tatort“-Jahren. Das Presseheft gibt eine knappe Inhaltsangabe, listet Besetzung und Stab sowie die 57 Krimis auf, in denen Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Mario Kopper gemeinsam gefahndet haben.
Mehr findet sich nicht, kein Dank des Südwestrundfunks für die Zusammenarbeit, kein Interview mit Andreas Hoppe oder Ulrike Folkerts oder, oder, oder. Die wenigen, dürren Seiten zeigen an, dass die Trennung wenigstens für den 57-jährigen Hoppe bitter schmecken muss.
Wie bitter, das sagt er in einem dpa-Gespräch: „Der Schmerz findet da schon statt“, sagt er. „Ich mochte die Figur sehr, deshalb habe ich sehr darum gekämpft und versucht, sie zu verteidigen und zu schützen.“ Mit „tollen Ideen“ habe er die Redaktion füttern wollen, aber „das wollten die alles nicht“. Deshalb sei es gut, dass die gemeinsame Entscheidung für das Aus gefallen sei, „denn das tut einfach weh. Man merkt draußen, die Leute wollen einen gerne sehen, die mögen diese Figur tierisch gerne, die ist tierisch beliebt, und das ist scheinbar bei diesem Sender nicht angekommen“. Irgendwann müsse dann eine Entscheidung her, „denn sonst ist man einfach auch traurig“. Der „Tatort“ sei für ihn etwas Besonderes gewesen, „ein Ritterschlag“, den er sehr ernst genommen habe.
Mehr Drehs nach dem "Tatort"
Andreas Hoppe fällt nicht ins Loch. Eigener Aussage zufolge hat er in den vergangenen 14 Monaten seit dem letzten „Tatort“-Dreh fast mehr gearbeitet als während der Krimi-Zeit. Dreharbeiten für die Serien „Blockbustaz“ (ZDFneo), „Der Lehrer“ (RTL), „Soko Kölsch“ (Sat1), für den ZDF-Fernsehfilm „Weiser“ – der Schauspieler ist gut beschäftigt, gleichwohl kann keine Rolle an die „Tatort“-Prominenz heranreichen.
Es stellt sich die Frage, ob 21 Jahre als Primetime-Kommissar die künftigen Einsatzmöglichkeiten nicht ein-, ja beschränken. Durch jede Rolle, die Hoppe spielen wird, wird für den Zuschauer der Kopper durchscheinen. Und ob der Darsteller tatsächlich die Kapazität besitzt, über seinen „Tatort“-Kopper hinaus Figuren zu interpretieren?
Das Fiktionsfernsehen ist eine große Prägemaschine, die ihr (wiederkehrendes) Personal bis zur Kenntlichkeit fixiert und die Erwartungen des Publikums gleich mit. Eine Lebens-, selbst eine Lebensabschnittsrolle kann gefährlich werden. Ich behaupte mal, dass der Professor Brinkmann in der „Schwarzwaldklinik“ den Burgschauspieler Klausjürgen Wussow künstlerisch ruiniert hat.
Natürlich ist gutes Aus- und Einkommen möglich. Heide Keller war sagenhafte 36 Jahre lang die Chefhostess Beatrice auf dem ZDF-„Traumschiff“. Jetzt hat sie freiwillig abgemustert. Die Schauspielerin hofft auf neue Rollen, in denen sie so alt aussehen darf, wie sie ist: 78.
Drehen mit 78? Warum nicht
Könnte einer sagen, jetzt ist mal gut, aufhören wäre eine Option. Zweierlei: Das Medium kennt in seinen Serien und Filmen keine Altersgrenze. Warum auch, das Leben kennt sie auch nicht, also werden 78-jährige Schauspielerinnen für 78-jährige Frauenfiguren gebraucht. Schauspielerei ist ein so anderer Beruf als Dachdecker zum Beispiel, wo nach Jahren körperlicher Anstrengung mit Ende 50 das letzte Dach gedeckt ist. Solche Grenzen kennen Schauspielerinnen und Schauspieler nicht, wollen sie eigener Bedeutung und Eitelkeit wegen nach auch nicht kennen. Und dann ist dieser Künstlerberuf auch einer, in dem mit Vakanzen, einem Mangel an Angeboten immer gerechnet muss. Fürs Alter vorsorgen ist eine Herausforderung, die der eine oder die andere nicht eigenständig bewältigen konnte. Da muss gedreht werden, solange die Füße tragen, respektive die Texte gemerkt werden können. Die Existenzangst spielt stets mit.
Robert Atzorn hört mit 72 auf
Umso bemerkenswerter, weil selten, ist die Entscheidung eines Robert Atzorn. Der Schauspieler hat Ende 2017 seine Karriere beendet. Er war nicht gebeten noch genötigt worden, er selbst hat das so entschieden. Er war „Lehrer Dr. Specht“, er hat mit „Oh Gott, Herr Pfarrer“ der Kirche mehr genutzt als jeder (deutsche) Papst nach ihm. Und dann das: Je älter Atzorn wurde, desto prägender, prägnanter, wenn man so will, desto unpopulärer wurden die Rollenfiguren dieses überaus populären Schauspielers: Demenzkranke, Alkoholiker, 2012 der Vize-Polizeichef Wolfgang Daschner, der im Entführungsfall des Jakob von Metzler vor der Androhung von Folter nicht zurückschrecken wollte.
Robert Atzorn hat sich gegen Altersrollen, gegen ein Alterswerk entschieden. Mit 72 soll das Leben bringen, wovor sich nicht nur andere 72-jährige Schauspieler fürchten: Zeit ohne Arbeit.
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