Goldene Kamera für Greta Thunberg: „Wir stehen an einem Scheideweg der Geschichte“
Klimaaktivistin Greta Thunberg ist in Berlin mit der Goldenen Kamera ausgezeichnet worden. Schauspielerin Vanessa Redgrave wurde für ihr Lebenswerk geehrt.
Doppeltes Glück für Anna Schudt. Erst bekam sie am Samstagabend bei der Verleihung der Goldenen Kamera auf dem Gelände des Flughafens Tempelhof eine Trophäe als „Beste Schauspielerin“. Dann wurde auch noch „Aufbruch in die Freiheit“ als bester Fernsehfilm ausgezeichnet, in dem sie eine Hauptrolle spielt.
Der größte Star des Abend saß derweil im Publikum und unterschied sich von allen anderen Gästen, die fast die ganze Zeit routiniert lächelten, durch den ernsten Gesichtsausdruck.
Mit 16 Jahren gehört Greta Thunberg wohl zu den Jüngsten, denen dieser Preis jemals eine Bühne gab. Wahrscheinlich wurde sie auch erst kurzfristig auf die Preisträgerliste gesetzt, denn in der Kategorie Umwelt und Klimaschutz gab es auch für den Dokumentarfilmer Dirk Steffens eine Auszeichnung. Der nutzte die Gunst der Stunde, um für seine Petition zu werben, den Artenschutz ins Grundgesetz aufzunehmen. Eine fulminante Laudatio auf ihn hielt Bestseller-Autor Frank Schätzing. Michael Bully Herbig übernahm es, Greta Thunaberg zu loben und darauf hinzuweisen, dass sie auch schon für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen wurde.
Für die Verleihungszeremonie zog die 16-Jährige ihr blaues Hoodie aus, erschien im kurzen weißen Kleid auf der Bühne.
„Wir leben in einer merkwürdigen Welt“, sagte sie, „wo Kinder die eigene Ausbildung opfern, um ihre Zukunft zu sichern“. „Wo die Antworten, nach denen wir suchen, in der heutigen Politik nicht zu finden sind.“ Und fügte noch mit Blick auf die Scheinwerfer hinzu: „Wo ein Fußballspiel oder eine Filmgala mehr Aufmerksamkeit bekommt, als die größte Krise, vor der die Welt je stand.“ Um den katastrophalen Klimazusammenbruch zu verhindern, würden auch die Stimmen der anwesenden Prominenten gebraucht: „Ihr könnt helfen, unsere Verantwortlichen wach zu rütteln, sie wissen zu lassen, dass unser Haus in Flammen steht“, rief sie ins Publikum. „Wir stehen an einem Scheideweg der Geschichte.“ Dafür gab es eine stehende Ovation für die Teenagerin.
Für diese Kategorie, die während der weltweit begangenen „Earth Hour“ für den Klimaschutz zelebriert wurde, hatte man einen besonders emotionalen Rahmen gewählt. Pop-Star Katie Melua führte mit Star-Pianist Lang Lang am Klavier im Rahmen den Hit „What a Wonderful World“ auf.
Jessica Chastain und Vanessa Redgrave ausgezeichnet
Kein Wunder, dass Senecas Spruch „Nicht für das Leben, sondern für die Schule lernen wir“ bei Millionen von Lateinschülern in der Fassung „Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir“ im Gedächtnis haften geblieben ist. Die Umkehrversion des ursprünglichen Spruchs passt ja auch gut auf die „Fridays for Future“-Demonstrationen, deren Symbolfigur die 16-jährige Schwedin geworden ist.
Verliehen wird die Goldene Kamera von der Funke-Mediengruppe, zu der die „Berliner Morgenpost“ gehört. Lange Zeit stand der Springer-Verlag hinter dieser Trophäe.
In der Kategorie „Beste Schauspielerin International“ wurde Jessica Chastain ausgezeichnet. Für ihr Lebenswerk sollte eigentlich Vanessa Redgrave einen Preis erhalten. Aber wegen eines Unfalls verboten die Ärzte ihr die Reise nach Berlin, deshalb nahm ihr Ehemann Franco Nero die Kamera an ihrer Stelle entgegen. Die Lobrede hielt Judy Winter, die erzählte, dass sie zwar die deutsche Stimme der Oscar-Preisträgerin sei, sie aber nie persönlich kennengelernt habe. Mit sichtlich lädiertem Gesicht bedankte sich die 82-jährige Redgrave per Video-Einspielung.
Mit Thomas Gottschalk als Hintergrund-Sänger brachte die Gruppe „Pur“ als Dank für ihre Goldene Kamera in der Kategorie „Beste Musik“ den Hit „Zu Ende träumen“ auf die Bühne. Und bevor „Der Bergdoktor“ im Rahmen des Publikumspreises als beliebteste Heimatserie gekürt wurde, sang auch der britische Popstar George Ezra noch seinen Hit „Shotgun“, nicht ohne zuvor das deutsche Bier zu loben. Stephan Lamby, Gewinner der Auszeichnung in der Kategorie „Bester TV-Journalismus“ für seinen Dokumentarfilm „Im Labyrinth der Macht“, bedankte sich mit der Feststellung: „Journalismus war nie so wichtig wie heute."
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