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Im Computerraum dieser Schule teilen sich jeweils zwei Schülerinnen einen Computer.
© picture alliance / Bernd Settnik
Update

Wo WLAN die Ausnahme ist: So schlimm steht es um die Digitalisierung an den Schulen

Schulleitungen warten verzweifelt auf das Geld aus dem Digitalpakt, zeigt eine Umfrage. Geräte von Schülern im Unterricht zu nutzen, lehnen viele ab.

Wo stehen Deutschlands Schulen vor dem Start des Digitalpakts? Das auf fünf Jahre angelegte Fünf-Milliarden-Euro-Programm hat im März die letzte parlamentarische Hürde genommen. Aus der Kultusministerkonferenz heißt es, dass nun auch alle Länder die Verwaltungsvereinbarung mit dem Bund unterschrieben haben – und die Schulträger demnächst Mittel beantragen können. Das erste Bundesgeld soll im neuen Schuljahr fließen – vor allem in die Wlan-Anbindung der Schulen und in Lernplattformen.

Eine am Montag vorgestellte Umfrage im Auftrag des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) zeigt jetzt erneut, wie dringend die Schulen auf die Digitalisierung warten. So gibt es nach Aussage der befragten Schulleitungen nur an jeder dritten Schule in allen Klassen- und Fachräumen Zugang zum schnellen Internet und zum Wlan. "Die Ausstattung der Schulen hinkt dem digitalen Wandel hinterher", sagte VBE-Chef Udo Beckmann.

Ein Drittel mit Klassensätzen - großer Fortschritt gegenüber 2014

Die repräsentative Forsa-Umfrage unter 1232 Schulleitungen bundesweit bestärkt den VBE aber auch in seiner Kritik am finanziellen Umfang und an der Ausrichtung des Digitalpakts. Klassensätze von Tablet-PCs oder Smartphones sind nur an einem Drittel der Schulen vorhanden. Das ist zwar ein Fortschritt gegenüber einer Vorgängerumfrage von 2014, als nur zwölf Prozent die Frage nach Klassensätzen bejahen konnten.

Doch auch hier ist die technologische Lücke noch immer groß – und sie kann kaum durch den Digitalpakt gefüllt werden. Denn in der Verwaltungsvereinbarung von Bund und Ländern ist vorgesehen, dass nur Schulen, die bereits ausreichend mit Wlan und schnellem Internet ausgestattet sind, Endgeräte wie Laptops oder Tablets beantragen können. Der Betrag dafür ist allerdings auf 25.000 Euro pro Schule gedeckelt.

Schüler-Handys einzusetzen, bleibt umstritten

Die Politik setzt stattdessen auf die Methode „Bring your own device“, nach der Schülerinnen und Schüler im Unterricht vorrangig ihre eigenen Smartphones nutzen sollen. Dies sei verfehlt, kommentiert der VBE-Vorsitzende Beckmann: „Digitalisierung gibt es nicht zum Nulltarif.“ Für den Einsatz im Unterricht sei ein Bildschirm zumindest in Tabletgröße die Mindestanforderung. Dafür, dass diese an Schulen vorhanden sind, müsse die Politik in Bund und Ländern sorgen.

Um dies zu finanzieren, reiche das Geld aus dem Digitalpakt bei weitem nicht aus. Damit man bundesweit zumindest die Hälfte der Lerngruppen in allen Schularten mit je einem Klassensatz ausstatten könne, brauche es jährlich 2,5 Milliarden Euro. Es könne nicht angehen, dass die Chancen der Schüler auf digitale Bildung davon abhängen, ob eine Schule Geräte-Sponsoren finde oder einen Förderverein habe, der Geld sammelt, sagt Beckmann.

Unterdessen gleichen Lehrkräfte an jedem zweiten Gymnasium und an jeder dritten Sekundarschule fehlende Schulcomputer mit dem Einsatz von Schülergeräten aus. Gleichzeitig aber sagen 70 Prozent der Schulleitungen, dass einzelne Kinder nicht über eigene Kleincomputer verfügen, die sie mitbringen könnten.

„Bring your own device“ benachteilige demnach sozial schlechter gestellte Schüler, kritisiert der VBE. Zudem beobachtet die Hälfte der Schulleiterinnen und -leiter, dass Jugendliche, die ein veraltetes oder „uncooles“ Smartphone haben, von anderen gemobbt werden.

Die Lehrkräfte fühlen sich ohnehin mehrheitlich überfordert, „auf unterschiedlichen Geräten unterschiedliche Systeme zu erklären“, wie 63 Prozent der Schulleitungen angeben. Für ihre Fortbildung sind im Digitalpakt die Länder zuständig – und auch da sieht der VBE noch großen Nachholbedarf.

Lehrkräfte nehmen IT-Nachhilfe bei Kollegen

Von einer flächendeckenden und systematischen Aus- und Fortbildung in Sachen Digitalisierung des Lernens jedenfalls kann der Umfrage zufolge nicht die Rede sein. Einerseits haben zwar schon 65 Prozent an einschlägigen Kursen teilgenommen. Andererseits eignen sich 72 Prozent die nötigen Kenntnisse privat an und 58 Prozent lassen sich von anderen Lehrkräften helfen. „Fortbildung ist kein Privatvergnügen“, erklärt Beckmann. Alle Lehrkräfte müssten innerhalb der Dienstzeit an qualitativ hochwertigen staatlich finanzierten Fortbildungen teilnehmen können.

Auch dürfe es nicht einzelnen Lehrkräften zugemutet werden, sich um die Wartung der IT-Ausstattung zu kümmern. Hier sei professionell ausgebildetes Personal gefragt, das es bislang nur an knapp 60 Prozent der Schulen gibt.

Wie weit der Weg zur digitalen Schule noch ist, verrät nicht zuletzt die Ausstattung der Lehrkräfte selber. Nur 19 Prozent der Schulen stellen ihnen einen Dienst-PC zur Verfügung – und nur an knapp der Hälfte haben alle Lehrkräfte eine dienstliche E-Mail-Adresse. Dabei sind die Gymnasien allerdings mit 83 Prozent sehr viel weiter als die sonstigen Sekundarschulen (61 Prozent) und die Grundschulen (34 Prozent).

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