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Gerade wurde bekannt, dass Berliner Drittklässler bei Vergleichsarbeiten in Mathe und Deutsch wiederholt unterdurchschnittlich abgeschnitten haben.
© Jens Kalaene/dpa

Berlin in der Bildungskrise: „Wir müssen Eltern an die Schule holen“

Mehr als die Hälfte der Berliner Drittklässler kann schlecht rechnen und lesen. Wie lässt sich das ändern? Ein Interview mit Landeselternsprecher Heise.

Norman Heise ist Vorsitzender des Landeselternausschusses (LEA). Der LEA ist das höchste Gremium der Elternvertretung in Berlin.

Herr Heise, was muss sich ändern an Berlins Schulen?
Zunächst einmal brauchen wir viele und bestens ausgebildete Lehrer. Das ist natürlich ein Problem, mit dessen Lösung man bereits in der Vergangenheit begonnen haben müsste. Aber trotzdem: In der ersten bis dritten Klasse dürfen keine Quereinsteiger eingesetzt werden!

Höchstens vielleicht noch Quereinsteiger aus dem Gymnasiallehramt, aber auch die haben eigentlich nicht ganz die richtige Ausbildung für die Grundschule. Auch die müssten also von der Schulleitung besonders gut beobachtet werden.

Sind die Räumlichkeiten der Schulen denn geeignet, so wie sie sind?

Das ist der nächste Punkt: Wir brauchen Schulgebäude, in die man gerne geht, die gute Orte zum Lernen sind. Berlin ist da bei seinen Neubauten schon auf einem ganz guten Weg, die alten Schulgebäude sollten aber auch an das Konzept angepasst werden. Weg von alten „Flurschulen“ hin zu Compartments, vielen kleinen Schulen in der großen Schule, geeigneten Räumen für moderne Pädagogik.

Wo gibt es beim Unterricht selbst den größten Veränderungsbedarf?

Die Schule von heute soll die Kinder ja bekanntlich auf die Probleme von morgen vorbereiten. Sie soll bei den Schülerinnen und Schülern Kompetenzen entwickeln, die sie später dringend brauchen werden. Und da steht für uns die digitale Bildung an erster Stelle. Es ist fraglich, ob der von Bund und Ländern beschlossene Digitalpakt da ausreicht: einfach die Schulen mit WLAN und moderner Technik auszustatten.

Wir brauchen eine Fortbildungsoffensive bei den Lehrern, damit sie die Kinder in Digitalkompetenz unterrichten können. Denn im Moment sind es noch die Schülerinnen und Schüler, die die Technik den Lehrern erklären.

Wie kann die Chancengleichheit unter Schülern mit unterschiedlichem Bildungshintergrund gefördert werden?

Der Senat plant, alle Schulen mit Schulsozialarbeitern auszustatten. Das begrüßen wir. Es müssten aber auch ganze Familien unterstützt werden, vor allem bei den sogenannten bildungsfernen Elternhäusern. Es müsste Elternschulungen geben, wie Eltern ihre Kinder in der Schule besser unterstützen können, wie sie deren soziale Kompetenzen stärken können. Wir müssen die Eltern an die Schule holen.

Vorsitzender des Landeselternausschusses (LEA) Norman Heise.
Vorsitzender des Landeselternausschusses (LEA) Norman Heise.
© privat

Und wie sieht es mit dem ehrenamtlichen Engagement der Eltern aus?

Wir als Eltern sollten schauen, wie wir die Schulen unterstützen können, in der Elternvertretung und im Ehrenamt. Immer mehr Eltern wollen kaum noch Verantwortung übernehmen. Ich weiß von vielen Schulen, dass sie Probleme haben, Elternvertreter in ihren Klassen zu finden. Da müssen die Schulen um Unterstützung werben. Aber die Eltern müssen auch bereit sein, sich zu engagieren.

Der Hamburger Senat hat es geschafft, seine Schulen in der letzten Zeit bedeutend zu verbessern. Was macht der Berliner Senat falsch?
Berlin ist in kontinuierlichem Austausch mit den anderen Stadtstaaten, mit Hamburg und Bremen. Aber in Hamburg funktionieren viele Dinge viel besser. Im Januar hat die Berliner Senatorin Sandra Scheeres ein Qualitätspaket mit 39 Punkten vorgestellt, wo es unter anderem darum geht, dass in den ersten Grundschulklassen eine Stunde Deutsch zusätzlich unterrichtet werden soll. Aber all diese beschlossenen 39 Punkte müssten in Berlin eben auch mal umgesetzt werden.

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