Sportler-Menüs: Futtern für Olympia
Am 5. August beginnen die Olympischen Spiele. Wir haben sechs Sportler gefragt, was sie vor Beginn der Wettkämpfe essen – und was nicht.
Frank Stäbler, Ringer, 27 Jahre
Frühstück: Tee, ein kleines Nutella-Brot. Drei Tage vor dem Wettkampf nichts
Mittags: 200-300 Gramm Fleischbrühe mit Nudeln. Drei Tage vor dem Wettkampf nichts
Abendessen: Eventuell Wassermelone
Die Umstellung der Ernährung von uns Ringern ist am intensivsten von allen Sportarten, ich muss mein Gewicht vor Wettkämpfen extrem „abkochen“, also in kurzer Zeit reduzieren. Acht Kilo in acht Tagen – von 74 Kilo runter auf 66, um mein Wettkampfgewicht zu erreichen. Sonst müsste ich eine Gewichtsklasse höher antreten.
Am Anfang nehme ich extrem reduzierte Nahrung zu mir, 200 bis 300 Gramm Nudeln pro Tag mit ein bisschen Fleischbrühe, die letzten Tage nicht mal mehr das. Nichts essen, nichts trinken, viel schwitzen. Bei meinem Training verbrenne ich locker 6000 Kalorien am Tag. Wie es mir dabei geht? Scheiße, auf Deutsch gesagt. Der Verzicht aufs Essen ist weniger schlimm, aber man denkt ununterbrochen ans Trinken! So extrem mache ich das vielleicht zwei Mal im Jahr. Ich kenne das „Abkochen“, seit ich 14 bin. Leider kann man sich nicht daran gewöhnen.
Nach dem Wiegen für den Wettkampf gibt es einen Riegel und sieben bis neun Liter Wasser. Das saugt der Körper auf wie ein Schwamm. Und nach dem Wettkampf kocht meine Mama meine Lieblingsgerichte: Jägerschnitzel, Lasagne... Zwei Tage später habe ich die acht Kilo wieder drauf.
Die Schwimmerin: "Mehr Leistung ohne Gluten"
Lisa Graf, Schwimmerin, 22 Jahre
Frühstück: Früher oft Müsli, heute gern selbstgebackenes Brot mit Buchweizenmehl
Mittags: Irgendeine Reis-Kartoffel-Gemüse-Kombi
Abendessen: Wenig Kohlehydrate, meistens Salat oder Spinat mit Ei
Einen Ernährungsplan habe ich nicht. Über die Jahre merkt man schon selbst, was einem gut tut. Dass ich ohne Gluten und Hefe leistungsfähiger bin, weiß ich aber erst seit einem Unverträglichkeitstest im Dezember. Danach habe ich auf Weizenmehl verzichtet – immerhin bis zu den Deutschen Meisterschaften im Mai, bei denen ich Gold über 200 Meter Rücken und die Olympianorm geschafft habe. Anschließend habe ich mir wieder was gegönnt, Kuchen, mal einen Döner.
In Vorbereitung auf Rio werde ich das sein lassen. Kein Problem, Quinoa und Tunfisch esse ich auch gern. Ohne Frühstück – das geht bei mir nicht. Vormittags habe ich ja schon drei Stunden Training. Danach esse ich Obst oder Nüsse, zu Hause koche ich mir etwas. Nach einem Schläfchen geht es zum Nachmittagstraining, davor gibt’s eine Banane oder einen Fruchtriegel.
Abends bin ich manchmal so ausgepowert, dass ich nur noch ins Bett will, aber irgendwas Leichtes koche ich mir. Und ohne das tägliche Schokoladenstück kriege ich Entzugserscheinungen. Manchmal wird daraus leider eine ganze Tafel. Zurzeit esse ich besonders gern eine Sorte mit Joghurtfüllung, Honig und Nüssen. Die heißt lustigerweise „Olympia”.
Die Sportgymnastin: "Mein Kühlschrank verführt nicht zum Sündigen"
Jana Berezko-Marggrander, Rhythmische Sportgymnastin, 20 Jahre
Frühstück: Eine Schale Müsli mit Joghurt
Mittags: Fleisch, Fisch, Gemüse, so wenig Kohlenhydrate wie möglich
Abendessen: Etwas Obst oder Quark
2014 gab es einen Skandal um Trainingsmethoden und Ernährung in der deutschen Sportgymnastik. Vorher wurden wir viermal täglich gewogen, seither ist das Wiegen beim Training abgeschafft. Aber ganz ehrlich: Beim Spitzensport gehört das einfach dazu, und zu Hause steige ich natürlich auf die Waage. Bei 1,68 Meter Größe liegt mein Optimalgewicht zwischen 53 und 55 Kilogramm, das halte ich auch recht zuverlässig. Meine Strategie: Keine großen Portionen und Zwischenmahlzeiten, wenig Zucker und Fett, damit ich meinen Körper gut bewegen kann.
Nach einigen Jahren im Sport weiß ich, was ich zu mir nehmen kann und kenne mich ganz gut mit den Kalorien einzelner Lebensmittel aus. Wenn gerade nicht Wettkampfsaison ist, geht auch mal ein Stück Schokolade, aber jetzt vor Rio esse ich lieber ein paar Kirschen oder einen Apfel – ich weiß ja, wofür ich es tue. Heißhungerattacken habe ich seit dem Ende der Pubertät glücklicherweise im Griff, sogar wenn ich mich im Freibad mit Freunden treffe, die sich Eis oder Pommes gönnen. Das ist das Gute an meiner Mitbewohnerin, auch eine Gymnastin: Unser Kühlschrank verführt nicht zum Sündigen.
Der Geher: "Bei mir setzt nichts an"
Hagen Pohle, Geher, 24 Jahre
Frühstück: Ein Brötchen mit Honig und Marmelade
Mittags: Oft Nudeln, etwa mit Tomatensauce und Schafskäse
Abendessen: Vier Mischbrotstullen mit Käse, manchmal auch Salat mit gebratenen Garnelen
Vor dem ersten Training des Tages brauche ich nicht so viel Energie, selbst wenn wir da meist 30 bis 40 Kilometer gehen. Ein Frühstücksbrötchen reicht mir schon. Strenge Regeln, was wann gegessen werden muss, gibt es bei uns Gehern nicht. Sicher könnte man da an mehr Schräubchen drehen, aber ich esse hauptsächlich, worauf ich Lust habe. Deshalb gibt es für mich auch kein Belohnungsessen nach Wettkämpfen – Lasagne Bolognese geht eigentlich immer. Na gut, vor den Olympischen Spielen werde ich schon darauf achten, mich ausgewogen zu ernähren, aber so viel, wie ich mich bewege, setzt ja ohnehin nichts an.
Trotzdem vermeide ich es, aus Langeweile zu naschen. Hin und wieder eine Cola, in der Erdbeerzeit mal ein Stück Kuchen, das war’s. Zurzeit trinke ich einen Eiweißshake mit Cookies-Geschmack, die Proteine darin sind besonders wichtig zur Regeneration in härteren Trainingsphasen – und die Schokostückchen sind auch nicht übel.
Unter der Woche esse ich eher wenig Fleisch, am Wochenende gibt es bei meinen Eltern dann aber das volle Programm mit ordentlich Wurst. Das gefällt mir ganz gut, selbst kochen ist nämlich nicht so mein Ding.
Der Gewichtheber: "Ich brauche 8000 Kalorien täglich"
Almir Velagic, Gewichtheber im Superschwergewicht, 34 Jahre
Frühstück: 6 Eier, 3 Brötchen, Joghurt, Magerquark
Mittags: Fleisch, Fisch, Kartoffeln, Nudeln
Abendessen: Fleisch, Fisch, Kartoffeln, Nudeln. Später: Putenschnitzel, 10 Eier, Magerquark
Zwischendurch: Eiweißshakes
Ich esse in erster Linie VIEL. Das muss ich auch als Gewichtheber im Superschwergewicht, der 150 Kilo wiegt und am liebsten noch mehr wiegen will. Natürlich muss alles qualitativ hochwertig sein: viel Eiweiß, viele Kohlenhydrate. Ich brauche am Tag etwa 8000 Kalorien, das bekomme ich mit normalen Essen gar nicht hin. Also muss ich mit Nahrungsergänzungsmitteln nachschießen, zum Beispiel Eiweiß-Shakes. Ansonsten Fleisch, Fisch, Kartoffeln, Nudeln, alles außer Schwein. Abends esse ich meist zwei Mal: erst um halb acht und nochmal um zehn, halb elf. Eine Stunde vor dem Schlafengehen können es dann noch mal zehn hartgekochte Eier mit Magerquark sein.
Ständig denke ich: Wenn ich jetzt zu wenig esse, verliere ich ein Kilo und das wirkt sich negativ auf meine Leistung aus. Ich kontrolliere mich immer: Hab ich genug gegessen? Das waren jetzt zwei Steaks … eins geht noch. Oder wenigstens ein halbes. Ich freue mich schon darauf, nach meiner Karriere 50 Kilo abzunehmen. Nicht immer zu schwitzen, nicht immer ans Essen denken zu müssen. Wir Superschwergewichtler sind ja nicht als Dicke geboren wurden, sondern haben uns für unseren Sport geopfert, weil wir diese Masse und die Kraft brauchen.
Die Weitspringerin: "Die Zeiten von All-yo-can-eat sind vorbei"
Alexandra Wester, Weitspringerin, 22 Jahre
Frühstück: Rühreier mit Gemüse oder Knäckebrot mit Fisch und Salat
Mittags: Steak mit Süßkartoffeln oder Salat mit Putenstreifen
Abendessen: Couscous-Salat mit Shrimps und Zwiebeln
Ich liebe es zu essen. Bei mir in der Küche habe ich Bilder von Mahlzeiten aufgehängt, die mich beim Kochen inspirieren. Mir ist es wichtig, dass meine Ernährung gesund ist und abwechslungsreich. Mittags bevorzugt Kohlenhydrate und Proteine, abends – vor 20 Uhr – eher etwas Leichteres. Als Weitspringerin muss ich sehr auf mein optimales Wettkampfgewicht achten, es liegt zwischen 64 und 65 Kilogramm. Deswegen darf ich mir keine richtig fetten Mahlzeiten reinhauen, wie Spare Ribs. Früher bin ich oft mit Freundinnen essen gegangen, hab beim All-you-can-eat-Brunch ordentlich reingehauen. Heute gehe ich selten ins Restaurant und bestelle, wenn, dann eher einen Salat mit Pute.
Es braucht schon Disziplin, um standhaft zu bleiben. Aber ich hungere nicht, das habe ich selbst während der Zeit, als ich nebenbei gemodelt habe, nicht gemacht. Ich habe immer Studentenfutter dabei oder einen Müsliriegel. Während des Wettkampfes esse ich manchmal was Süßes, um meinen Blutzuckerspiegel nach oben zu treiben. Zum Wettkampf nehme ich eine Tüte Gummibärchen mit. Und nach der EM, da war ich ja noch in Holland, habe ich mir was gegönnt: eine gute Tüte Pommes.