Schlechtes Abschneiden der Drittklässler: Ein „Schlag ins Gesicht“ der Berliner Bildungspolitik
Mehr als die Hälfte der Drittklässler kann nur unterdurchschnittlich lesen und rechnen. Die Qualitätsoffensive der Bildungssenatorin soll Abhilfe schaffen.
- Tilmann Warnecke
- Laura Hofmann
Die wiederholt schlechten Ergebnisse der Berliner Drittklässler bei den Vergleichsarbeiten in Mathe und Deutsch provozieren bildungspolitische Diskussionen. Einen „Schlag ins Gesicht“ nennt Paul Fresdorf, FDP-Sprecher für Jugend, Bildung und Familie, die Resultate.
Wie berichtet, erbrachten mehr als die Hälfte der im Mai getesteten Schülerinnen und Schüler unterdurchschnittliche Leistungen in den Bereichen „Lesen“ und „Zuhören“ sowie „Häufigkeit und Wahrscheinlichkeit“ und „Raum und Form“. „Das darf so nicht weitergehen“, sagte Fresdorf. „Wir lassen mit jedem Jahr Schüler zurück.“
Die von Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) angekündigte Qualitätsoffensive komme zwar einige Jahre zu spät, müsse nun aber konsequent umgesetzt werden. Die Bildungsverwaltung wiederum verweist wie gewohnt darauf, dass die Aufgabenstellungen bei den Vera-3-Prüfungen bewusst schwierig sind. Die abgefragten Kompetenzen müssten Schüler eigentlich erst zum Ende der vierten Klassen besitzen.
Eine Deutsch-Stunde mehr geplant
„Das ist nicht der Stand, den Drittklässler draufhaben müssen“, sagt Martin Klesmann, Sprecher der Berliner Bildungsverwaltung. „Aber perspektivisch eben schon.“ Und weil Kompetenzen sukzessive aufgebaut werden, soll Vera 3 Lehrern und Eltern zeigen, welche Schüler in welchen Bereichen noch besonderen Förderbedarf haben.
Die Ergebnisse seien ohne Frage „nicht optimal“, sagt Klesmann, das Qualitätspaket der Schulsenatorin ziele aber darauf ab, die Leistungen der Schüler zu verbessern.
Nach den Sommerferien sollen die von Scheeres angekündigten Maßnahmen umgesetzt werden. Dazu gehört eine Wochenstunde mehr Deutsch in den Klassen 1 und 2, ab nächstem Jahr auch in den Klassen 3 und 4.
Der Unterricht soll sich außerdem stärker als zuvor an Vorgaben orientieren: Dreimal pro Woche ist ein 15-minütiges Lesetraining vorgesehen, und täglich ein fünf- bis zehnminütiges „Schreibflüssigkeitstraining“ sowie „Rechtschreibgespräche“. Zusätzlich zur Vergleichsarbeit Vera 3 soll es außerdem zu Beginn der Klassenstufen 2, 4, 5 und 6 verbindliche individuelle Lernstandsanalysen (ILeA) geben.
Die Analysen sind auch für Mathematik vorgesehen. Schon in der Kita soll Kindern künftig ein mathematisches Grundverständnis beigebracht werden. Laut Scheeres sind für die Neuerungen 200 zusätzliche Pädagogen nötig. 100 von ihnen sollen aus den Willkommensklassen kommen, die allmählich aufgelöst werden.
Auch für die bildungspolitische Sprecherin der Grünen, Marianne Burkert-Eulitz, sind die aktuellen Testergebnis „keine positive Nachricht“. Sie fordert eine bessere bezirksübergreifende Vernetzung von Schulen mit ähnlichen Problemlagen.
Immer wieder hintere Plätze für Berlin
In bundesweiten Schul-Vergleichen landet Berlin immer wieder auf den hinteren Plätzen. So zuletzt 2017 im Ländervergleich der Grundschulen, als die Leistungen von Viertklässlern im Lesen und in der Mathematik verglichen wurden. Berlin stand in beiden Bereichen auf Platz 15, nur Bremen schnitt noch schwächer ab.
Immerhin konnten sich die Berliner Schülerinnen und Schüler aber im Vergleich zu einem vorangegangen Test von 2011 leicht verbessern oder ihre Leistungen zumindest halten – während diese im bundesweiten Schnitt zurückgingen. Ähnlich sieht die Lage für Berlin auch bei den Neuntklässlern aus. Laut einer Erhebung, die 2016 veröffentlicht wurde, lag Berlin im Fach Deutsch in allen getesteten Kompentenzbereichen auf den hinteren Rängen, schwächer schnitt erneut nur Bremen ab.
Durchgehend an der Spitze lag Bayern, auch Sachsen und Schleswig-Holstein schnitten überdurchschnittlich gut ab. Etwas besser sah es bei den Englisch-Kenntnissen der Berliner Schüler aus. Beide Studien führte das Berliner Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) durch.
- bbbbbb
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