Was dürfen Mieter?: Duschen immer, Stöhnen nimmer
Nach der rechtmäßigen Kündigung eines Rauchers ist die Verunsicherung groß: Was darf ich als Mieter überhaupt? Was ist verboten? Ein Überblick.
Armer Friedhelm Adolfs. Heftig hat er sich juristisch gewehrt, gebracht hat’s ihm nichts. Gerade bestätigte das Düsseldorfer Landgericht in zweiter Instanz, dass der 75-jährige Rentner bis Jahresende seine Wohnung räumen muss. Weil er im Mehrfamilienhaus jahrelang geraucht und nicht gelüftet hat. Sind Zigaretten nun sogar in der eigenen Wohnung tabu? Und womit riskieren Mieter sonst noch Ärger?
Rauchen. Kann einem auch künftig keiner untersagen. Allerdings muss man verhindern, dass Qualm ins Treppenhaus zieht und so die Nachbarn stört. Genau das hat der Düsseldorfer Rentner versäumt. Hätte er regelmäßig gelüftet und seine Aschenbecher geleert, wäre die Kündigung unwirksam gewesen.
Nachts duschen. Auch während der Nachtruhe – zwischen 22 Uhr und 6 Uhr morgens – dürfen Mieter duschen oder baden, allerdings nicht ewig. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat dazu 1990 ein wegweisendes Urteil gefällt und die maximale nächtliche Dusch- oder Badeperiode (sofern sich Nachbarn belästigt fühlen) auf 30 Minuten pro Person festgesetzt. Dies genüge „für vorbereitende und abschließende Tätigkeiten wie Ein- und Ablauflassen des Badewassers“.
Klogänge. Toilettenspülungen können rund um die Uhr benutzt werden, und zwar unbegrenzt oft. Die Technik des eigentlichen Klogangs kann dabei frei gewählt werden: Der Versuch, einem Mieter aus Lärmschutzgründen das deutlich lautere Stehpinkeln zu verbieten, ist vor dem Amtsgericht Wuppertal gescheitert.
Stöckelschuhe. Das Hamburger Landgericht hat 2009 endlich geklärt: Das Tragen von High Heels in der Wohnung kann Mieterinnen verboten werden, wenn es die Nachbarn in der Etage darunter stört. Das Verbot bezieht sich jedoch nur auf die Bodenbeläge Fliesen und Laminat. Hochhackige Schuhe auf dickem Flokati sind weiterhin okay.
Umbauten und Geschlechtsverkehr
Farbige Wände. Regenbogenmuster? Kein Problem. Tigerenten-Style? Aber gern doch. Auch fluoreszierende, extrem grelle Wandfarben sind gestattet. Beim Auszug müssen die Tapeten jedoch in „farblich neutralen Tönen“ hinterlassen werden, sonst droht Schadenersatz. Achtung: Mit „farblich neutral“ ist nicht Weiß gemeint. Nötig sind lediglich dezente Farben. Mietklauseln, die ausdrücklich „weiße Wände“ fordern, sind unwirksam.
Umbauten. Wer vergoldete Wasserhähne anbringen oder die WC-Schüssel austauschen möchte, muss den Vermieter nicht fragen. Auch das Durchbohren von Kacheln oder Fliesen ist erlaubt. Das Amtsgericht Rheinbach fand, dass ein Mieter ohne Weiteres 14 Küchenfliesen anbohren darf, wenn er eine Arbeitsplatte befestigen will.
Haustiere. In etlichen deutschen Mietverträgen steht, Hunde und Katzen seien in der Wohnung verboten. Aber: Alle diese Klauseln sind ungültig! Stattdessen, so hat es der Bundesgerichtshof 2013 entschieden, muss bei jedem Einzelfall abgewägt und entschieden werden, ob das Tier die Nachbarn stört. Sowieso erlaubt sind Nagetiere, Reptilien, Vögel und Fische – abgesehen von Extremfällen: Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat einer Mieterin recht gegeben, die sich vom Graupapagei ihrer Nachbarn gestört fühlte. Das Tier hatte 18 Jahre lang täglich je zwei Stunden am Stück ein Pfeifkonzert angestimmt und dabei Lautstärken von mehr als 100 Dezibel erreicht. Der Papagei musste umziehen.
Geschlechtsverkehr. Heftiges Stöhnen beim Sex ist nicht erlaubt, sobald es die Nachbarn stört. Wachen diese nachts von den Geräuschen auf, stellt der Geschlechtsakt keinen „normalen Mietgebrauch“ mehr dar, hat das Amtsgericht Rendsburg entschieden. Lustvolle „Yippie-Rufe“ sind auf Zimmerlautstärke zu begrenzen. Extremes Schnarchen kann dagegen keiner verbieten. Und: Laute Sex-Geräusche dürfen Nachbarn nicht kontern, eine „Rache durch Gegenlärm“ ist verboten.
Wohnung teilen. Grundsätzlich darf man nur einen Untermieter aufnehmen, wenn der Vermieter einverstanden ist. Es gibt aber Ausnahmen: Bei engen Familienangehörigen und Lebensgefährten muss der Vermieter zustimmen.
Recht auf Party. Wie oft und zu welchen Gelegenheiten ein Mieter abends laut feiern darf, darüber kursieren unterschiedliche Theorien: Manche glauben, drei Partys im Jahr seien erlaubt, andere haben von der Einmal-pro-Monat-Regel gehört. Leider sind alle diese Annahmen Quatsch. Stattdessen gilt 365 Tage im Jahr: Von 22 Uhr bis 6 Uhr ist die besondere Nachtruhe einzuhalten. Ausnahmen gibt es nicht.
Waschen. Grundsätzlich dürfen Waschmaschinen nur zwischen 7 und 13 Uhr sowie 15 und 22 Uhr angestellt werden. Allerdings gibt es eine Ausnahme, die einigen juristischen Spielraum lässt: Berufstätige können „gelegentlich“ auch spät in der Nacht eine Maschine laufen lassen.
Grillen und Vögel füttern
Im Treppenhaus. Hat der Mieter wenig Rechte. Er muss hinnehmen, wenn Nachbarn dort ihre Hunde bürsten. Oder wenn der Vermieter Kunst aufhängt. In Münster zog ein protestantischer Mieter vor Gericht, weil er sich von der Madonna-Figur in seinem Treppenhaus gestört fühlte. Die Richter urteilten, die Jesus-Mutter löse keinen „besonderen Schock“ beim Mieter aus und dürfe bleiben.
Grillen auf dem Balkon. Kann der Vermieter vertraglich verbieten. Hat er das nicht getan, ist es trotzdem untersagt, sobald Rauch in die Nachbarwohnung zieht. Dasselbe gilt übrigens, wenn man statt auf dem Balkon im Innenhof, auf der Terrasse oder im Garten grillen will.
Markisen. Darf man, so hat das Amtsgericht München im vergangenen Jahr entschieden, gegen den Vermieter-Willen auf seinem Balkon anbringen – selbst wenn der Stoff das einheitliche Erscheinungsbild des Hauses zerstört. Das Sich-Schützen-Wollen vor Sonne gehöre zum „sozial üblichen Verhalten“. Der Berliner Mieterverein warnt jedoch davor, die Bausubstanz zu beschädigen.
Hanf planzen. Wer in seiner Wohnung Cannabis züchtet und von der Polizei erwischt wird, macht sich nicht nur strafbar, er kann auch gekündigt werden.
Vögel füttern. Das regelmäßige Füttern von Vögeln auf dem eigenen Balkon ist dagegen erlaubt – sogar dann, wenn die Nachbarn auf ihren eigenen Balkonen deswegen über Kot und Federn klagen. Das Landgericht Berlin hat ein entsprechendes Urteil 2010 mit der charakteristischen „Natur des Balkons“ begründet: Der solle schließlich „eine Verbindung in die äußere Umwelt vermitteln, ohne dass das Gebäude, in dem sich die Wohnung befindet, verlassen werden muss“. Zu dieser Umwelt gehörten eben naturgemäß auch Vögel.
Essensgerüche. Das Fenster darf beim Kochen offen bleiben. Gewöhnliche Essensdüfte gelten als „unwesentliche Beeinträchtigung“ der Nachbarn und sind hinzunehmen.
Propaganda. Wer aus dem Fenster seiner Wohnung Flugblätter wirft, in denen zum Kampf gegen den Vermieter aufgerufen wird, dem darf gekündigt werden.
Quellen: Berliner und Hamburger Mieterverein, Deutscher Mieterbund, Rechtsindex, www.juraexamen.info, Pro Wohnen.
Sebastian Leber
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