Die besten Lieferdienste und Take-aways im Kiez: Außergewöhnliches aus Prenzlauer Berg
Hier stellen Genuss-Experten ihre Lieblingslieferdienste und Take-aways aus ihrem Kiez vor. Teil 2: Kai Röger aus Prenzlauer Berg
Großherz
Auf dem Nachhauseweg entdeckt: Vor dem Eingang des Eckrestaurants ist ein kleiner Bartresen aufgebaut einige Flaschen Wein stehen im Sektkühler und daneben eingelegtes Gemüse in großen Weckgläsern.
Dass sie jetzt auch ein Abholangebot bieten, war mir neu, dass sie kochen können, wusste ich bereits: Die Teufelsleber und der Backfisch aus Müritzzander sind mir wohl in Erinnerung geblieben, weil hier einfache deutsche Gerichte durch präzise Zubereitung und virtuosem Feinjustieren auf ein „kann man kaum besser machen“-Niveau gehievt werden.
Intelligent auch das neue Take-away Angebot: Gerichte, wie Senfeier, Wildschweingulasch und Hühnerkrafttopf gibt es als Portion im Pappbecher oder im 1-Liter-Weckglas zum Mitnehmen, alles aus herausragend guten Produkten, unterhaltsam und geschmackvoll in Szene gesetzt und Nachbarschaftsfreundlich kalkuliert.
Ich habe die milchsauer eingelegten Gemüse, die Spargelcremesuppe (1 Liter 13 Euro mit so viel Spargelaroma, wie ich es selten erlebt habe) und die Spreewaldlinsen (mit Pilzen, Schmand, Wurzelgemüse und - ja was eigentlich, geschmeckt hat es jedenfalls umwerfend, 1 Liter 12 Euro) mitgenommen.
Was mir besonders gefiel, war die Verpackung im Weckglas, die nicht zusätzlich berechnet wurde, mich aber dazu bringt, jetzt öfter mit meinem Glas dort vorbei zu schauen, einfach weil deren Spargelsuppe verdammt nochmal besser ist, als meine.
Nur Take-away Di-So 16-20 Uhr, Metzer Str. 22, grossherz.de
Otto
In unserem Papiercontainer stapeln sich die Pizza-Verpackungen, dass einem angst und bange wird: War da nicht mal was mit Klimawandel? Müllvermeidung? Ressourcen-schonen? Offensichtlich ist die Rettung der Welt auf nach der Krise vertagt. Umso erfreulicher, wenn einige Restaurants ihre Verpackungslogistik auf Nachhaltigkeit trimmen. Vadim Otto Ursus ist so einer. In seinem Restaurant Otto serviert er in normalen Zeiten geradlinig zubereitete Gerichte aus Produkten befreundeter Bauern, Fischern und Jägern, nichts wird weggeworfen, alles verwertet und aus den Abschnitten macht er Fischsauce und Wildschweingarum.
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„Geradlinige Zubereitung“ heißt dann auch eher, dass wenige Produkte verwendet werden, die aber durch Fermentation, Umami-Turbo und anderen japanisch inspirierten Küchentricks auf Gourmetniveau getrimmt werden, ohne dass man vorher eine Bank überfallen muss. Kurz: So einen Koch hat man gerne in der Nachbarschaft.
Aus seinem winzigen Restaurant verkauft er Donnerstag bis Samstag zwischen 12 und 18 Uhr durch die Fensterfront ein breit aufgestellter Mischmasch aus Fertiggerichten (Jungschafeintopf! Szegediner Pilzgulasch! Rohmilcheiscreme!), Frischem (Labneh, Wildknacker, Kartoffeln und Wildkräuter) und Konserviertes (Bachsaiblingsgarum, Waldmeistersirup, Wildbrühe und Essige), alles selbstgemacht und soweit möglich verpackt in wiederverwendbaren Glasgefäßen.
Dazu gibt es naturnah ausgebaute Weine zum Mitnehmen.
So wie das Geschäft läuft, will Otto seine Produktlinie auch nach der Krise weiterführen. Die mit hausgemachtem Buchweizen-Shio-Koji geimpfte Butter ist schon jetzt der Renner im Kiez und schnell ausverkauft. Meine Frau sagt: „Wenn du unbedingt was hamstern willst, dann die Otto-Butter!“
Oderberger Str. 56, otto-berlin.net. Zum aktuellen Angebot geht es hier.
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Kochu Karu
Bernd Matthies hat sie in einem Artikel treffend als „Vorkämpferin der Berliner Notfall-Gastronomie“ beschrieben, womit fast alles gesagt ist: Bini Lee, Gastgeberin des koreanisch-spanischen Restaurants Kochu Karu hat mit ihrem Partner und Küchenchef José Miranda Morillo früh angefangen, eine eigene Liefer- und Pick-up-Logistik aufzubauen, um ihr „Nimm-Mahl“-Menü in weiten Teilen der Stadt zur Abholung verfügbar zu machen.
Ich habe den Vorteil, bei ihnen um die Ecke zu wohnen, kann also eine Stunde vorher anrufen, aus dem vollen Angebot schöpfen und meine Bestellung (koreanische und spanische Tapas von Kimchi über Tortilla bis Dreierlei Algensalat mit Garnele, Bibimbab, Albondigas aber vor allem das Bulgogi im Brötchen!) selbst abholen.
Für den Lieferdienst müsste man sich einen Tag vorher anmelden. Bestellen kann man hier.
Eberswalder Str. 35, kochukaru.de
Restorani Tbilisi
Meine Oma aus dem Saarland ist inzwischen über 90, die Lust und Neugier auf gutes Essen hat sie sich aber bewahrt: Wenn ihre Freundin, mit der sie die selbstauferlegte Quarantäne teilt, sonntags zu Besuch kommt, bestellen sie jedes Mal bei einem anderen Restaurant und lassen sich in Küchen ferner Länder entführen.
Das inspirierte uns, auch einmal etwas zum Abholen zu bestellen, das uns weit aus unserem kulinarischen Alltag katapultiert: Georgisch! Ich habe das Berliner Angebot vor der Krise für eine große Geschichte recherchiert, ein blinder Fleck blieb das Restorani Tbilisi, ein meist sehr gut gebuchtes Nachbarschaftsrestaurant im Kiez am Arnim Platz.
Sie liefern im Umkreis von vier Kilometern selbst aus, ich fragte aber nach, ob sie mir auch meine mitgebrachten Gefäße füllen würden und klar, unter Nachbarn, kein Problem.
Das Angebot ist groß, Phkali, eine kalte Vorspeise mit Walnusssoße muss ich immer dabeihaben, die gefüllten Teigboote Chatschapuri sowieso. Die Im Tontopf geschmorten Gerichte wie Tschanachi (mit Lamm) oder das vegane Lobio Kotanshi (mit Bohnen) sind ideal für den Transport im Weckglas geeignet, aber der Sohn wünschte sich Schaschlik (das gibt es hier in zig Variationen), was in einen großen flachen Tupper passte.
Dazu gibt es hier eine gutsortierte Karte mit georgischen Weinen, darunter auch viele Qvevri-Weine aus traditionellem Amphorenausbau.
Schönfließer Str. 15, Tel. 23927015, restorani-tbilisi.de
Estelle Dining
Kurz nach der Eröffnung kam die Krise, aber Rebecca Bassoff und ihr Mann Jared haben schnell reagiert: Statt kleine Gerichte zum Teilen wie Radieschen mit Misobutter, gerösteter Blumenkohl mit Buchweizen oder Tartar mit Meerrettich zu servieren, verkaufen sie jetzt Kleinigkeiten und Pizza aus der Tür raus an Selbstabholer (hier geht's zum Artikel).
Aber die Pizza hat es in sich: Der Teig aus langsam geführten Sauerteig, die Beläge außergewöhnlich, mal mit verkohltem Brokkoli, rote Zwiebel, Tomate und Büffelmozzarella, mal mit Spargel, Kartoffel, Lauch, Zitrone und „Brotkrümel“.
Immer sehr gut und jenseits des Üblichen, eben Außergewöhnliches in außergewöhnlichen Zeiten.
Kopenhagener Str. 12 A, estelle-dining.com
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