Verleihung der Goldenen Kamera: Erst Klimaaktivistin geehrt, dann SUV verschenkt
Erst bekommt Greta Thunberg die "Goldene Kamera". Dann verschenkt Hauptsponsor Volkswagen einen SUV. Das stößt auf Kritik.
Das Geschenk an Schauspielerin Milena Tscharntke, die als bestes Nachwuchstalent eine "Goldene Kamera" bekam, sorgt in sozialen Medien für Spott und Kritik. Die 22-Jährige erhielt den Autoschlüssel für einen VW T-Cross aus den Händen des Moderators Steven Gätjen. Sie werde sicherlich nicht jede Anreise zu einem Casting bezahlt bekommen, mutmaßte er. "Deshalb haben wir noch eine kleine Überraschung für Dich."
Kurz zuvor war bei der Veranstaltung, die in einem Hangar des Flughafens Tempelhof stattfand, ein Sonderpreis für den Klimaschutz an die schwedische Schülerin Greta Thunberg verliehen worden.
Ihre eindringliche Rede, in der sie auch die anwesende Prominenz in die Pflicht nahm, sich zu engagieren, wurde mit viel Applaus begleitet. "Unser Haus brennt", sagte sie über den Zustand der Welt, jeder im Saal sei aufgefordert, sich für den Klimaschutz zu engagieren.
"Ihr überreicht Greta Thunberg die Goldene Kamera und lasst sie eine Rede halten und überreicht kurz darauf einer Nachwuchsschauspielerin einen Autoschlüssel für einen SUV... Ernsthaft @goldenekamera?", lautet ein Tweet, der kurz nach Ende der Veranstaltung gepostet wurde. Die Community erregt sich nicht nur darüber, dass Volkswagen als Sponsor der "Goldenen Kamera" auftrat, sondern auch darüber, dass es sich beim Modell VW T-Cross um einen Verbrenner handelt.
"Ist das Euer Ernst das Thema Klimaschutz auszurufen und dann verschenkt ihr ein Auto von @VWGroup_DE. Wäre ich @GretaThunberg würde ich jetzt aufstehen und gehen!", schreibt User Thorsten Golasch. Besser wäre es gewesen, eine Bahncard100 zu überreichen, fordern verschiedene Nutzer. "Augen auf bei der Sponsorenwahl", gibt Alexander Liese dem ZDF mit auf den Weg. Wie wenig ernsthaft Greta Thunberg und ihr Anliegen genommen worden seien, wird auch an der Bemerkung festgemacht, Schauspielerin Tscharntke solle mit dem neuen Auto zu ihren Casting-Terminen fahren.
Thunberg nimmt das Publikum in die Pflicht
In ihrer Rede hatte Greta Thunberg kurz zuvor das prominente Publikum direkt auf seine Versäumnisse angesprochen und dazu aufgefordert, sich persönlich gegen die Klimakatastrophe zu engagieren. "Wir stehen an einem Scheideweg der Geschichte", sagte die 16-Jährige. Man könne das Thema Klimawandel nicht einfach ausblenden, um weiter um die Welt zu "Stränden, Lieblingsrestaurants und Yogaseminaren zu fliegen". Schauspieler seien für das Publikum wie Götter, "ihr habt Einfluss auf Milliarden Menschen". Die junge Generation brauche ihre Unterstützung. Thunbergs Rede wurde immer wieder von Applaus unterbrochen, die Preisvergabe wurden von stehenden Ovationen begleitet.
Volkswagen twitterte noch in der Nacht: "Glückliche Gewinnerin des Nachwuchspreises der Goldenen Kamera" und zeigte ein Foto Milena Tscharntkes mit dem VW-Vertriebschef. In seiner Werbung für den SUV preist das Unternehmen den Wagen wegen seines "markanten Erscheinungsbildes", die ihm die "lange Motorhaube und der breite Kühlergrill verleihen".
Nachtrag:
Christian Buhlmann, Leitung Product Line Communications bei Volkswagen, hat in einer Mail auf diesen Artikel reagiert. Darin weist er unter anderem auf den geringen Schadstoffausstoß des verschenkten Fahrzeugs T-Cross hin:
„Der hier übergebene Volkswagen T-Cross 1.0 TSI mit DSG-Getriebe und 85 kW emittiert ausstattungsabhängig 115-112 g CO2 je km. Der Verbrauchsunterschied zum Kleinwagen Polo, auf dem der T-Cross basiert, liegt bei 5 Gramm (Polo-Werte: 110-108 g CO2 je km). Die Differenz ist also etwa so viel, wie der Versand einer E-Mail produziert.“