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Linken-Politiker Ferat Kocak war selbst Opfer der Anschlagserie. Das Foto stammt aus dem November 2019.
© Imago/Christian Mang
Update

"Kein Platz für Nazis!" in Neukölln: „Wir müssen zusammenhalten, sonst haben die Rechten gewonnen“

Rund 900 Neuköllner demonstrieren am Samstagnachmittag - gegen rechte Attacken und Ermittlungspannen der Polizei. Mit dabei: Bürgermeister Martin Hikel.

Vor rund zwei Wochen gab es wieder einen rechten Angriff auf Geschäfte in Neukölln. Aus Solidarität mit den Betroffenen dieser und anderer rechter Angriffe im Bezirk veranstaltet das Bündnis Neukölln seit 14 Uhr an diesem Samstag eine Demonstration am Hermannplatz, Motto: „Kein Platz für Nazis!“. Mit dabei ist auch Bezirksbürgermeister Martin Hikel, der in seinem Redebeitrag zum Zusammenhalt aufrief: „Auch wenn wir nicht bei allen einer Meinung sind“, rief Hikel, „müssen wir zusammenhalten, sonst haben die Rechten gewonnen!“

Vom Hermannplatz aus geht es über die Sonnenallee dann in die Wildenbruchstraße, wo vergangene Woche Hakenkreuze an Geschäfte geschmiert wurden. Die Abschlusskundgebung findet vor dem Rathaus Neukölln statt, kurz nach Beginn der Demonstration hatten sich rund 900 Menschen versammelt.

Die Schmierereien waren der jüngste Vorfall in einer inzwischen drei Jahre andauernden Reihe von rechten Attacken in Berlin-Neukölln. Autos wurden angezündet, Scheiben eingeschlagen, Wände beschmiert. Meistens richteten sich die Angriffe gegen Einrichtungen oder Personen, die sich im Bezirk offen gegen Rechtsextreme engagieren.

Mehrfach wurden Menschenleben gefährdet, der Staatsschutz vermutet die Täter in der Neonaziszene. Zwei Ermittlungsgruppen wurden eingerichtet, beim Landeskriminalamt und beim zuständigen Abschnitt. Dennoch hat die Polizei bis heute keinen Täter ermittelt.

Einer der Redner bei der Demonstration ist Ferat Kocak, 39, eines der Anschlagsopfer. Im Februar 2018 hatten Unbekannte nachts das Auto des Linken-Politikers angezündet. Die Flammen sprangen auf die Garage über und fast auch auf die Gasleitung und das Wohnhaus nebenan, in dem Kocak und seine Eltern schliefen.

Später kam heraus, dass zwei polizeibekannte Rechtsextreme aus dem Bezirk gezielt Kocaks Wohnort ausspioniert hatten - und dass die Polizei davon wusste. Trotzdem warnten sie Kocak nicht vor der Gefahr. Kocak fordert einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der klären soll, weshalb Opfer wie er nicht geschützt wurden - und weshalb auch nach drei Jahren kein Täter festgenommen werden konnte.

Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) verzeichnet seit März 2016 mindestens 55 rechte Angriffe in Neukölln.

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