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Ach, Freunde, was regt ihr euch so auf? Fatou sieht alles längst gelassen.
© Zoo Berlin

Berliner Schnauzen: Gorilla-Oma Fatou - rekordverdächtig alt

Einst kam sie im Flieger aus Südfrankreich nach Berlin, nun ist sie der stille Star im Affenhaus: Fatou feiert am Donnerstag ihren 60. Geburtstag. Aber da ist noch eine Konkurrentin in den USA.

Bei Oma gab es immer Buttercremetorte, Frankfurter Kranz. Aber was bekommen Gorilla-Omas zum Geburtstag? Auch was Süßes. „Sie liebt Weintrauben“, sagt Tierarzt und Kurator André Schüle über die alte Dame Fatou. Am Gründonnerstag feiert sie im Zoo ihren 60. – für Gorillas ein Greisenalter. Ananas und Bananen werden auf dem Gabenteller sein, vielleicht auch ein paar Reiswaffeln. Für die Linie.

Gorillas sind Vegetarier, wobei ihnen verirrte Würmer im Salat noch keine ethischen Schwierigkeiten bereiten. Laub futtern sie in rauen Mengen, der Zoo lässt es dreimal in der Woche in Berliner Wäldern sammeln und teilweise schockfrosten, um Vorräte für den Winter anzulegen. Probleme haben die Tiere eher mit einer Überdosis Obst – die schadet Zähnen und Verdauung. Nur bei Fatou sind die Pfleger nicht so streng, im Alter darf man sich was gönnen. Bekommt sie ihre Trauben nicht als Erstes, fliegt der Chicorée schon mal zurück.

Fatou ist der stille Star im Affenhaus. Ein Westlicher Flachlandgorilla, wie er in fast allen Zoos vertreten ist. Während Silberrücken Ivo gern kräftig gegen die Scheibe schlägt, um den Besuchern zu imponieren, die ihm beim Essen zuschauen wollen, krümelt sie nebenan leise vor sich hin. Posing ist einfach nicht ihr Ding. Die Haare schimmern längst gräulich, das Gesicht ist schmal geworden. Der Graue Star trübt den Blick. Ellenbogen und Knie wollen nicht mehr so wie früher – Arthrose. Mittags bettet sie sich gern fürs Nickerchen auf ein wenig Holzwolle.

Aus der Hafenbar in Marseille

Was Fatou schon alles erlebt hat! Heute darf man auf manchen Flügen ja nicht mal mehr Laptops in die Kabine mitnehmen. Fatou hingegen kam 1959 einfach mit Air France in Tempelhof an, fest an den Mantel ihrer Besitzerin geklammert. Die betrieb in Marseille eine Hafenbar. Eines Tages schlug ein Matrose bei ihr auf, hatte ordentlichen Durst, aber kein Geld. Also bezahlte er mit dem kleinen Affen, den er in Westafrika aufgesammelt hatte. Die Kneipe, der Gorilla, das war kein Zustand. Irgendwie kam die Wirtin in Kontakt mit dem Berliner Zoo, damals schon für seine Affenhaltung bekannt, und der nahm ihr das junge Weibchen gern ab.

Nun war dieses endlich wieder unter Artgenossen, wurde Mutter und Großmutter. Enkelin M’Penzi lebt heute noch in Berlin. In Holland hat Fatou sogar schon zwei Ururenkel. Dabei ist es mit den jungen Leuten nicht immer leicht. Ständig klauten die Halbstarken in der Gruppe den Alten das Futter. In Afrika setzen sie sich oft ab, ziehen mit anderen Junggesellen durch die Wälder. Marodierende Jugendbanden? „Es wird immer erst ein Problem, wenn das andere Geschlecht hinzukommt.“

In einer Senioren-WG mit Freundin Gigi fand Fatou ihre Ruhe. 2009 starb ihre Weggefährtin infolge einer Krebserkrankung. Seitdem lebt sie allein, aber mit Blickkontakt zur alten Gruppe. Heute könnte sie der älteste Gorilla der Welt sein – wenn es Trudy in Arkansas nicht gäbe. Das Zuchtbuch weist beide als Jahrgang 1957 aus, geschätzt natürlich, weil sie in freier Wildbahn geboren wurden. Die Amerikaner aber tippen bei ihrem Gorilla sogar auf 1956. Das muss dieses Imponiergehabe sein. Sollen sich doch die Männer darüber streiten.

WESTLICHER FLACHLANDGORILLA IM ZOO

Lebenserwartung:  40 bis 45 Jahre

Fütterungszeiten:  11 Uhr, an Fatous Geburtstag (13. April) um 10 Uhr

Interessanter Nachbar: Zweifingerfaultier

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