ZDF-Krimi "Ein Kommissar kehrt zurück": Mördersuche, Sinnsuche, Gerechtigkeitssuche
„Ein Kommissar kehrt zurück“ ist weit mehr als ein durchschnittlicher ZDF-Krimi: Es ist das Duell zweier Männer um die Wahrheit.
Da darf die Zunge schnalzen. In den Hauptrollen Sylvester Groth und Uwe Kockisch, die Regie führt Matti Geschonneck, das Drehbuch stammt von Magnus Vattrodt. Das Ergebnis heißt „Ein Kommissar kehrt zurück“, der „Fernsehfilm der Woche“ im ZDF. Kockisch spielt den Kommissar, den auch Groth spielen könnte, beide verfügen bei dieser Fernsehfigur über immense Erfahrung. Aber gut, jetzt gibt Uwe Kockisch Kovak, der gerade in Berlin pensioniert wird. Er hat einen Plan. Er kehrt in ein kleines Dorf nahe Greifswald zurück. Dort hat sich vor zwanzig Jahren ein grausames Verbrechen ereignet, ein kleines Mädchen wurde ermordet, der Täter nie gefasst.
Der Fall war Kovaks Fall. Und er nagt an ihm, reingefressen hat er sich, Kovak hatte den Eltern Rebecca und Friedel Weiland (Jenny Schily und Oliver Stokowski) versprochen, den Täter zu finden. Jetzt, nach zwanzig Jahren, muss und will er sein Wort einlösen. Einer der damals Verdächtigen war Michael Adam (Sylvester Groth), der es zum geachteten Physikprofessor an der Uni Greifswald gebracht hat. Weil die Indizien gegen Adam nicht ausreichten, musste die Sonderkommission, zu der auch die junge LKA-Beamtin Ella Schönemann (Sophie von Kessel) gehörte, die Ermittlungen einstellen.
Kovak setzt Adam unter Druck
Jetzt sind sie alle wieder auf dem Plan. Kovak bezieht ganz in der Nähe von Adams Meerblick-Anwesen ein heruntergekommenes Haus. Er lässt sich von Adams Freundin, der Ärztin Luisa Schelling (Ulrike C. Tscharre), untersuchen, er geht in Adams Vorlesungen, er fotografiert den Wissenschaftler, er dringt in dessen Haus ein – Kovac setzt Adam unter Druck, auf dass der die Nerven verliere.
Was sich entwickelt, ist ein Duell. Schönemann will Kovac bremsen, der sie als Karrieristin attackiert, sie sei schuld an den damals eingestellten Ermittlungen, sie, die West-Tusse, habe gekniffen. Ja, auch das Ost-West-Ding wird angespielt.
Magnus Vattrodt hat ein enorm spannendes Drehbuch geschrieben, mit einem Mann-gegen-Mann-Zentrum, darum gelagert Partner und Betroffene, die sich, je länger der Film voranschreitet, auf dieses Zentrum beziehen. Es ist – vielleicht – der Höhepunkt dieses Films. Adam trifft Kovac zufällig im Hofladen der Weilands, Luisa Schelling nutzt die Gelegenheit zur Einladung an Kovac. Da sitzen sie dann zu dritt beim Rehbraten, die Schelling, der Kovac, der Adam. Der Physiker rekapituliert Geschehen und Geschehenes wie in einer Versuchsanordnung. Er erklärt die Ermittlungsakten in seinem Haus, die hunderte Fotos eines jungen Mädchens in seiner Kamera, er ist souveräner Herr der Situation. Er sagt zu Kovac: „Ich habe Sie gekränkt als Ermittler.“ Luisa Schelling folgt Adams Erzählung, die den Blick freigibt auf sein Vorleben als Mordverdächtiger, mit wachsendem Entsetzen. Michael Adam ist nicht willen- und schon gar nicht wehrlos.
Mördersuche wird Suche nach Gerechtigkeit
Was Autor Vattrodt zum Vexierspiel intensiviert, das ist viel mehr als nur eine Mördersuche. Es ist die versuchte Antwort auf Fragen: Was darf ein Mensch dem anderen zumuten, ist das eigene Glück in fremdem Unglück zu finden, und Gerechtigkeit, ja, was ist das?
„Ein Kommissar kehrt zurück“ bleibt darüber ein Krimi, Spannungsfernsehen, doch der Weg zur Lösung geht über die Menschen, über ihr Inneres. Ein Krimi wird Drama wird Tragödie. Von zerstörten Seelen findet der Film in die kollektive Katastrophe. Regisseur Matti Geschonneck gibt jeder Figur individuelles Gewicht, Personen werden Persönlichkeiten, er schaut sie von der Nähe wie von der Ferne an, er markiert Lebensbuckel, unauflöslich verdrahtet er Kovac mit Adam, den Kain und seinen Abel. Regisserur Geschonneck verschwindet fast in diesem Schauspielerfilm. Er will unterkühltes Menschen-, nicht aufmerksamkeitheischendes Bilderfernsehen.
Der ZDF-Film ist jeder Beziehung reif. Uwe Kockisch hat schon zahlreiche Kommissare gespielt, Sylvester Groth ebenso. Vielleicht sind sie deswegen in diesem Zweikampf so stark. Beide suchen sie Schwachstellen, das Entrée in des anderen Lebenslüge. Wer es mit Kockisch aufnehmen will, der muss spielen können wie Groth, wer es bei Groth beweisen will, der heißt besser Kockisch. Ihre Figuren müssen sich aushalten, einander standhalten. Ulrike C. Tscharre, Jenny Schily, Oliver Stokowski und Sophie von Kessel tragen nicht nur bei, sie tragen den Film mit. Die neunzig Minuten funktionieren, weil sie über ihre Funktionsrollen hinaus spielen.
Ein Kommissar kehrt zurück. Und schon läuft das Leben mit Wucht auf Adam, Kovac, die Weilands und die Schelling zu. Ausweichen ist kein Ausweg.
„Ein Kommissar kehrt zurück“, Montag, ZDF, 20 Uhr 15
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