Neue Kohlekommission: Woidke bremst bei Kohleausstieg
Der Ausstieg in den 2040er Jahren sei ein „steiles Ziel“, sagt Brandenburgs Ministerpräsident Woidke vor der Kohle-Kommission. Realistische Ziele seien wichtig.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat in der Debatte über den Kohleausstieg Deutschlands vor zu ehrgeizigen Zielen gewarnt. Einen Ausstieg aus der Kohle bis 2040 hält er für sehr ambitioniert, machte Woidke nach der ersten Sitzung der Kohle-Kommission des Bundes im Gespräch mit dem Tagesspiegel deutlich.
Die Kommission könne Vorbild für ganz Europa sein, wenn sie Erfolg hat. Dann werde es Nachahmer geben. Das Gegenteil werde eintreten, wenn sie missglücke. Die Verantwortung sei daher „riesengroß“, sagte Brandenburgs Ministerpräsident gegenüber dem Tagesspiegel Background, dem täglichen Entscheider-Briefing für den Energie- und Klima-Sektor.
Er selbst habe aber nach dem ersten Treffen am Dienstag ein gutes Gefühl, „besser als vorher“. Schwarz-Weiß-Denken würde es nicht geben, die Klimaschützer würden verstehen, dass die Menschen in den betroffenen Regionen mitgenommen werden müssten. Er wünsche sich, dass am Ende der Arbeit der Kommission „ein Maßnahmengesetz“ für den Strukturwandel in den Braunkohleregionen Deutschlands, insbesondere aber für die Lausitz stehe. Allein in der Lausitz hängen direkt und indirekt bis zu 15.000 Arbeitsplätze an der Kohle, bundesweit sind es nach Branchenangaben 70.000.
Umweltverbände wollen Ausstieg bis 2030
Die Kommission soll bis Ende des Jahres unter anderem ein Datum für den Ausstieg aus der Stromgewinnung aus Kohle, einen Ausstiegspfad sowie Perspektiven für neue Jobs in den Kohleregionen vorschlagen. Außerdem geht es um Maßnahmen, wie die Lücke zu deutschen Klimaschutzzielen 2020 geringer gehalten werden kann.
Die Ergebnisse sollen im kommenden Jahr in ein Klimaschutzgesetz fließen, das der Bundestag verabschiedet. Grünen-Chefin Annalena Baerbock forderte schnelle Schritte für einen Ausstieg aus der Kohle. Nur so könne das Pariser Klimaabkommen erfüllt und der Strukturwandel in den Regionen angegangen werden. Umweltverbände fordern einen Kohleausstieg bis 2030.
Bei der Frage, ob er denn Bewegungsspielraum für einen Ausstieg vor den 2040er Jahren habe, gab sich Woidke zurückhaltend: „Die frühen 2040er sind schon eine steile Zielstellung, wenn man überlegt, dass wir bei der Steinkohle 30 Jahre gebraucht haben, mit sehr viel Geld des Bundes und verbunden mit sehr vielen Maßnahmen“, so die Antwort des SPD-Politikers. Man sollte sich die nötige Zeit nehmen. „Es ist nicht so, dass in den kommenden Jahren nichts passiert. Es geht Stück für Stück.“ Das stelle die Regionen schon heute vor große Herausforderungen.
„Die Arbeit kann jetzt beginnen“
Woidke hatte sich am Dienstag nach der ersten Sitzung der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ im Bundeswirtschaftsministerium auf den Rückweg nach Brandenburg gemacht, noch bevor die vier Vorsitzenden der Kohle-Kommission vor die Mikrofone traten: die Ex-Ministerpräsidenten von Brandenburg und Sachsen, Matthias Platzeck (SPD) und Stanislaw Tillich (CDU), sowie Ex-Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) und die Nachhaltigkeitsprofessorin Barbara Praetorius.
Man habe die Geschäftsordnung verabschiedet, es bleibe dabei, dass die Kommission mit einer Zweidrittelmehrheit entscheiden werde, sagten die Ko-Vorsitzenden. Sie erklärten außerdem, dass zwei Arbeitsgruppen eingesetzt werden: Eine zum Strukturwandel und eine weitere zu Energiewirtschaft und Klimazielen.
Beide Arbeitsgruppen werden zeitlich versetzt tagen, um allen Kommissionsmitgliedern die Teilnahme zu ermöglichen. Damit scheint die im Mandat der Kommission vorgesehene zeitliche Abfolge, erst die Frage des Strukturwandels und dann die energie- und klimapolitischen Fragen zu klären, vom Tisch. „Die Arbeit kann jetzt beginnen“, sagte Pofalla. Das erste Arbeitstreffen findet am 13. Juli statt und wird Teilnehmern zufolge auf sechs Stunden angelegt sein. (mit dpa)