"Wardrobe": Der Smoking-Verleiher aus Kreuzberg
Bei Marlon Arnold leihen sich Berliner schicke Abendgarderobe für die Ballsaison. Auf die Idee für den Verleih kam der Besitzer durch seine Mutter.
Der ganze Raum ist von hellen Holzbalken durchzogen, manche verlaufen unter der Decke, andere stehen als massive Pfosten mitten im Raum, kreuz und quer verästeln sich die Streben. Rustikal, wie das Gebälk auf Dachböden. Dazwischen stehen, unscheinbare und im Vergleich zu den Balken zarte, Metallgerüste. Und darauf hängen sie, die weißen Hemden und schwarzen Jacketts und Hosen, die Marlon Arnold verleiht.
Ohne Smoking kommt der Berliner nicht durch die Ballsaison. Am heutigen Sonnabend tanzt die Wirtschaft im Intercontinental, vergangene Woche fand der Hauptstadtball der Deutschen Polizeigewerkschaft Berlin statt, im Januar versammelten sich Journalisten, Politiker und Promis im Maritim Hotel zum Bundespresseball. Wer sich bei solchen Feierlichkeiten zeigt, braucht Fliege und Smoking.
Arnold macht die Berliner schick, in seinem Laden „Wardrobe“ in der Großbeerenstraße. Seit der Eröffnung vor sieben Jahren ist er aber nicht dazugekommen selber einen Smoking zu tragen, erzählt er. Auch Silvester bot sich noch nicht die passende Gelegenheit. Ein Anlass, bei dem er ohnehin nicht scharf darauf ist die Smokings zu vermieten: „Ich habe immer DJs aus der Tube Station da, die jedes Jahr zu Silvester kommen. Die rocken die Smokings runter. Die sehen manchmal aus, als hätten sie drei Tage das Ding nicht ausgezogen.“
Die Mutter als Geschäfts-Inspiration
Die Idee, einen Smokingverleih zu eröffnen, bekam er durch die Arbeit seiner Mutter: Sie besaß einen 1000 Quadratmeter großen Kostümverleih in Köln, für Jecken, aber auch für TV- und Fernsehen. Als Jugendlicher stieg er in den Familienbetrieb ein, indem er Privatkundentermine anbot. Vor sieben Jahren eröffnete er dann seinen eigenen Laden in einem Hinterhof in Kreuzberg. An die Berliner Art habe er sich inzwischen zwar gewöhnt, das habe aber gedauert. „Ich habe dann einfach gedacht, ich erschlag sie mit meiner Freundlichkeit. Und das funktioniert ganz gut.“
Smokingverleih im Hinterhof. Da kriecht einem der Geruch von Mottenkugeln in die Nase, man stellt sich schmutzige Teppichböden vor, staubverhangene Luft und endlose Kleiderstangen, die irgendwann im düsteren Bauch des Ladens verschwinden. Bei Arnold ist das alles anders. Ein heller Raum, dunkler Holzfußboden, ein großes Gemälde im Eingangsbereich und eine Vitrine im 70er-retro Look. Es könnte auch eine Boutique für Designerkleidung in Mitte sein.
In den Eisenkonstruktionen hängen 150 Modelle von Smokings in 25 verschiedenen Größen und in vier verschiedenen Schnitten.
Und wer leiht sich einen Smoking? Reifes Ballpublikum? Ja, sagt Arnold, aber in den letzten Jahren kämen auch immer mehr junge Leute. Zwei Abiturienten seien vergangenes Jahr zu ihrem Abschlussball mit einem geliehenen alten Ford Mustang vorgefahren und hätten sich komplett bei ihm einkleiden lassen. Er glaubt, der Trend zu mehr Glamour bei den Jüngeren kommt aus den Sozialen Medien. „Oftmals habe ich das Gefühl, die machen das für ein Foto, mit dem sie ihren Instagram-Account auffüllen können“, sagt Arnold.
Wer einen Smoking will, muss einen Termin ausmachen
Bedenkt man die Preise – ein Smokingsakko verleiht er ab 74 Euro, ein Hemd für 18 Euro – eine große Investition für Schüler. Im Vergleich zum Neupreis im spezialisierten Laden erschwinglich – allerdings gibt es bei H&M ein Smokingjackett schon ab 149 Euro. Mehrere Kunden, erzählt Arnold, habe er auch durch die Schludrigkeit von Fluggesellschaften gewonnen. Etwa den Schauspieler Francisco Reyes aus dem Film „Eine fantastische Frau“ – ausgezeichnet mit dem Oscar für den besten fremdsprachigen Film. Er brauchte vergangenes Jahr einen Smoking für die Berlin Premiere des Films, nachdem die Fluggesellschaft seinen verloren hatte.
Wer von Arnold einen Smoking will, muss einen Termin ausmachen. Feste Öffnungszeiten hat er nicht. Den Laden schmeißt er alleine. Und auch die Hemden bügelt der Chef selbst, die Reinigung habe das nicht gut genug gemacht, sagt er. Er ist Perfektionist. Da wird auch schon mal die benachbarte Schneiderin eingespannt, die innerhalb von 30 Minuten individuelle Änderungen vornehmen kann, wenn der Kunde es wünscht.
„Wardrobe - Smoking Verleih“, Großbeerenstraße 71, Termine nach Absprache unter 0163/2799378 oder info@smoking-berlin.de
Mehr Schick zum Leihen
Schwarz mit Fliege: In Berlin gibt es einige Adressen für Männer, die sich schick einkleiden wollen. Bei „Becon Berlin“ zum Beispiel. Es gibt mehrere Filialen: Am Hausvogteiplatz 12, am Kaiserdamm 38, in der Eldenaer Straße 35 und in der Landsberger Allee 131. Mehr Infos unter www.becon-berlin.de.
Um sich für eine „Black Tie“-Veranstaltung einzukleiden, können Berliner auch zu „Martina Feuerstein Smoking- und Cutverleih“ gehen. Der Laden ist in der Suarezstraße 55 in Charlottenburg. Geöffnet ist Montag bis Freitag 11 bis 18 Uhr, Samstag 11 bis 15 Uhr. www.smokingverleih-berlin.de „Für deinen großen Auftritt“, wie es auf der Homepage heißt, gibt es Smokings bei „Suits Berlin“ in der Eisenacher Straße 114, nahe dem Nollendorfplatz. Termine gibt es nur nach Absprache unter 85 40 06 77 oder 0160/847 41 11. Mehr Infos gibt es unter www.hochzeitsanzuege.de (Tsp)
Zwölf Newsletter, zwölf Bezirke: Unsere Leute-Newsletter aus allen Berliner Bezirken können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de
Esther Rosiny-Wieland