Razzia bei Arafat Abou-Chaker nahe Berlin: Wurde eine Entführung geplant?
Die Polizei durchsucht das Haus von Arafat Abou-Chaker. Gegen den Ex-Geschäftspartner von Bushido wird seit Jahren immer wieder ermittelt.
Erneut ein Großeinsatz bei einer der bekanntesten Familien der Hauptstadt. Das Berliner Landeskriminalamt und ein Spezialeinsatzkommando haben am Donnerstag das Anwesen von Arafat Abou-Chaker in Kleinmachnow durchsucht. Auf dessem Grundstück südlich von Berlin waren offenbar mehrere Polizei-Hundertschaften im Einsatz. Ein Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft sagte, man ermittle wegen eines möglichen Verstoßes gegen das Waffengesetz und der Verabredung zu einer Straftat.
Mit Letzterem sei, heißt es aus Justizkreisen, eine geplante Entführung gemeint – womöglich steht dies im Zusammenhang mit dem Streit zwischen Arafat Abou-Chaker und dem Rapper Bushido. Die Anwälte Abou-Chakers waren am Donnerstag nicht zu erreichen, es gilt die Unschuldsvermutung. Bis Donnerstagnachmittag hatte die Staatsanwaltschaft nicht bei Gericht beantragt, Arafat Abou- Chaker in Untersuchungshaft nehmen zu lassen.
Sechs Abou-Chaker-Brüder in Berlin
Der 42 Jahre alte Abou-Chaker gilt als aktivster von sechs Brüdern einer gleichnamigen Familie aus dem Libanon. Die Abou-Chakers sind in den vergangenen 25 Jahren in Berlin durch Gewalttaten, Eigentumsdelikte und Drogenvergehen aufgefallen. Die bislang circa 30 Verfahren gegen Arafat Abou-Chaker selbst, der deutscher Staatsbürger ist, sind jedoch alle eingestellt worden. Zuweilen wurde er in zweiter Instanz freigesprochen. Brauchbare Zeugenaussagen sind mit Blick auf die Brüder selten.
Im aktuellen Fall sprechen Kenner von zwei möglichen Versionen – die Staatsanwaltschaft äußerte sich dazu nicht. So gibt es erstens den Verdacht, dass Arafat in den Streit zwischen einem Bruder und dessen Ex-Frau intervenieren wollte. Es sei dabei um die Kinder des Bruders gegangen. Konkret, so die unbestätigten Angaben, könnte erwogen worden sein, die vom Bruder getrennt lebenden Kinder zu entführen.
Die andere Version dreht sich um den öffentlich ausgetragenen Streit zwischen Arafat Abou-Chaker und Bushido. Denn bekannt wurde die Familie Abou-Chaker erst durch private und geschäftliche Nähe zu dem Berliner Rapper. Fast 14 Jahre lang zeigten sich Bushido und Arafat Abou-Chaker öffentlich. Seit März dieses Jahres gehen sich die beiden aber aus dem Weg – ein Streit um Absprachen und Verbindlichkeiten folgte. Bushido sprach im „Stern“ davon, wie sich aus der Freundschaft mit Arafat Abou-Chaker eine Art Tyrannenherrschaft entwickelte.
Streit um Bushido: "Hohes Konfliktpotenzial"
Weil es um hohe Einnahmen aus dem Wirken des Musikers Bushido gehe und zudem vermeintliche Ehrvorstellungen im Milieu arabischer Clans hinzukämen, sprachen Polizisten davon, die Trennung habe „erhebliches Konfliktpotenzial“.
Im Sommer war, wie berichtet, auf ein Lokal Abou-Chakers in Treptow im Juli geschossen worden. Verdächtigt werden Angehörige einer anderen aus dem Libanon stammenden Familie. Womöglich haben die Abou-Chakers nun über Rachetaten gesprochen.
In einem anderen Verfahren steht Arafat Abou-Chaker schon an diesem Freitag wieder vor Gericht. Es ist der zweite Tag eines Prozesses am Amtsgericht Tiergarten. Abou-Chaker ist wegen Körperverletzung und Bedrohung angeklagt. Er soll im März dieses Jahres dem Hausmeister einer Physiotherapie-Praxis mit zwei Fingern in die Augen gestochen, ihm den Tod angedroht und einen Kopfstoß ins Gesicht verpasst haben.
Am ersten Prozesstag vor zwei Wochen konnten sich zwei Mitarbeiter der Praxis im Gerichtsaal nicht mehr genau an die Tat erinnern. Das war im April noch anders, als sie beim Landeskriminalamt die Ausbrüche des Angeklagten schilderten.
An der Physiotherapie-Praxis soll, das hatte der Richter angedeutet, womöglich einer der Abou-Chaker-Brüder stiller Teilhaber sein. Und gegen mehrere Männer der Praxis wird wegen Abrechnungsbetruges ermittelt.