Volksbegehren: Die Bayern wollen die Bienen retten
In Bayern ist das Volksbegehren "Rettet die Bienen" gestartet. Per Unterschrift können Bürger einen Gesetzentwurf für mehr Arten- und Naturschutz unterstützen.
Seinen selbst gebauten Fahrradanhänger-Container hat er nun Mitten in München auf den Marienplatz gestellt, und die Passanten bestaunen ihn. Der Hänger ist mit Blech umkleidet, hat ein Dach, Fenster und einen Blumenkasten. Plakate sind darauf angeklebt: "Rettet die Bienen! Eintragen!" "Den hole ich raus, wenn es mich wirklich juckt", sagt der Besitzer Mickel Rentsch. Und jetzt juckt es ihn, am Tag eins des bayerischen Volksbegehrens "Artenvielfalt - Rettet die Bienen".
Seit einigen Tagen fährt Rentsch, 51 Jahre alt und von Beruf Filmemacher, mit seinem Gefährt kreuz und quer durch München. "Damit mache ich Werbung", sagt er. Die Leute, die ihn sehen, klatschen ihm zu oder heben den Daumen. Auf dem Marienplatz ist Rentsch einer der ehrenamtlichen Helfer mit orangefarbener Warnweste. Er appelliert an die Leute, sich in die Listen einzutragen. "Fast alle finden es gut", ist seine Beobachtung.
Nur ein zwei Passanten sagten, sie würden sich um die Bauern sorgen, die die meisten Forderungen für mehr Artenschutz praktisch umsetzen müssten. Viele Bürger fragen Rentsch, wo sie sich eintragen können, obwohl die Schlange dafür vor dem Neuen Rathaus eigentlich unübersehbar ist. Um 11.30 Uhr misst sie 30 Meter, im Rathaus müssen die Menschen noch mal dieselbe Strecke bewältigen, um zu den Eintragungstischen zu gelangen. "Ich glaube, wir haben die Stimmen schnell beieinander", vermutet Rentsch.
Auf Initiative der ÖDP
In Bayern sind die Bienen gerade Thema Nummer eins, viele Bürger fühlen sich angesprochen. Manche Tierarten sterben, es gibt drastisch weniger Vögel, die industrielle Landwirtschaft breitet sich aus mit immer größeren unökologischen Monokulturen. Die Biene ist ein wunderbares Symbol, auch wenn Imker sagen, dass sie kein Sterben der Honigbienen erkennen können.
Vielmehr geht es um Wildbienen, fast die Hälfte von ihnen sind laut dem Landesverband Bayerischer Imker bedroht. Auch gelten in Deutschland 8000 Insektenarten als gefährdet. Mickel Rentsch hat sich auf dem Marienplatz einen bienenartigen Schmuck an den Kopf geheftet. Diesen Freitag soll in München "der größte Bienenliederchor Bayerns" singen. Mehr als 1000 Teilnehmer werden erwartet, viele verkleidet à la Maja, um mit Liedern "die Bienen zu ehren" und vor dem Artensterben zu warnen.
Initiiert wurde das Volksbegehren von der Kleinpartei ÖDP, die in Bayern auf diese Form der direkten Demokratie spezialisiert ist. Mit dabei sind auch die Grünen und die SPD. 170 Organisationen und Vereine trommeln dafür, etwa der Bund Naturschutz, Vogelschützer, Imker oder die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Unterstützung gibt es von kirchlichen Organisationen, Bambergs Erzbischof Ludwig Schick schließt sich an, denn es gehe um "die Bewahrung der Schöpfung". Zwei Wochen lang läuft das Volksbegehren, bis zum 13. Februar, das offiziell "Volksbegehren Artenvielfalt und Naturschönheit in Bayern - Rettet die Bienen!" heißt. Dann kann es zu einem Volksentscheid kommen.
Bauernverband gegen Volksbegehren
Das Bienen-Volksbegehren sieht eine Vielzahl von Neuerungen im bayerischen Naturschutzgesetz vor. So soll es mehr ökologische Landwirtschaft geben, die auf diese Weise genutzte Fläche soll bis 2025 auf 20 Prozent und fünf Jahre später auf 30 Prozent steigen. Für staatliche Flächen soll dies bereits ab kommendem Jahr gelten. Landesweit möchten die Initiatoren Biotope vernetzen. Zehn Prozent der Wiesen sollen in Blühwiesen umgewandelt, Seen und Flüsse mit blühenden Randstreifen ausgestattet werden. Laut dem Gesetzesentwurf werden Pestizide verboten.
Der Bayerische Bauernverband stellt sich gegen das Volksbegehren. "Stoppt das Bauern-Bashing", schreibt die Organisation. Laut ihr leisten die Landwirte schon sehr viel für die Artenvielfalt. Würden die Forderungen Gesetz werden, erhielten die Bauern dafür kein Geld mehr aus Umweltprogrammen. Die Forcierung von Öko-Landbau sieht der Verband als "Irrweg", denn der Markt könnte so viele neue Produkte nicht zu einem vertretbaren Preis aufnehmen.
In der Regierungskoalition lehnen die Freien Wähler (FW) das Volksbegehren ab mit Blick auf die Landwirte. Von der CSU gibt es keine eindeutige Empfehlungen. Einige christsoziale Lokalpolitiker unterstützen es, doch die Parteiführung ist skeptisch. Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder runzelte jüngst die Stirn bei dem Thema. Er kann nicht sagen, dass er gegen die Rettung der Bienen ist. Vielmehr meint Söder, es handle sich um einen "zu kurz gegriffenen Entwurf". Er fürchtet "schwere Einbrüche in der Landwirtschaft", man wolle "Bienen und Bauern retten". Hat das Volksbegehren Erfolg, will die Staatsregierung "etwas Anständiges für richtigen Klimaschutz" hinzufügen, so Söder.