ZDF-Krimi "Brandnächte": Alte Wunden zum Heilen bringen
Matti Geschonnecks Familiendrama „Brandnächte“ im ZDF erzählt vom Verlust eines Menschen. Und wie man damit zurechtkommt.
Der Verlust eines nahestehenden Menschen ist eines jener einschneidenden Erlebnisse, die einen prägen. Die einen, möglicherweise, nie mehr loslassen. Der Verlust wird zur anhaltenden Beeinträchtigung. So mag es der Münchner Anwältin Julia Gerber (Sophie von Kessel) gehen, die – erfolgreich im Beruf, verheiratet mit dem Journalisten Nick Gerber (Thomas Loibl) – etwas Vergangenes nicht loslässt: der Tod ihrer jüngeren Schwester Sophia. Diesen Verlust hat Julia bis heute nicht verwunden, obgleich er bereits etliche Jahre zurückliegt.
Jedoch, Sophia kam damals nicht eines natürlichen Todes ums Leben, nein, sie wurde ermordet. Sie kam ums Leben in einer dunklen Brandnacht, die sich im voralpenländlichen Heimatdorf bei Rosenheim ereignete. Von dort, aus diesem bayerischen Dorf, stammen die Julia und die Sophia. Und nun, wo Julia ominöse E-Mails erhält, ohne Absender versehen, die sie darauf hinweisen, dass der seinerzeit überführte Täter eben nicht der wahre Täter sei, nun ist die Unruhe wegen des Todes ihrer Schwester wieder gänzlich da. Alles ist wieder präsent.
Julia Gerber setzt sich entgegen dem insistierenden Abraten von Mann Nick in München ins Auto und fährt ins Voralpenland, in die Heimat, dort wo jeder jeden kennt und sobald sie nur aussteigt aus dem Auto, ihr jeder zuruft – oder aber ambivalente Blicke zuwirft.
Reise in die Vergangenheit
„Brandnächte“ ist zunächst und vor allem eine Reise zurück in die Vergangenheit. Regisseur Matti Geschonneck („Der Verdacht“, „Das Ende einer Nacht“), vielfach preisgekrönt, hat das Drehbuch seiner langjährigen Stammautorin Hannah Hollinger verfilmt und das Familiendrama namhaft besetzt: neben Sophie von Kessel sind Tobias Moretti, Barbara Auer und Nikolaus Paryla in den tragenden Rollen zu sehen.
Moretti spielt Jens Maurer, einst Kommissar vor Ort, nun in einer Art Rückzug und Ruhestand, obwohl dafür eigentlich noch zu jung. Suspendiert. Da muss etwas mächtig schiefgelaufen sein, damals, als das mit der Sophia geschah. Maurer hat lange getrunken. Er ist wortkarg und eigenbrötlerisch. Mit wunderbar minimalistischer Mimik und Gestik verkörpert Moretti diesen vom Leben Gebrochenen. Auch Maurer, dieser Eindruck stellt sich bald schon ein, scheint etwas verloren zu haben. Auch er leidet unter einem Verlust. Zynisch und bitter ist er, der Maurer. Ohnehin scheint im Dorf der ein oder andere deutlich mehr zu wissen, als Julia zu ahnen imstande ist.
Über allem liegt eine neblig-nebulöse Folie des Tuschelns und Munkelns, des Verbergens und Verheimlichens. Diese Ortschaft, sie ist ein offenes Gefängnis. Da ist auch der alte Johannes Falk – kauzig-sibyllinisch von Nikolaus Paryla gespielt –, Vater eben des vermeintlichen Mörders, der im ganzen Dorf auch heute noch, wo er nun gerade gestorben ist, nur als Schwachkopf bezeichnet wird. War Falks zurückgebliebener Sohn vielleicht nur der Alibi-Täter?
Das Gesicht der Sophie von Kessel
„Brandnächte“ ist in Teilen auch ein Film über ein apartes Gesicht – über das Sophie von Kessels: Die Kamera von Theo Bierkens umkreist es, umfährt es, fängt es ein bis hin zum nahen Close-up, das mehrfach über kurze lange Momente hinweggehalten wird. Julias Reise zurück in die Vergangenheit ist bei alledem zugleich eine Reise, die ihr die Augen öffnet. Sie hat Dinge nicht gesehen. Dinge, teils in ihrer direkten, unmittelbaren Umgebung. Es ist ein Aufwachen, ein Bewusstwerden. „Brandnächte“, ein recht guter, ein vor allem solider Film, jedoch bei Weitem nicht Matti Geschonnecks beste Arbeit, erzählt von dieser Frau. Und vielleicht wird ihr künftiger Umgang mit dem Verlust anders als zuvor.
„Brandnächte“, ZDF, Montag, um 20.15 Uhr.
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