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Riesiger Hertha-Wimpel in der Fankurve im Berliner Olympiastadion.
© Maurizio Gambarini/dpa
Update

Herthas neue Arena: „Wir prüfen die Stadion-Idee in Tegel ernsthaft“

Seit Jahren sucht Berlins größter Fußballklub einen Ort fürs neue Stadion. Der Senat empfiehlt das Flughafengelände. Erste Reaktionen aus der Politik.

In die festgefahrene Stadiondebatte bei Hertha BSC kommt Bewegung. Berlins Sportsenator Andreas Geisel hat dem Bundesligisten Hertha BSC einen Stadion auf dem Gelände des Flughafens Tegel vorgeschlagen.

"Wenn Hertha einen Neubau in Berlin will, wäre der Flughafen Tegel ein Standort", sagte der SPD-Politiker am Donnerstag der "BZ". Weil der Airport derzeit allerdings noch in Betrieb ist, müsste der Fußballverein noch etwas Geduld aufbringen: "Bis 2025 lässt sich der Neubau dort nicht realisieren, das wäre erst 2027/28 möglich", zitierte die Zeitung den Senator.

Bis zum Frühjahr 2021 soll der Flughafen noch in Betrieb bleiben - Schluss soll dort ein halbes Jahr nach der geplanten Eröffnung des BER im Herbst 2020 sein.

Am Mittag hat Hertha BSC auf den Vorschlag reagiert. Und zwar so: "Wir freuen uns, dass Herr Senator Geisel für den Senat von Berlin diesen Vorschlag unterbreitet hat. Es ist ein gutes Signal, dass die Landesregierung die Bedeutung einer eigenen Arena für Hertha BSC anerkennt und mit dem Flughafen Tegel einen alternativen Standort zu unserem favorisierten Gelände auf dem Olympiapark ins Spiel bringt. Gemeinsam mit den Beteiligten auf Seiten des Senats werden wir die Idee, auf dem Gelände des Flughafens Tegel eine Arena in der entsprechenden Größe zu errichten, gerne ernsthaft prüfen." Eine gewisse Skepsis ist noch rauszuhören: "Für eine detaillierte Einschätzung, insbesondere zu Themen wie der infrastrukturellen Anbindung, ist es heute allerdings noch zu früh."

Auch Hertha-Manager Michael Preetz sagte am Donnerstag auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Leverkusen am Samstag zu Geisels Äußerungen: "Wir nehmen den Ball auf und freuen uns, dass Bewegung in das für den Verein so wichtige Thema kommt. Dennoch halten wir den Olympiapark für den besseren Standort."

Bei der FDP, die 2017 ein Volksbegehren gegen die Tegel-Schließung initiiert hatte, kommt der Vorstoß des Innensenators schlecht an. "Man wird das Gefühl nicht los, dass Herr Geisel die Stadionpläne von Hertha nicht erst nimmt", sagt Sebastian Czaja, Fraktionsvorsitzender der Liberalen im Berliner Abgeordnetenhaus, am Morgen dem Tagesspiegel. "Den Flughafen BER kriegt der sozialdemokratisch geführte Senat seit Jahren nicht eröffnet, aber Tegel wird jedem in der Stadt als zukünftiger Standort gedankenlos versprochen. Tegel hat für Berlin nur eine Nutzungsperspektive - als unverzichtbarer Flughafen."   

CDU: "Als Botschafterin der Hauptstadt verdient Hertha Rückendeckung"

Auch der designierte CDU-Landeschef Kai Wegner kritisiert den Senat. "Als Botschafterin der Hauptstadt verdient Hertha Rückendeckung", sagte er dem Tagesspiegel. "Ich erwarte vom Senat das ernsthafte Bemühen, den berechtigten Erwartungen des Vereins an ein neues Stadion gerecht zu werden." Ein respektvoller Umgang und Verhandlungen auf Augenhöhe müssten selbstverständlich sein. 

SPD-Fachmann denkt auch an zentralen Festplatz

Der SPD-Sportpolitiker Dennis Buchner macht sich schon seit vergangenem Jahr für den Standort Tegel stark. Er plädierte an Hertha BSC, mit dem Senat und den Koalitionsfraktionen über einen alternativen Standort zum Olympiapark zu reden. Am ehesten und schnellsten machbar sind nach Meinung von Buchner das Flughafengelände in Tegel, möglicherweise am Zentralen Festplatz.

Diese Idee ist äußerst vernünftig und es wäre wünschenswert, sie zu realisieren. Damit setzte man auch den Senat unter Druck, die U5 vom Hauptbahnhof bis nach Tegel zu verlängern [...] und die Bahn unter Druck, die Siemensbahn entsprechend zu verlängern.

schreibt NutzerIn fiffikronsbein2

Ein neues Stadion bis 2025 sieht auch Buchner nicht mehr. "Der Zeitplan des Vereins ist zu ambitioniert", sagte er kürzlich dem Tagesspiegel. Der SPD-Politiker rät Hertha BSC, den Standort Olympiapark endgültig aufzugeben. "Dafür sehe ich, nicht nur wegen der betroffenen Anwohner, extrem hohe Hürden und in keiner Fraktion des Abgeordnetenhauses eine Mehrheit."

Bislang hatte der Verein geplant, seinen bisherigen Standort, das Olympiastadion, mit dem Auslauf des Mietvertrage im Jahr 2025 zu verlassen.

Herthas ursprünglicher Plan, neben dem Olympiastadion eine Fußballarena für 55.000 Zuschauer zu bauen, ist fürs Erste daran gescheitert, dass auf dem bevorzugten Gelände sechs Häuser mit 24 Wohnungen stehen – und dass deren Eigentümerin, die Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892, nicht mehr mit Hertha verhandeln will.

Kurzzeitig war sogar ein Stadionneubau in Brandenburg im Gespräch. Schon als 2016 hatte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) erst hinter den Kulissen und dann auch öffentlich Hertha umworben, das Stadion in Brandenburg zu bauen. Diese Botschaft, dass dem Verein hier keine Steine in den Weg gelegt würden, sondern der roten Teppich ausgerollt, hat Woidke jüngst bekräftigt. „Hertha BSC ist in Brandenburg herzlich willkommen.“

S-Bahn nach TXL? Die neue Strecke endet quasi um die Ecke

Der Zeitpunkt des Senatsvorschlag ist auch deshalb interessant, weil bei Hertha BSC am kommenden Sonntag die Mitgliederversammlung ansteht.

Und auch der Standort TXL hätte Interessantes zu bieten: Denn derzeit wird der Wiederaufbau der S-Bahnstrecke Siemensbahn geplant. Die soll Ende der 20er Jahre am stillgelegten S-Bahnhof Gartenfeld enden. Von dort ist es aber nur eine relativ kurze Strecke bis zum Flughafen Tegel - mehr dazu lesen Sie hier im Tagesspiegel-Newsletter für Spandau. Und im Osten von TXL gibt es die Idee, die U-Bahnlinie U6 als Abzweig aufs Flugfeld zu führen - lesen Sie mehr hier im Tagesspiegel-Newsletter für Reinickendorf.

50 Standorte hat Hertha BSC in und um Berlin herum untersucht

Der Verein selbst hatte den Standort Tegel schon 2017 untersucht, gemeinsam mit rund 50 Standorten innerhalb und außerhalb Berlins. Mit dem Ergebnis: Die Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr sei "jetzt schon gut" und würde durch den Ausbau der U7 nochmals verbessert. Der Autoverkehr ließe sich mithilfe eines Anschlusses an die A111 direkt an das überregionale Straßennetz anbinden. Risikoreich sei aber, dass "in Standortnähe Wohnhäuser stehen", und es könne wegen weiterer Bauplanungen zu Nutzungskonflikten kommen. Außerdem seien die Böden dort mit Schadstoffen belastet. (Tsp)

Lesen Sie mehr über Hertha BSC: Hertha BSC, seine Liebe - seit 50 Jahren. Er geht zu Hertha seit 50 Jahren, erinnert sich an Schultheiss-Brause und Drittliga-Spiele auf dem Dorf. Hier das Interview aus unserem Tagesspiegel-Newsletter für Spandau. Mehr aus Ihrem Bezirk lesen Sie in unseren 12 Bezirksnewslettern, die wir Ihnen kompakt einmal pro Woche schicken - den aus Charlottenburg am nächsten Freitag. Die Bezirksnewsletter können Sie ganz unkompliziert und kostenlos bestellen unter leute.tagesspiegel.de.

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