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Don't call me Zwergschimpanse! Der Bonobo ist eine eigene Spezies.
© Illustration: Andree Volkmann

Berliner Schnauzen (24): Der Bonobo

Hollywood macht sich gerade richtig unbeliebt bei den Affenforschern. Im Zoo-Palast, vielleicht 100 Meter Luftlinie vom Menschenaffenhaus entfernt, läuft der Blockbuster „Planet der Affen: Revolution“ – und verunglimpft Bonobos.

Ausgerechnet ein solches Tier ist der hinterhältige Gegenspieler im Film. Tierpfleger Ruben Gralki, seit 17 Jahren für die Primaten verantwortlich, ist verdutzt. „Die sind ja nun wirklich nicht gefährlich“, sagt er. Im Internet gehen Wissenschaftler noch weiter. Susan Block, die als Therapeutin ein Buch über den „Bonobo-Weg“ geschrieben hat, wütet: „Das ist, als würde man Delphine mit Haien vergleichen.“

Der Bonobo-Weg, Achtung, der ist schlüpfrig. Sex, Sex, Sex, das haben Biologen wie Frans de Waal den Tieren oft unterstellt. Der Holländer beobachtete die Art und erkannte, dass sie Konflikte gern mit Geschlechtsverkehr löst. Futterneid? Sex. Ein neues Männchen in der Gruppe? Sex. Ruben Gralki schaltet einen Gang runter. „Das Image vom Make- Love-Not-War-Affen ist übertrieben“, sagt er. Sehr wohl kommt es in den Gruppen zu Aggressionen. Zum Beispiel, wenn ein junges Männchen in die Schranken gewiesen wird. Dann drücken ihn die älteren Männchen runter, beißen oder knuffen ihn.

Sex ist nur eine Strategie, Ärger zu vermeiden. „Aber da unterscheiden sie weder Alter noch Geschlecht“, sagt der Zoo-Tierpfleger. Junge mit Alten, Männchen mit Männchen, alle Kombinationen sind möglich. Allerdings darf man sich das nicht wie ein Bacchanal im Alten Rom vorstellen, Sex bedeutet, die Tiere reiben an den Geschlechtsteilen der anderen, es ist mehr ein Heavy Petting als eine Penetration. Gerade kommt der Tierarzt aus dem Affenhaus, die Bonobos erkennen ihn, zwei Tiere kreischen los, sie laufen aufeinander zu, ganz kurz touchieren sie sich – ah, das war jetzt der Sex. Man möchte nicht mit ihnen tauschen.

Übrigens lösen die Gruppen auf diese Weise auch Spannungen mit anderen Bonoboverbänden. Treffen zwei aufeinander, kommen sie sich körperlich nahe und gehen dann ihrer Wege. Im Gegensatz zu den Schimpansen: Die greifen Konkurrenten an und beißen heftig zu.

Überhaupt die Schimpansen. Mit denen hat auch die Wissenschaft sie lange verglichen, weil sie sich auf den ersten Blick ähnlich sehen. „Das sind keine Zwergschimpansen“, sagt Gralki und will den gebräuchlichen Namen am liebsten aus den Büchern streichen. „Sie haben dieselben Vorfahren, sind aber anders entwickelt.“ Die Schimpansen leben im Patriarchat, die Bonobos im Matriarchat. Obwohl die Männchen kräftiger sind, lehnen sie sich nicht gegen die Weibchen auf. Der Grund: Diese gehen starke Frauenbünde ein, gegen die einzelne Männchen keine Chance haben – und mit anderen Männchen verbünden sie sich nicht.

Außerdem gelten die Söhne als „Muttersöhnchen“, wie der Tierpfleger sagt. Für Kivu, sieben Jahre, noch nicht ausgewachsen, brach eine Welt zusammen, als er nach zwei Jahren entwöhnt wurde. Er wird sich lebenslang bei seiner Mutter aufhalten und in ihrem Schatten seinen Platz in der Hierarchie finden. Und ja, so was wie Sex haben sie manchmal auch, wenn es wieder aufregend wird im Bonobo-Gehege.

BONOBO IM ZOO

Lebenserwartung: 40-45 Jahre

Besonderheit: Am 31. Juli wurde das zweite Bonobo-Baby in diesem Jahr geboren.

Interessanter Nachbar: Haubenlangur, Flachlandgorilla, Prevost-Schönhörnchen

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