Ausflugstipps: Die schönsten Spaziergänge im Winter
Caspar-David-Friedrich-Stimmung am Stechlinsee, 350 Jahre alte Baumstämme und geräucherter Aal: Vier Wanderwege im Berliner Umland.
1. Heilige Hallen
Das mag komisch klingen, aber dieser wunderbare Winterspaziergang in der Feldberger Seenlandschaft führt an keinem einzigen See vorbei. Sondern quer durch den Wald, vorbei an Hochmooren, entlang an einem alten Damm, der gesäumt ist von uralten Eichen und haushohen Buchen. Der Weg schlängelt sich vorbei an knubbeligen Findlingen, die die Gletscher der letzten Eiszeit hergerollt haben, auf und ab durch die hügelige Endmoränenlandschaft. Und das Allerbeste: Man trifft niemanden im Winter. Selbst die Weißstörche, die hier im Sommer nisten, haben sich längst auf den Weg nach Süden gemacht. Ein Specht klopft, der Wind rauscht durch die Baumkronen, sonst herrscht monumentale Stille.
Man hat sie ganz allein für sich, die Heiligen Hallen, wie der wahrscheinlich älteste Buchenwald Deutschlands heißt. Ihren feierlichen Namen bekamen sie, weil die Bäume mit ihrem säulenartig-geraden Wuchs und ihren hohen Kronen an gotische Kathedralen erinnern. Heute sind manche Stämme über 350 Jahre alt und 50 Meter hoch. Einige sind umgestürzt, ihr Wurzelwerk ragt in die Höhe, die Stämme verrotten langsam. Da das Naturreservat unter absolutem Schutz steht, darf kein Totholz entfernt werden.
Lebendig beginnt der Weg südöstlich des Dorfs Lüttenhagen. Dort wächst ein kleines Arboretum, in dem Ende des 19. Jahrhunderts seltene Hölzer gepflanzt wurden. Nach zwei Kilometern auf einem alten gepflasterten Weg biegt man links ab. Der Buchenwald selbst darf laut Forstamt aus Sicherheitsgründen nicht mehr betreten werden. Es könnten Bäume und Äste herunterfallen. Aber auch auf dem Herrenweg, der durch den Baumbestand führt, spürt man den imposanten Wald und wie er sich selbst überlassen ist. Nach gut vier Kilometern erreicht man in insgesamt zwei Spazierstunden über eine Allee mit Apfelbäumen und Hagebuttenhecken wieder Lüttenhagen.
Fünf Autominuten von hier entfernt liegt das Gasthaus Tenzo in Triepkendorf. Das heißt auf Japanisch Klosterkoch. Die Japanophilie der Betreiber zeigt sich in der schönen Keramik, die auf den Tischen steht, und auch in den Gerichten, die Marcus Sapion in der ehemaligen Dorfschule kocht. Die sind bodenständig, mit Bio-Produkten aus der Region – und oft mit einem asiatischen Twist. Das Damwild mit Gewürzmole ist mit Togarashi, einem japanischen Sesampfeffer, abgeschmeckt. Noch was Süßes? Der Walnusskuchen im Rosalienhof in Beentz ist den Stopp unbedingt wert.
Weit: 4 Kilometer
Herzhaft: Tenzo, Triepkendorf, Alter Schulweg 2
Süß: Rosalienhof, Beentz, Chaussee 4
Schwierig: einfach, kinderfreundlich
Stechlin
Ist über den Stechlin nicht alles gesagt? Hat das der berechtigte literarische Hausgott aller Effi Briests und der Mark Brandenburg nicht schon getan? Und wenn man in Neuglobsow ankommt und im Gasthaus einen frühen Kaffee trinkt, wird einem der freundliche Wirt erzählen, dass er hier hinter dem Haus unter der Linde gesessen und geschrieben hat. Er, der Wirt, wird dann lächeln und sagen, „der Legende nach, ich war ja nicht dabei.“ Aber dass dieser gemütliche Gasthof namens Fontanehaus, dass dieser hübsche Ort, dieser See, Haus und Hof und Heimat von Theodor Fontane ist, spürt man bei jedem Schritt.
Man könnte, wenn man in diesen kalten Tagen einen Ausflug zum See macht, eine gute Stunde von Berlin entfernt, auch Caspar David Friedrich zitieren, den Maler der Elegie: Es ist nämlich dringend zu empfehlen, den Stechlinsee in dieser Jahreszeit zu besuchen. Etwas nass muss es sein, nebelig, kalt, einsam – und wunderschön. Sommer kann jeder, macht auch jeder, der Winterausflug, der bringt es. Man steht dann da wie Friedrichs Mann auf dem Berg: einsam, entspannt, euphorisch. Weil es die Ruhe ist, die entrückt. Wenn man still verharrt und nicht durchs spätherbstliche Laub raschelt und der Hund auch mal Ruhe gibt, vernimmt man ab und an ein Geschnatter von Enten. Aber sonst: Nichts, nichts, nichts. Die ganze Umrundung nichts. Unverbaut, nur Laub, der Wald, keine Erhebung, und links der See. Stille. Kein Flugzeug in der Ferne, kein Auto auf einer Autobahn. Ruhe, Ruhe, Ruhe. Bis die Partnerin oder der Partner sagt: „Was für eine Ruhe.“
„Courage ist gut“, hat Fontane geschrieben, „aber Ausdauer ist besser. Ausdauer, das ist die Hauptsache.“ Man kann das 17 Kilometer lang genießen, so lang ist der ganze Rundgang. Man kann aber auch nach ein, zwei Stunden umkehren und einkehren in der Fischerei direkt am See. Frischer geht Fisch nicht. Neben der bekömmlichen Fischsuppe bekommt man auch geräucherten Aal oder gebackene Forelle, Maräne, was der See so hergibt. Oder man raschelt durchs Laub zurück ins Fontanehaus, speist vorzüglich. 1779 wurde es erbaut, jetzt gibt es dort eine Wildsuppe, die wärmt nach der Kälte, oder Fontaneschmaus, was ein ziemlich blöder Name ist für eine mit Speck und Porree gefüllte Rinderroulade, zu der es Rotkohl und Kartoffelbrei gibt. Man wärmt sich also auf – und fährt dann zurück, etwas wehmütig nach einem nasskalten, nebeligen Tag.
Weit: 17 Kilometer
Frisch: Fischerei, Fischerweg 3, Stechlin
Herzhaft: Fontanehaus, Fontanestr. 1, Neuglobsow
Schwierig: mittelschwer, gute Kondition
Babelsberg
Die Krähen krächzen, die Enten quaken, die Knallerbsen knallen. Mögen die Blätter auch alle gefallen sein, die weißen Kügelchen hängen noch immer am nackten Busch. Einige pflücken und drauftreten, muss sein. Ein Püffchen kommt heraus, mehr nicht. Hat man lauter in Erinnerung. Aber auf Kindheitserinnerungen war noch nie Verlass.
Waldbaden ist ja gerade große Mode. Unsereins badet lieber im Park. Hier drei Bäume, dort ein Busch, das reicht. Ansonsten jede Menge Licht und Luft, weiter Himmel, Schäfchenwolken. Wenn man rausfährt aus der Stadt, will man Enge und Dunkelheit doch gerade hinter sich lassen. Was im Babelsberger Park bestens klappt. Man schwingt mit den Wegen, links herum und rechts herum, die Variationen scheinen schier unendlich, unten an der Havel entlang, oben mit Blick auf die Glienicker Brücke, ein bisschen hoch, ein wenig runter. Hier ein Turm, Flatow genannt, dort eine Laube: die Gerichtslaube aus Berlin, die einst dem Bau des Roten Rathauses weichen musste. Statt sie wegzuschmeißen, schenkte die Stadt sie dem Kaiser für seinen Park. Das nennt man Nachhaltigkeit. Von hier ist es nicht weit bis zum Schloss, das aussieht, wie aus einem Schauerroman gestiegen. Ist gerade wegen Renovierung geschlossen.
Aber es gibt ja noch das Kleine Schloss, ein wenig schlichter und heller und am Wasser gelegen, in dem man Kaffeetrinken und auf einem alten Sofa sitzen könnte, Freitag bis Sonntag 11 bis 17 Uhr und bei schönem Wetter vom Ersten Weihnachtstag bis Neujahr jeden Tag geöffnet, steht an der Tür. Stühle stehen noch draußen, ein Hund wird draufgesetzt und von Frauchen fotografiert.
Vor lauter Potsdam und Sanssouci vergisst man ja manchmal, dass es Babelsberg gibt. Schade. Allein der Gang vom S-Bahnhof zum Eingang des Parks über die Karl-Liebknecht-Straße, so wunderschön und historisch, lohnt die Reise, so wie später der Rückweg über Alt-Nowawes.
Mit roten Bäckchen steigt man in die S-Bahn ein und an der nächsten Station schon wieder aus. Man muss nicht mal den Bahnhof verlassen, um sich zu stärken. In der modern-behaglichen Brasserie „201“ wird frische asiatische Suppe mit knusprigem Brot und Stil serviert.
„Gehen. Weitergehen“ heißt das neue Buch von Bestsellerautor Erling Kagge. Also los: Noch ein kleiner Verdauungsspaziergang am Griebnitzsee entlang, durch die Villenkolonie zurück. Dann plumpst man selig in die Bahn, frisch gerüstet für die Großstadt.
Weit: 5 Kilometer
Herzhaft: 201, Rudolf-Breitscheid-Straße 201
Süß: Kleines Schloss, Park Babelsberg 9
Schwierig: einfach, hundefreundlich
Planetal
Golden funkeln die Sterne am Firmament. Das ist hier immer so, selbst bei bedecktem Himmel. Man muss nur Zuflucht suchen in der Kirche von Rädigke im Hohen Fläming. Dann freilich verpasst man die schöne Wanderung durch das Planetal. Die gibt es in drei Varianten. 14 Kilometer sind es für die Ambitionierteren, acht für die Zurückhaltenden und wenig über 1000 Meter für die, die nur mal gucken wollen. Selbst die letzte Variante bietet immer noch ein malerisches Dorf, es gilt eine Brücke zu überqueren, Wald ist dabei, die Kirche natürlich und ein Gasthof, der sich seit Jahrhunderten in Familienbesitz befindet.
Das Dorf Rädigke ist der Ausgangspunkt für alle drei Varianten, zwischen Dezember und März leider nur mit dem Auto zu erreichen, Autobahn Richtung Leipzig, Ausfahrt Niemegk. Ansonsten fährt der Bus ab Bad Belzig. Rädigke ist ein echtes Literaturdorf: Der Gasthof Moritz beherbergt in seinem für jedermann zugänglichen Festsaal eine Bibliothek mit 3000 Büchern, entleihen dürfen nur die 800 angemeldeten Leser, Rekord angesichts der nur 170 Einwohner.
Wer die kürzeste Variante wählt, nimmt vom Gasthof weg den Lese-Stein-Weg, ein mit Findlingen markierter Rundweg. Er führt durch Wald und Wiesen einmal ums Dorf, unterwegs gibt es auch etwas zu lesen. Die Rädigker Literaturfreunde haben die Findlinge mit kleinen blauen Kacheln aus dem nahen Töpferdorf Görzke bestückt, darauf Zitate von Eichendorff bis Strittmatter.
Manch einem reicht das ja schon. Schöner ist jedoch der Rundkurs, der von Rädigke zunächst auf der Pferdebrücke über den Lauf der Plane hinweg am Wiesenrand in den Wald führt. Markiert ist die Route durch einen stilisierten blauen Bergmolch. Sie verläuft durch kleine Schluchten, vorbei an brachen Wiesen und abwechslungsreichen Wäldern. Wer die lange Wanderung wählt, bekommt sogar die Planequelle zu sehen.
Die Acht-Kilometer-Variante (siehe Karte) biegt dagegen vorher nach Raben ab. Dort gibt es das Gasthaus Hemmerling, ebenfalls seit Jahrhunderten im Familienbesitz. Auf einer Anhöhe liegt Rabenstein, die einzige Höhenburg weit und breit. Allerdings öffnet sie erst wieder im Februar und dann nur an Wochenenden für das Publikum. Bis dahin muss man sich mit dem Bergmolchweg begnügen, vorbei an der Falknerei führt er auf der anderen Seite des Planetals zurück nach Rädigke.
Weit: 8 Kilometer
Herzhaft: Gasthaus Hemmerling, Dorftstr. 27, Raben
Süß: Gasthof Moritz, Hauptstr.40, Rädigke
Schwierig: mittelschwer, etwas Kondition nötig
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