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Marthas Einschulung in der Lenau Grundschule in Berlin-Kreuzberg
© Kai-Uwe Heinrich

Von Mitte bis Schöneberg: Zu wenig Platz für Erstklässler an Schulen in Berlin

1000 Erstklässler mehr als letztes Jahr – wo sollen die Kinder hin? Wegen falscher Vorhersagen sind viele Berliner Schulen überfüllt.

Berlin hat zu wenig Platz für seine Erstklässler: Kurz vor Ferienbeginn steht fest, dass viele Schulen mehr Kinder aufnehmen müssen als sie von ihren Profilen und Räumlichkeiten her eigentlich können. Allein Mitte rechnet mit bis zu zehn zusätzlichen Schulanfängerklassen.

„Die mangelhaften Prognosen der letzten Jahre haben dazu geführt, dass wir nicht richtig planen konnten“, begründet Bildungsstadträtin Sabine Smentek (SPD) die Notlage, in die jetzt die Schulen und mit ihnen Lehrer und Kinder geraten. An diesem Donnerstag fordern die Grünen in der BVV Aufklärung über das Ausmaß und die Folgen der Raumnot.

Situation an Erika-Mann-Grundschule besonders heikel

Nach Angaben der Bildungsverwaltung müssen dieses Jahr rund 1000 Erstklässler mehr als im Vorjahr untergebracht werden. Dies bedeutet gegenüber 2010 eine Steigerung um insgesamt 5000 Lernanfänger. In den kommenden Jahren sollen nochmals 2000 hinzukommen. Das Land hat deshalb schon mehrere Millionen Euro für mobile Schulbauten bewilligt. Neben den Zuzügen aus anderen Bundesländern ist auch der Flüchtlingszustrom eine Ursache für diese Entwicklung.

Besonders eklatant wirkt sich die Situation an der beliebten Erika-Mann-Schule in Wedding aus. Sie ist darauf ausgelegt, dass sie 90 Erstklässler aufnimmt. Jetzt sollen es 140 werden. Dies würde dazu führen, dass das gesamte Schulleben aus den Fugen gerät, warnen Eltern, Erzieher und Lehrer in Briefen an das Schulamt. Denn der anspruchsvolle Ganztagsbetrieb setzt bestimmte Räumlichkeiten voraus. Zudem könnte das an der Schule sehr erfolgreiche Modell der Jahrgangsmischung nicht mehr praktiziert werden: Es gäbe bei 140 Erstklässlern nicht mehr genug Zweit- und Drittklässler, mit denen man sie mischen könnte.

Auf solche Besonderheiten kann Smentek keine Rücksicht nehmen: „Meine Aufgabe ist es, Schulplätze zur Verfügung zu stellen“, stellt sie klar. Die Auflagen des Senats sähen vor, dass bis zu 25 Kinder in eine Klasse kämen. Danach müsse sie sich richten. „Die Bildungsverwaltung denkt sich alle möglichen pädagogischen Konzepte aus, ohne Rücksicht darauf, dass die dafür notwendigen Räumlichkeiten überhaupt nicht vom Land finanziert werden“, kritisiert Smentek.

Wie viele Plätze konkret noch fehlen und wie viele Eltern noch keine Bescheide für einen Schulplatz haben, wird die Bildungsstadträtin in der BVV bekannt geben. Neben den falschen Bevölkerungsprognosen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung macht sie auch den Personalmangel in ihrem Amt dafür verantwortlich, dass die aktuelle Schülerzuweisung so spät erfolgte.

Probleme gibt es auch in Tempelhof-Schöneberg

Wie berichtet, gibt es nicht nur in Mitte Probleme. Auch in Tempelhof-Schöneberg haben noch nicht alle Familien Schulplätze zugewiesen bekommen, obwohl das spätestens Anfang Juni hätte passieren müssen.

Angespannt ist die Lage auch in Wilmersdorf. Eltern berichten, dass an einigen Grundschulen sogar Geschwisterkinder abgelehnt werden mussten. „Etliche Widerspruchsverfahren laufen noch“, heißt es aus dem Schulamt.

Der Schülerzuwachs hat auch Auswirkungen auf die weiterführenden Schulen. Unter den rund 1000 Siebtklässlern, die keinen Platz auf ihren Wunschschulen bekommen hatten, sind etliche, die noch immer nicht wissen, wo sie im August landen werden. Zum Teil wurden ihnen Plätze am Stadtrand angeboten, obwohl die Familien im Zentrum wohnen.

Susanne Vieth-Entus

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