Cityhostel in Berlin: Eine Nacht in dem Hostel, mit dem Nordkorea viel verdient
Nordkorea nutzt das Berliner Cityhostel für die Beschaffung von Devisen - entgegen einer UN-Resolution. Für unsere Kolumne "In Fremden Federn" hat unser Autor darin übernachtet.
Angesichts seiner Atomtests soll Nordkorea es schwerer haben, im Ausland Geld zu verdienen, sieht eine UN-Resolution vor. Trotzdem erwirtschaftet es mit dem City Hostel in Berlin jeden Tag wertvolle Devisen. Ein Vorstoß der Bundesregierung soll das nun beenden. Im vergangenen September hat unser Autor in dem Hostel übernachtet.
Nebenan grüßt die Familie Kim mit Raketen in der Luft und am Boden und dem aktuellen dicken kleinen Führer aus einem Schaukasten. Der Plattenbau hinter dem Metallzaun ist die Botschaft von Nordkorea. Auch das in den 1970ern zeitgleich gebaute heutige „Cityhostel Berlin“ in der Glinkastraße in Mitte gehört als Immobilie noch immer Pjöngjang.
Aber davon haben die hier hineinströmenden Gäste meist keine Ahnung. Es sind junge Leute aus aller Welt. Mit nicht zu viel Geld. Gerade checkt eine Schulklasse aus Minden ein, davor war’s ein russisches Jugendorchester, dem am nächsten Morgen ein Ensemble aus Mexiko folgen wird.
Ein „Freedom“- Graffito an der Wand
Heiße Platte. Im Foyer an den Wänden eine durchbrochene Berliner Mauerattrappe mit einem „Freedom“- Graffito, davor ein schwarzer Flügel und Begrüßungen für Teilnehmer des Sommerfestivals Young Euro Classic. Über der Rezeption läuft auf einem frühen Flachbildschirm der Loop eines Maueröffnungsfilms in Stonewashed-Technicolor. Von einer freundlichen Dame erhalte ich für mein Doppelzimmer (zur Einzelbenutzung) im oberen 4. Stock 1 Handtuch sowie 1 gelben Plastikchip mit Messer und Gabel drauf: „Das ist für das Frühstück.“
Duschkammer mit strengem Geruch
Das geräumige Eckzimmer mit Blick Richtung Gendarmenmarkt und Fernsehturm wirkt bis auf die Hitze bei geschlossenen und dem Verkehrslärm bei offenen Fenstern absolut funktional: Doppelbett mit Schaumstoffmatratze, neuer Plasteboden, 2 Kleiderbügel im Schrank, die Wochenausgabe von „China Daily“ auf dem Tisch, getrennt Toilette und eine Duschkammer (mit strengem Geruch). Das winzige Handwaschbecken befindet sich neben dem Bett, hat allerdings keinen Halter oder Haken für das 1 Handtuch. Auch der Fernseher (südkoreanisch) hat keine Fernbedienung, die gibt’s aber gegen 20 Euro Pfand.
Das Cityhostel ist mit 450 Betten in 109 Zimmern (häufig Stockbetten) im Jahresschnitt zu rund 80 Prozent ausgebucht, mit täglich wechselnden Preisen zu rund 33 Euro pro Bett. Die jungen Gäste, die morgens ihre Handtücher aus den Fenstern hängen, sind zufrieden. Sie sind mittenmang, das Tor, Checkpoint Charlie, Mahnmal und (gefragt) der Ort des einstigen Führerbunkers fast um die Ecke. Und ganz Neugierige könnten auch das ehemalige Kleist-Haus in der Mauerstraße entdecken oder schräg gegenüber der Botschaft ein Firmenschild mit nichts als dem Namen „Snowden“. Wer das Hostel betreibt? Eine türkische Hotelierfamilie hat es über eine Agentur des Bundes von Nordkorea gemietet. Und die Vermieter nebenan bleiben hinter grünbraunen Vorhängen unsichtbar.
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