Nach Hoeneß' Steuerbeichte: Zahl der Selbstanzeigen in Berlin sprunghaft angestiegen
Ob es etwas mit der Selbstanzeige des Bayern-Präsidenten Uli Hoeneß zu tun hat, da hält sich die Behörde bedeckt. Klar ist aber: Die Selbstanzeigen reuiger Steuersünder haben auch in Berlin deutlich zugenommen. Die Mehreinnahmen für das Land gehen in die Millionen.
Der Fall Hoeneß zeigt offenbar Wirkung: Die Zahl der Selbstanzeigen von mutmaßlichen Steuersündern ist in Berlin und Brandenburg im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen. 267 Selbstanzeigen registrierten die Finanzämter zwischen dem 27. März und 3. Juli. Insgesamt gab es im ersten Halbjahr dieses Jahres 385 Selbstanzeigen in Berlin. Im selben Vorjahreszeitraum waren es laut Finanzverwaltung lediglich 78.
Die Selbstanzeige von Uli Hoeneß, Bayern-Präsident und Aufsichtsratschef, wurde am 20. April dieses Jahres bekannt. Offiziell will die Finanzverwaltung diese Selbstanzeige nicht in Verbindung mit der Zunahme der Berliner Selbstanzeigen bringen. „Das ist spekulativ“, hieß es. Doch „auffällig“ sei die Steigerung schon. 2012 gab es in Berlin 303 Anzeigen reuiger Steuersünder. Die Mehreinnahmen der nachgezahlten Steuern belaufen sich seit 2010 auf etwa 120 Millionen Euro. Wie hoch die Mehreinnahmen in diesem Jahr sind, lässt sich noch nicht genau sagen, da von Selbstanzeige bis Zahlung in der Regel einige Zeit vergeht.
Auch in Brandenburg gibt es mehr Selbstanzeigen
Vor dem Amtsgericht wurden 2012 etwa 550 Steuerstrafverfahren geführt, vor dem Landgericht vier. Dabei lässt sich nach Auskunft des Sprechers der Berliner Strafgerichte nicht sagen, wie viele Verfahren wegen Steuerhinterziehung geführt wurden, da in diesen Zahlen auch Verfahren wegen des Verkaufs unverzollter Zigaretten beinhaltet sind.
Auch in Brandenburg machte die Selbstanzeige von Uli Hoeneß Steuersündern Angst. Die Zahl der Selbstanzeigen gegenüber dem Vorjahr verdreifachte sich. Das zumindest teilte das das brandenburgische Finanzministerium in Potsdam mit. Bis Ende Juni offenbarten sich demnach bereits 46 reuige Steuerzahler mit ausländischen Kapitalanlagen bei den Finanzbehörden. 2012 lag die Anzahl derartiger Steuersünder bei 16. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 117 Selbstanzeigen im Zusammenhang mit Steuervergehen erstattet. „Dieser Anstieg ist offensichtlich auf einen Hoeneß-Effekt zurückzuführen“, sagte Ministeriumssprecherin Ingrid Mattern.
Der zeitliche Rahmen macht einen Zusammenhang wahrscheinlich
Dieser Zusammenhang lässt sich laut Mattern aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs vermuten. Noch mit Stichtag 17. April hatten sich im laufenden Jahr erst wenige Steuersünder des Landes gestellt. Drei Tage später wurde die Selbstanzeige von Hoeneß bekannt. „Worauf sollte man die Zunahme auch sonst zurückführen, als auf den Fall Hoeneß und das Scheitern des Steuerabkommens mit der Schweiz“, so die Sprecherin. Nachdem vor rund drei Jahren der erste Ankauf sogenannter Steuersünder-CDs das Ausmaß illegal im Ausland geparkten deutschen Kapitals offengelegt hatte, hatte die Bundesregierung versucht, über ein Abkommen mit der Schweiz wenigsten einen Teil der entgangenen Steuereinnahmen zurückzuholen. Auf Schweizer Banken liegendes Schwarzgeld deutscher Steuerhinterzieher sollte einmalig mit einer Pauschalsteuer zwischen 21 und 41 Prozent zugunsten des deutschen Fiskus besteuert werden – anonym und rückwirkend für zehn Jahre. Anfang Februar dieses Jahres war das Abkommen im Bundesrat jedoch gescheitert – unter Beteiligung Brandenburgs. Nicht zuletzt das Scheitern des Abkommens hatte den FC Bayern-Präsidenten zu seiner Selbstanzeige bewegt.
In anderen Ländern sind die Gewinne noch höher
„Insgesamt haben wir durch die Selbstanzeigen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen im Ausland seit 2010 rund 2,8 Millionen Euro mehr an Steuern eingenommen“, sagte Sprecherin Mattern. „Wir sind wirklich Zwerge im Vergleich mit den Ländern, wo es wirklich große Vermögen gibt“, sagte sie.
In anderen Ländern liegen die Zahlen noch höher. So registrierte Nordrhein-Westfalen seit 2010 rund 8000 Selbstanzeigen. Das Land hatte mit 1528 Fällen bislang viermal so viele Selbstanzeigen wie im Vorjahreszeitraum (347). NRW hatte wiederholt Steuer-CDs mit Kontendaten aus der Schweiz, Liechtenstein oder Luxemburg angekauft.
Die Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung gegen den Präsidenten des FC Bayern München, Uli Hoeneß, sorgen seit Monaten für Schlagzeilen. Zudem kommt es bundesweit zu mehr Selbstanzeigen, nachdem wiederholt Steuer-CDs mit Bankkunden-Daten aus der Schweiz angekauft wurden.
Die Straffreiheit reuiger Steuersünder wird aber nur bis zu einem Betrag in Höhe von 50 000 Euro gewährt. Bis 100 000 Euro kann von einer Strafe abgesehen werden, wenn bei der Nachzahlung fünf Prozent draufgelegt werden. Im Fall Hoeneß sind jetzt vielleicht nur noch 900 000 Euro strafrelevant. Experten zufolge kann der Bayern-Boss auf eine Bewährungsstrafe hoffen. Der Prozess soll im Herbst beginnen.
Sabine Beikler