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In der Hartwall Arena im Norden von Helsinki.
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Sauna in Finnland: Ein Land schwitzt

Auf zwei Finnen kommt statistisch eine Sauna. Hier lernen Sie drei sehr spezielle Orte kennen – einer davon birgt sogar politische Geheimnisse.

Die Sauna auf Rädern: Wenn es noch einen Beweis brauchte, wie sehr die Finnen und die Sauna zusammengehören, dann ist er das wohl. Ein Bus, auf den ersten Blick unscheinbar, doch die Kabine im Innern lässt sich dank eines Ofens aufheizen: auf 40, 50 oder, wenn man das mag, auch auf 90 Grad Celsius. „Damit können Sie saunieren und gleichzeitig von einem schönen Ort zum nächsten fahren, zum Beispiel zu verschiedenen Seen“, erklärt eine Mitarbeiterin des Reiseunternehmens Rukapalvelu in Lappland, das den Saunabus vermietet (es sind noch eine Handvoll ähnlicher Modelle auf Finnlands Straßen unterwegs). 20 Leute passen hinein, vier Stunden kosten etwa 800 Euro. Ein Drittel des Jahres ist der Bus ausgebucht, im Sommer wie im Winter. Die Kunden: überwiegend Einheimische.

Eine Sauna, die einen überallhin begleitet – das ist ein finnischer Traum. „Sogar unsere UN-Soldaten richten sich Saunen ein, ob im Libanon oder in Afghanistan“, sagt Ulla-Maija Rouhiainen, die ein mittlerweile vergriffenes Buch zum Thema veröffentlicht hat. In den Botschaften, sei es in Berlin, sei es in Washington, gibt es natürlich auch Saunen.

In Finnland selbst besitzen alle Sommer- und die Mehrzahl der Wohnhäuser eine Sauna. Konservativen Schätzungen zufolge „kommen auf 5,4 Millionen Finnen mehr als zwei Millionen Saunen“, so Expertin Rouhiainen. Wer im Best Western Katajanokka in Helsinki übernachtet, erfährt, dass dort nicht erst eine Sauna existiert, seit der Backsteinbau von einem Gefängnis in ein Hotel verwandelt wurde. Schon die Häftlinge durften schwitzen, jede Woche einmal, im Anschluss an die Wärter.

Finnlands Liebe zur Sauna hat eine lange Geschichte, sie ist sicher 1000 Jahre alt. Dass die Menschen Wärme suchten, überrascht nicht in Anbetracht des örtlichen Klimas. Früher wurde in dem Gebäude, in dem eine Familie saunierte, auch geräuchert und gewaschen. Selbst die Kinder kamen dort zur Welt, weil die Sauna – übrigens ein finnisches Wort – vergleichsweise hygienisch war.

Im 18. Jahrhundert starteten die Schweden, die damals über Finnland herrschten, eine Kampagne gegen das Saunieren. Es sei ungesund und unzüchtig, hieß es. Bei ihren Landsleuten, die bis dato auch gerne in die Sauna gingen, hatten sie Erfolg, bei den Finnen nicht. „Für viele war es die einzige Freude, das ließen die sich nicht von den Schweden verbieten“, sagt Rouhiainen. Bis heute wird die Tradition gepflegt, die Sauna ist fast ein nationales Symbol: als ob sie von Natur aus zu Finnland gehörte, wie die Seen, in die man zwischen den Schwitzgängen springt.

Die Stadion-Sauna

In der Hartwall Arena im Norden von Helsinki.
In der Hartwall Arena im Norden von Helsinki.
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Was für Deutschland der Fußball, ist für die Finnen Eishockey. Jokerit, die Joker, gehören zu den zwei großen Mannschaften in der Hauptstadt. Wegen ihres russisch-finnischen Besitzers sind sie neuerdings nicht mehr Teil der nationalen Liga, sondern der russisch dominierten „Kontinental Hockey League“. Seit 1997 spielen die Jokerit in der Hartwall Arena, nördlich von Helsinkis Zentrum, benannt nach einem Getränkehersteller.

13 000 Zuschauer fasst die Multifunktionshalle, die privilegiertesten sitzen in den zwei Skyboxen, die je über eine Sauna verfügen. Man nimmt auf warmen Holzbänken Platz und schaut durch getönte Scheiben aufs Spielfeld, umgekehrt kann niemand von draußen hinein sehen. Das Saunieren ist hier – allein weil die Miete für einen Abend 2500 Euro beträgt – eher gesellschaftliches Ereignis als privates Vergnügen. Firmenausflüge in die Arena seien beliebt, erzählt eine Mitarbeiterin bei einer Führung. In die größere Box passen 72, in die dazugehörige Sauna 20 Gäste. Die Frauen gehen zuerst, dann die Männer. So wie meist, wenn Finnen in der Gruppe schwitzen.

Expertin Rouhiainen glaubt, dass Ausländer falsche Vorstellungen vom SaunaRitual haben: „Die denken, es müsse immer 100 Grad heiß sein, und danach werde man gezwungen, eine Flasche Wodka zu trinken.“ Zwar gibt es Überbietungswettbewerbe in Sachen Hitze und Alkohol, jedenfalls unter Männern, für die auch der Bau einer Sauna eine Frage der Ehre sein kann. Aber der Alltag sieht anders aus. „Im Durchschnitt saunieren wir zwei Mal wöchentlich.“ Unter der Woche oft nach dem Sport – denn Finnen schauen dabei nicht nur gerne zu, sie sind auch selbst außergewöhnlich aktiv, mehr als eine Million Menschen sind Mitglieder in Sportvereinen. Und am Freitag oder Samstag, wenn die Arbeit hinter einem liegt.

„Das ist eine Meditation“, sagt Rouhiainen, die ihre heute erwachsenen Söhne das erste Mal mit in die Sauna nahm, als die beiden wenige Wochen alt waren. Vielleicht mache das Saunieren vom Kleinkindalter an die Finnen körperlich abhängig: „Weil es so entspannend ist.“

Die Präsidenten-Sauna

In der Hartwall Arena im Norden von Helsinki.
In der Hartwall Arena im Norden von Helsinki.
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Die berühmteste Sauna des Landes befindet sich im Westen Helsinkis, direkt an der Ostsee, und ist Teil eines Museums. Sie steht neben der einstigen Villa von Urho Kekkonen, Finnlands legendärem Präsidenten. Er regierte von 1956 bis 1981 und ist damit das am längsten amtierende Staatsoberhaupt einer demokratisch wählenden Republik. In Tamminiemi, so der Name der Residenz, führt ein Museumswärter vom Saunaofen zum Entspannungsbereich, wo Liegestühle stehen, und weiter zum Schwimmbecken, durch dessen Fenster man aufs Meer blickt. Im Laden nebenan gibt es Postkarten, die jene Holzleisten zeigen, auf denen Kekkonen die Hitze genoss.

Der Präsident traf in seiner Sauna regelmäßig einen Kreis befreundeter Intellektueller, um sich mit ihnen offen, aber vertraulich zu beratschlagen. Berühmt wurde das Domizil an der Ostsee vor allem, weil auch Vertreter der Sowjetunion hier schwitzten (Nikita Chruschtschow gehörte wohl nicht dazu, entgegen einer Legende). Denn Kekkonen manövrierte zwischen Ost und West. Finnland machte Konzessionen an seinen mächtigen Nachbarn, blieb aber der einzige europäische Staat mit einer Grenze zu Russland, der seine Unabhängigkeit von der Sowjetunion wahren konnte. In Westdeutschland warnten Kritiker einer Annäherung zwischen Bonn und Moskau damals vor der „Finnlandisierung“.

Was Kekkonen und seine Besucher besprachen, drang nicht nach außen. Deshalb, erklärt der Museumsführer, sei unklar, wie politisch bedeutsam das Saunieren eigentlich war. Immerhin wurde Tamminiemi zum Synonym für finnische Diskretion. Expertin Rouhiainen drückt es so aus: „In der Sauna ist man nackt wie bei seiner Geburt, dadurch können die Leute auf Augenhöhe sprechen – und man kann sich den anderen anvertrauen.“ Diese Kultur wird unter Kumpels genauso gepflegt wie in den Saunen finnischer Unternehmen.

In den 1990er Jahren knüpfte Präsident Martti Ahtisaari an die von Kekkonen geprägte Tradition an, als er sich mit seiner Saunadiplomatie um die Lösung internationaler Konflikte bemühte. Und auch das Parlament in Helsinki besitzt eine Sauna – für Journalisten ist sie tabu. Denn überall, sagt Ulla-Maija Rouhiainen, gelte: „Was in der Sauna besprochen wird, bleibt in der Sauna.“

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