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Berliner Schnauzen (26): Der Flachlandtapir

Massiger grauer Körper, Stummelbeinchen, Rüssel: Der Flachlandtapir sieht urtümlich und fremd aus.

Wie er da so träge durch sein Gehege im Zoo wankt, glaubt man nicht, dass es sich bei ihm um einen geschickten Anpassungskünstler handelt. Einen, der sich schon seit Millionen von Jahren in einer lebensfeindlichen Umwelt nahezu unverändert behauptet und zu den ältesten Säugetieren gehört.

Das hat der Tapir auch seinem etwa 20 Zentimeter langen Rüssel zu verdanken. Streckt man ihm die Hand hin, rümpft er die nasse Nase und wandert damit sanft über die Finger hinweg. Begierig saugt er alle neuen Gerüche ein. Bei Fremden nimmt er sich dafür viel Zeit.

Mit diesem Instrument erschnüffelt der Flachlandtapir Früchte und Gräser am Waldboden oder pflückt Blätter von tiefhängenden Ästen. Und manchmal rettet der Rüssel ihm sogar das Leben.

Besonders wehrhaft ist der Tapir nämlich nicht. „Verteidigen kann er sich trotz seiner spitzen Zähne nicht“, sagt Säugetier-Kurator Andreas Ochs. So gerät er leicht zur Beute von Raubtieren. Der Jaguar beispielsweise wird auch mit ausgewachsenen Exemplaren fertig. Komme es zu einem direkten Duell zwischen der Großkatze und dem Tapir, so sei das, als kämpfe Tarzan gegen einen müden Goliath, meint Pfleger Jürgen Jahr.

Eine Begegnung mit Feinden versucht der Flachlandtapir deshalb zu umgehen. Wird das Tier im dichten Dornengestrüpp des südamerikanischen Regenwalds aufgescheucht, flieht es instinktiv. Zwar ist der Tapir kurzsichtig und mit seinen bis zu 250 Kilogram Gewicht ziemlich dick, sichert sich aber durch seinen guten Geruchs- und Gehörsinn immer wieder nach allen Seiten ab.

„Dieses Verhalten haben sie sich im Zoo abgewöhnt“, sagt Jahr. In freier Wildbahn hieße es: „Augen zu und durch. Bei Gefahr rennen die Viecher wie ein Torpedo durchs dichte Unterholz, Richtung Wasser. Dann verstecken sie sich wie U-Boote unter Wasser und nutzen den Rüssel als Periskop.“ Auch ihr sonst leicht zu witterndes Geschäft verrichten die Tiere, um nicht gesehen zu werden, instinktiv im Wasser.

Das Erfolgsgeheimnis des Flachlandtapirs liegt auch in seiner Einsamkeit. Er verhält sich wie Kinder beim Versteckspiel: Allein findet man noch immer die sichersten Unterschlupfe. Außer wenigen Stunden in der Paarungszeit ist er für Artgenossen abgemeldet. Dringt ein Tapir in eines der bis zu zwei Quadratkilometer großen Reviere eines anderen ein, gibt es Streit, der blutig ausarten kann. Dann wird selbst der sonst so feige Tapir zum Kämpfer und bleckt die Zähne.

In Zoos lässt sich einzig der Flachlandtapir gut in Wohngemeinschaften unterbringen. Hier leben drei Exemplare im Gehege zusammen und verstehen sich mal besser, mal schlechter. Zu Menschen ist der Flachlandtapir freundlich, weshalb er in Südamerika vereinzelt auch als Haustier gehalten wird. Maja, die jüngste der drei Zootapire, liebt es, auf dem Rücken liegend gekrault zu werden. Mit dem Mittelamerikanischen Tapir nebenan ist das nicht zu machen. „Man bleibt besser hinter der Tür“, warnt Pflegger Jahn, „ein Biss ins Bein kann böse enden“. Jesko zu Dohna

FLACHLANDTAPIR IM ZOO

Lebenserwartung:  etwa 30 Jahre

Besonderheit: Die  Rodung des Regenwalds bedroht Tapire weltweit.

Interessanter Nachbar: Mittelamerikanischer Tapir, Vicuñas

Vorherige Schnauzen: Sekretär, Bonobo, Pater-David-Hirsch

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